Mettwurst ist kein Smoothie
werden. Direkt vom Fernseher mit meinem Handy abfotografiert. Die Gesichtsausdrücke gehen von unsicherem Grinsen (Niebel, Westerwelle, Kauder) bis zu blanker Angst mit Tendenz zum Wegrennen (Birgit Homburger).
Wenn Werner Sonne mal wieder sagt: «Na, jetzt wollen wir mal nicht um den heißen Brei herumreden» oder «Kommen Sie doch endlich mal zum Punkt!», möchte ich aufspringen und schreien: «Yes, zeig’s ihm, Werner! Whaaaaaam!»
Für alle, denen das zu viel Aufregung am frühen Morgen ist, gibt es Werner Sonne auch noch in lieb. Das ist der ebenfalls weißhaarige Rechtsexperte Wolfgang Büser. Der beantwortet Fragen von Zuschauern, und wenn man ihm so zuhört, könnte man meinen, in Deutschland kann eigentlich niemandem irgendwas Schlimmes passieren. Er sagt nämlich: «Nein, da müssen Sie gar nichts zahlen, die Kosten übernimmt Ihr Vermieter!» Oder: «Aber natürlich muss Ihnen Ihr Chef da eine Gehaltserhöhung geben!» Oder: «Na, klar bekommen Sie da eine Sofortrente von 5000 Euro!» Ich bin mir manchmal nicht sicher, ob ich in derselben Welt lebe wie Wolfgang Büser, aber ich würde es auf jeden Fall gerne.
Irgendwann ist das «Morgenmagazin» zu Ende. Dann sitzen alle Moderatoren auf dem Sofa, lachen und sagen zum Beispiel: «Hui, na ja, also ich hätte ja auch gerne mal einen eigenen Butler wie die Kate Middelton», um die Zeit bis zur «Tagesschau» totzuschlagen. Und ich möchte mich am liebsten in Boxershort und Schlaf-T-Shirt neben sie setzen, mitlachen, sagen: «Ja, haha, ich auch!», und ab und zu an Anna Planken schnuppern. Das sind Spitzentage.
Leider hat die Abzweigung nach Spitzentag nur jede zweite Woche geöffnet. In den anderen Wochen kommt das «Morgenmagazin» vom ZDF .
Das wird in Berlin aufgezeichnet, ist irgendwie hellblau und orange und beißt in den Augen. Nicht wegen der Farben, eher wegen der Moderatoren. Da arbeitet zum Beispiel Wulf Schmiese. Den muss man nicht beschreiben. Machen Sie einfach mal die Augen zu und stellen Sie sich jemanden vor, der «Wulf Schmiese» heißt, mit langgezogenem «Schmiiiieeee». Haben Sie’s? Genau so sieht der aus.
Dunja Hayali dagegen wirkt mit ihrer kessen Stachelfrisur ein bisschen, als hätte sie eine Dornenkrone auf dem Kopf. Oft schaut sie auch so, und das kann man ihr nicht übelnehmen, denn neben ihr steht Cherno Jobatey. Den kennt man ja. Ich glaube, er hat außer dem «Wort zum Sonntag» schon jede öffentlich-rechtliche Sendung irgendwann mal moderiert. Mittlerweile ist er beim «Morgenmagazin» und beweist dort, dass gute Laune nicht von dem Thema abhängen muss, über das man gerade spricht. Terror in Afghanistan? «Ui, ui, na ja, da geht’s aber zu!» Dabei überschlägt sich seine Stimme wie bei einem Teenager, er wackelt lustig mit dem Kopf, und ich kralle meine Finger immer fester ins Sofakissen.
Aber um auch mal was Positives zu sagen: Aufs Wetter im ZDF -«Morgenmagazin» kann man sich verlassen. Wenn Sie mal eine zuverlässige Wettervorhersage brauchen, halten Sie sich einfach an folgende Regel: Was Ben Wettervogel sagt, stimmt nie. Es ist nur leider schwierig, herauszufinden, was Ben Wettervogel überhaupt sagt. Meistens steht er nämlich verstrubbelt und verwirrt vor der Wetterkarte, deutet irgendwohin und sagt: «So, liebe Zuschauer, wie Sie sehen, ist hier oben … und da unten … Und diese Umrisse da, das soll wohl Deutschland sein, aber ganz sicher bin ich mir nicht.»
Und wenn meine Fingernägel dann schon ganz tief in der Kissenfüllung stecken, kommt noch das Spiel «Richtig oder falsch?». Da können Zuschauer bei einer 0137 er-Nummer anrufen und sehen derweil einen Film mit einer unglaublichen Geschichte. Nach dem Film legt dann Kieksestimmchen Jobatey das Köpfchen schief und fragt: «Naaaa, Helmut und Sonja, was meinen Sie? Russische Obstbauern, die aus Babykatzen Dieselkraftstoff herstellen? Da würde ich jetzt aber zu gerne mal wissen, ist das denn richtig oder falsch?»
Dunja Hayali, die bemitleidenswerte Dornengekrönte, sitzt daneben, hebt unter immensen Anstrengungen ihre Mundwinkel zu einem Lächeln, richtet die Augen fast unmerklich nach oben, und man sieht genau, was sie sich in dem Moment denkt: «Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?»
An einem dieser Morgen rief mich Stefan an und sagte: «Ich bin jetzt im Büro! Alles gut bei dir?»
«Tassen!», brüllte ich in den Hörer.
«Wie bitte?», fragte Stefan.
«Der Depp verlost Tassen! Billige
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