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Metropolis brennt

Metropolis brennt

Titel: Metropolis brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Menschheit vorbehalten sind – das ist ja fast so wie in einem Zoo, nur daß eben die Bewohner die Käfige nicht sehen.“
    „Wären die Assh-hassi denn nicht fürchterlich wütend, wenn sie die Wahrheit herausbekommen würden?“ sagte Saton kichernd. Dann wandten sie sich Arm in Arm um und betraten den riesigen scharlachroten Käfig.

 
Andreas Brandhorst
Mondsturmzeit
     
    Als Mayda geboren wurde, waren ihre Hände rot wie Rubin, und Blut tropfte aus winzigen Wunden in ihrer Haut. Es benetzte den Boden des Heims. Einige Probitter wichen erschrocken zurück, denn sie hielten es für ein böses Omen. Die Heimsprecher jedoch stimmten einen Lobgesang an. Sie interpretierten dieses Zeichen als einen Hinweis auf große Kraft und Fruchtbarkeit. Ein Mädchen war geboren worden, vielleicht eine zukünftige Mehrmutter. Sie feierten.
    Als Mayda drei Zyklen alt war, war sie größer als die anderen Kinder ihres Alters. Mit vier Zyklen wies sie alle Anzeichen einer Außenweltlerin auf, und die Heimsprecher erhoben ihre klagenden Stimmen und trauerten um den bevorstehenden Verlust einer potentiellen Gebärenden. Mit sechs Zyklen holten die anderen Kinder Mayda wieder ein, was Größe und Körperstatur betraf. Mit acht Zyklen war Mayda zierlicher und sensibler als ihre Altersgenossen. Und mit zehn Zyklen wurde ihre Andersartigkeit immer deutlicher. Sie war noch so klein und zierlich wie mit sechs oder sieben Zyklen. Sie hatte gelbe Augen und gelbe Haare. Und ihre Bittstimme war fast so stark wie die eines Probitters. Manchmal war sie sogar stärker …
     
    Ernter prüften die Beschaffenheit der Schimmelpilze, die Wände und Decke bedeckten. Als sie mit dem Ergebnis ihrer Untersuchung zufrieden waren, begannen sie, die oberste Schicht vorsichtig abzukratzen und in mitgeführten Sammelbehältern unterzubringen. Der Glanz der Schimmelpilze verstärkte sich daraufhin, denn die dicke Proteinschicht verwandelte den Schimmer in matte Dämmerung. Mayda blieb einen Augenblick stehen und sah zu. Sie lauschte dem Gesang der Ernter und Sammler, und sie vernahm auch den sanften Schattenhauch der Bittstimmen. Freund an ihrer Seite zischelte und drängte sich an sie. Sie beugte sich nieder.
    „Du bist unruhig“, stellte sie fest. „Warum?“ Die Laufschnecke, eine Tochter des Heims, zischte erneut. Es war ein Laut des Unbehagens. Sie kroch um ihre Beine. Mayda streichelte die zitternden Augenknospen. „Nein, keine Angst. Es ist alles in Ordnung. Komm, gehen wir weiter.“
    Sofort sprang Freund vorwärts. Mayda folgte ihm durch die Wölbtunnel des Heims. Manchmal strichen ihre Hände liebevoll über die Innenfasern, und sie nahm Wärme und Zuneigung wahr.
    Diese Sympathie, dachte sie ein wenig melancholisch, ist ungeteilt und voraussetzungslos.
    Einige der Ernter und Sammler unterbrachen ihre Tätigkeit und blickten der jungen Innenweltlerin nach. Sie alle kannten Mayda. Zu oft schon hatte es Zwischenfalle gegeben. Mayda spürte ihre Blicke. Aber sie wandte sich nicht um. Sie wußte, was sie gesehen hätte: nachdenkliche Augen, vielleicht auch ein wenig Angst in manchen Blicken, Ablehnung. Ihre Haut begann zu brennen, und als sie auf den Rücken der linken Hand blickte, zeigte sich dort wieder der rote Ausschlag. Sie versteckte beide Arme unter dem Umhang aus Wolkenrochenleder und eilte weiter, an den Erntebereichen vorbei. Die Wölbtunnel erweiterten sich kurz darauf. Sie vernahm eine Melodie, die von Frohsinn, aber auch Melancholie zeugte. Ein Barde hockte vor den Sensibelknospen des Heims. Seine Hände – sie waren besonders zart und feingliedrig – berührten die verschiedenfarbigen Nervenenden des Heims, und zusammen mit seiner leise flüsternden Bittstimme rief das eine Melodienreaktion hervor. Es waren klare, reine Klänge, wispernde Töne, die durch Wölbtunnel, Kammern, Kavernen, Hallen und Quartiere glitten und unterschiedlichste Reaktionen hervorriefen. Manche Innenweltler blieben einfach stehen und lauschten. Andere summten leise im Takt der Heimmelodie. Wieder andere träumten und übersetzten die Töne in visuelle Traumbilder. Die Kinder, die dem Barden lauschten, waren wie verzaubert. Mayda blieb erneut stehen. Sie erinnerte sich deutlich an das erste Mal, als sie die Heimmelodie vernommen hatte. Sie erinnerte sich an das Gefühl der Einheit mit dem Heim. Es war herrlich gewesen, und die verklärten Gesichter der Kinder zeigten, daß es ihnen nicht anders erging. Freund zischte. Seine Unruhe nahm zu. Es war wie ein

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