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Metropolis brennt

Metropolis brennt

Titel: Metropolis brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Diskant in einer perfekten Weise. Der Barde unterbrach sein Spiel und wandte sich um.
    „Es tut mir leid“, sagte Mayda hastig. „Komm, Freund. Wir wollen nicht weiter stören.“ Sie schritt an den am Boden der Wölbkammer hockenden Kindern entlang. Freund folgte ihr. Einige der Innenweltjungen wandten sich zu ihr um und wimmerten leise. Manche Gesichter waren finster, andere überrascht über die Störung.
    „Du solltest nicht hierherkommen, Mayda“, sagte der Barde leise tadelnd. „Dies ist ein Sensibelzentrum, wie du weißt. Und die Jungen sind besonders empfindlich.“
    „Ich verstehe. Entschuldige bitte.“ Sie beeilte sich, das Melodienzentrum wieder zu verlassen. „Ich weiß. Ich störe.“
    Der Barde antwortete nicht, wandte sich wieder den Nervenknospen des Heims zu und spielte weiter. Die Melodie verklang irgendwo hinter Mayda. Sie brauchte nicht auf ihre Hände zu blicken, um zu wissen, daß sich der Rotausschlag verstärkt hatte. Es war die Ablehnung, die ihr entgegenschlug. Manchmal, dachte sie, kann die Bittstimme auch ein Fluch sein. Ich bin anders. Und vielleicht gehöre ich gar nicht hierher. Sie dachte an das Draußen und die Geschichten, die sie vom Leben in der Außenwelt gehört hatte. Es beängstigte sie. Aber es machte sie auch neugierig.
    Freund kuschelte sich an sie. Mayda lächelte unwillkürlich. „Ja, ich habe dich lieb, mein Kleiner. Ganz bestimmt.“ Eine ganze Weile schritt sie allein dahin. Niemand begegnete ihr. Niemand folgte ihr. Es war, als sei sie die einzige Innenbewohnerin des Heims. Es war ein seltsames Gefühl. Und sie bemerkte erstaunt, daß es ihr gefiel. Schließlich aber erweiterte sich der Wölbtunnel wieder, und sie gelangte in eine weitere Innenkaverne. Hier waren die Wände nicht mit den lichtspendenden Schimmelpilzen bedeckt. Sie waren transparent. Kaum hatte Mayda die Lichtzone verlassen, reagierten ihre Augen auf die Dämmerung. Nur für einen Augenblick herrschte um sie herum Dunkelheit. Dann reagierten die Nachtsichtfaktoren in ihren Pupillen und erhellten die Finsternis. Einige Heimsprecher hockten dicht vor den Transparentwänden am Boden. Es waren Männer in mittleren Jahren, von zarter, fast zerbrechlich wirkender Statur, wie es bei den Innenweltlern üblich war. Ihre Körper waren über hauchzarte Hohldorne mit den Adern, Venen und Nerven des Heims verbunden. Mayda konnte die pulsierenden Lebenssäfte in der Transparentwand gut erkennen. Die Existenzadern waren blau.
    „Ganz ruhig“, flüsterte sie der Laufschnecke zu. „Du darfst sie nicht stören. Sie haben eine schwierige Aufgabe zu erfüllen.“
    Mayda hatte es von ihrer Ziehmutter gehört. Vor ein paar Tagen hatte das Heim auf seinem Langen Weg eine Wolke aus Winzigkristallen durchquert und sich dabei eine Rudimentärinfektion zugezogen. Die Heimsprecher waren damit beschäftigt, mit ihren Pro- und Bittstimmen die Infektionsherde tief im Leib des Heims aufzulösen und unschädlich zu machen. Es würde ihnen natürlich gelingen – es waren schließlich sehr erfahrene und weise Heimsprecher –, aber es war dennoch schwierig. Mayda vernahm das gedankliche Wispern irgendwo hinter ihrer Stirn, und sie bedauerte es, daß man es ihr bisher nicht gestattet hatte, ebenfalls mit dem Heim zu sprechen. Sie war neugierig. Aber sie respektierte auch das Verbot der Älteren. Mit ihrem Dunkelsichtfaktor beobachtete sie die Transparentwände des Heims. Blaue Existenzadern. Bald mochte das Blau sich in strahlendes Weiß und dann in Rot verwandeln. Ein weiterer Regenerationszyklus. Mayda war dann elf Zyklen alt. Bald mußte die Entscheidung fallen. Sie fürchtete sich davor.
    „Mayda?“ Sie erschrak. Sie war in Gedanken versunken und hatte nicht bemerkt, daß sich einer der Heimsprecher zu ihr umgedreht hatte. „Geh bitte. Du bist ein … Störfaktor. Du machst unsere Arbeit schwieriger.“
    „Entschuldigung.“ Freund zischte erbost und fuhr seine Augen ganz aus. Auch er spürte die Ablehnung, die seiner Freundin entgegenschlug. „Ich bin auf dem Weg zu meiner Wirklichen Mutter. Ich wollte euch nicht stören, ehrwürdige Heimsprecher.“ Sie setzte sich wieder in Bewegung. Freund folgte ihr, schenkte den Heimsprechern aber noch ein zweites empörtes Zischen. Dann kuschelte er sich wieder an die Beine Maydas.
    Du störst, hallten die Worte in ihr nach, während sie durch weitere Wölbtunnel marschierte. Kälte war plötzlich in ihr. Ich gehöre nicht hierher, dachte sie melancholisch. Sie lehnen mich

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