Mettwurst ist kein Smoothie
Blatt jeden Monat in fünffacher Ausführung verkaufen! Glauben Sie nicht? Dann durchstöbern Sie mal im Zeitschriftenregal die Abteilung mit den Land-Zeitschriften.
Mein schönes Land
,
LandIdee
,
Landlust
,
Liebes Land
– wenn Ihnen da schon bei den Namen schwindlig wird, dann lesen Sie besser nicht die Inhaltsverzeichnisse: «Herbstgarten», «Herbstzauber», «Herbstmenü», «Herbstkönigin Dahlie» und, endlich sagt’s mal einer: «Herbst – Die unterschätzte Jahreszeit!»
Vielleicht bin ich einfach nicht der richtige Ansprechpartner. Ich habe zwanzig Jahre meines Lebens auf dem Land gewohnt, und wir sind, soweit ich mich erinnern kann, nie «durch farbenfrohe Herbstwälder gestreift», um «Bucheckern, Hagebutten und Birkenrinden» zu sammeln, aus denen wir dann «leuchtende Deko-Kränze» geflochten hätten. Wir saßen dagegen jeden Freitagabend mit denselben Menschen in derselben Disco, wo DJ «Olaf» dieselben Songs in derselben Reihenfolge spielte. Und wenn es so richtig verrückt wurde, zogen wir anschließend noch zu unserem «Maulaffen-Eck» vor der Mehrzweck-Turnhalle, tranken Erdbeerwein aus 2 -Liter-Flaschen und riefen Passanten Beleidigungen hinterher, die wir selbst nicht verstanden.
Ich wäre nie drauf gekommen, dass dieses Leben Stoff für einen ganzen Schwung unterschiedlicher Zeitschriften liefern könnte.
Tut es natürlich auch nicht. Aber, das haben wir ja von der
Men’s Health
gelernt, manchmal reicht ein Minimum an Variation: «Jetzt ist Kürbis-Zeit!» – «Die besten Kürbissuppen!» – «Kürbissuppen – einfach lecker!» – «Lecker wie nie: Kürbis-Küche».
Der Kürbis ist quasi das Sixpack der Landfrau.
Zum Glück gibt es so etwas nur im Zeitschriftenhandel. Anderswo ist das ja undenkbar. Stellen Sie sich mal vor, was da los wäre, wenn zum Beispiel im Kino jedes Jahr ein Til-Schweiger-Film mit nur leicht verändertem Inhalt … Nee, doofes Beispiel. Anders: Wenn jeder zweite Song, den Sie in einem Club hören, entweder von David Guetta stammen oder nach David Guetta klingen … Nee, noch mal anders: Wenn in allen einigermaßen erfolgreichen Krimis irgendein frustrierter skandinavischer Kommissar …
Ach, ich geb’s auf.
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Fusselbart mit Hut
Es ist nicht leicht, mit Mitte 30 noch Computerspielfan zu sein. Mitte 30 , da schaut man sonntags den Tatort, baut seinem Sohn ein Baumhaus und schließt, wenn man noch ein bisschen Zeit hat, eine Riesterrente ab oder sortiert endlich mal die Inbusschlüssel im Werkzeugkasten nach Größe.
Aber ich habe da noch einen kleinen Nachholbedarf, denn in meinem Elternhaus herrschte strenges Computerverbot. Meine Eltern waren überzeugt, dass meine beiden Brüder und ich sonst nur noch vor dem Commodore 64 hocken und uns streiten würden, wer als Nächstes spielen darf. Und meinen stolz vorgetragenen Weltklasse-Vorschlag «Dann kauft uns einfach drei Computer!» ignorierten sie.
Das führte eigentlich nur dazu, dass ich mich regelmäßig bei Nachbarn einlud.
«Hey, Christian», sagte ich dann beispielsweise, «sollen wir heute Abend Bombjack daddeln?»
«Ich hab Fußballtraining!»
«Ach, doof. Na, dann sag deiner Mama einfach, sie soll mich reinlassen!»
Solche Verbote sind also Unsinn, und ich rate allen Eltern davon ab. Nutzen Sie die Zeit lieber dafür, Ihren Kindern wichtige Dinge beizubringen. Wie zum Beispiel, dass man im Kino nicht telefoniert, keine ungepoppten Maiskörner durch die Gegend flitscht und dass der Satz: «Alda, isch hasse disch, isch mach disch fertisch!», wenn man’s genau nimmt, keinen einzigen «sch»-Laut enthält. Das wäre wirklich wichtig, vor allem, wenn Ihre Kinder Jeanine und Pascal heißen und am 28 . 08 . 2011 um 20 Uhr im Kölner Cinedom bei «Die Drei Musketiere» neben mir saßen.
Weil ich also der Überzeugung bin, dass man für Videospiele nie zu alt ist, war ich letztes Jahr zum ersten Mal auf der Gamescom in Köln, Europas größter Spielemesse. Schon während der Bahnfahrt dorthin wurde meine Überzeugung auf die Probe gestellt. Nach wenigen Minuten war ich umringt von Halbwüchsigen mit Camouflage-Stoffhosen und T-Shirts, deren Aufschriften ich nicht verstand. Sachen wie «Save the Utullians!», «Morion rules!» und «Kill the Seprons!». (In meinem nächsten Leben möchte ich Texter für Videospiel-T-Shirts werden. Ich glaube, schneller und unangestrengter kann man sein Geld gar nicht verdienen. Höchstens noch als Komponist
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