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Meuterei auf der Elsinore

Meuterei auf der Elsinore

Titel: Meuterei auf der Elsinore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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warum hast du nicht gefragt?« knurrte Pike. Dann wandte er sich zu den träumerischen Fremdlingen und sprach sie in fünf oder sechs Sprachen an, wie der Angelsachse sie auf Fahrten aufschnappt.
    Die Fremdlinge gaben keine Antwort. Sie schüttelten nicht einmal den Kopf. Ihre Gesichter blieben seltsam ruhig, gleichgültig und sanft. Immerhin, Menschen waren sie jedenfalls, denn das Blut aus ihren Wunden hatte sie befleckt und bildete dicken Schorf an ihren Mänteln.
    »Holländer«, fauchte Pike mit der ganzen Verachtung des Angelsachsen für andere Völker und gab ihnen ein Zeichen, daß sie es sich in den Kojen bequem machen sollten.
    Pikes Kenntnisse auf dem Gebiet der Völkerkunde sind etwas begrenzt. Außer seiner eigenen Rasse kennt er nur noch drei, Nigger, Holländer und Dagos. Unsere Besucher bewiesen wieder, daß sie Menschen waren. Sie verstanden die Einladung des Steuermanns, und nachdem sie einander angesehen hatten, kletterten sie in die Oberkojen und machten es sich bequem. Sie schlossen gleich die Augen, und ich möchte schwören, daß es keine halbe Minute dauerte, so schliefen sie schon.
    »Wir müssen klarmachen voraus, sonst fallen uns die Masten noch auf den Kopf«, sagte der Steuermann. »Rufen Sie alle Mann an Deck, Untersteuermann, auch den Zimmermann.«

    Und noch immer kommen wir nicht westwärts! Seit der Nacht, in der die drei Fremdlinge an Bord erschienen, sind wir um drei Grad nach Osten geschleudert. Sie sind das große Geheimnis geblieben, diese drei Männer vom Meere. »Kap-Hoorn-Zigeuner« nennt Margaret sie, während Pike sie die »Holländer« getauft hat. Sie haben eine Sprache für sich, die sie mit keinem andern reden. Und in dem ganzen Wirrwarr von Nationalitäten vorn und achtern gibt es keinen, der auch nur die leiseste Ahnung von ihrer Herkunft hätte.
    Mellaire hat die Behauptung aufgestellt, daß sie Finnen seien, aber das bestreitet unser junger Zimmermann mit den Riesenplattfüßen entrüstet – er schwört, selbst Finne zu sein. Louis, der Koch, meint, irgendwo in der Welt, auf irgendeiner im übrigen vergessenen Fahrt Leute dieses Schlages getroffen zu haben, kann sich aber weder der Fahrt selbst noch der Herkunft jener Männer erinnern. Die Mannschaft hat – mit Ausnahme von Mulligan Jacobs und Andy Fay – höchst abergläubische Ansichten in bezug auf die Neuankömmlinge und will nichts mit ihnen zu tun haben.
    »Die bringen nichts Gutes, Herr«, sagte Tom Spink zu uns, als er am Ruder stand. Dabei schüttelte er düster den Kopf. »Wo sind sie denn hergekommen? Sie wollten es nicht sagen. Sie sind keine Menschen, sie sind Geister, Gespenster von ertrunkenen Seeleuten.«
    »Aber wie erklären Sie sich die Beschädigung unseres Vorgeschirrs?« fragte ich.
    »Es gibt viele Dinge, Herr, die man sich nicht erklären kann«, lautete die Antwort Tom Spinks. »Wer kann sich erklären, was das für Teufelskünste sind, die die Finnen mit dem Wetter machen. Und daß sie das tun, weiß doch jeder Mensch. Warum haben wir solch schlechte Fahrt um Kap Hoorn?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Von wegen dem Zimmermann, Herr. Wir haben rausgekriegt, daß er Finne ist. Und weiß nicht jeder, daß die Finnen Hexenmeister sind, die Wetter machen können?«
    »Aber sind die drei Fremden denn überhaupt Finnen?«
    Der Alte schüttelte finster den Kopf.
    »Nee, das sind tote Seemänner, die vor vielen Jahren ertrunken sind. Der Zimmerbaas könnte uns schon verschiedenes erzählen, wenn er bloß wollte.«
    Nichtsdestoweniger sind die Fremdlinge eine sehr willkommene Verstärkung unserer Mannschaft. Ich habe sie bei der Arbeit beobachtet – sie sind tüchtig und sind willig. Pike behauptet, sie seien befahrene Seeleute. Seine Theorie ist, daß sie aus irgendeinem ausländischen Hafen kommen und daß ihr Schiff von der Elsinore überrannt wurde und unterging.
    Ich habe vergessen zu erzählen, daß das Faß mit den vielen Muscheln einen so delikaten Wein enthielt, wie ich kaum je getrunken habe. Wada und der Steward haben den ganzen Inhalt auf Flaschen und Gebinde gefüllt. Es ist ein wunderbar gelagerter Wein, den Pike für einen ganz milden Kognak hält. Mellaire begnügt sich mit einem zufriedenen Schmatzen, während Kapitän West, Margaret und ich uns einig sind, daß es unbestreitbar richtiger Wein ist.
    Es hat herzlich wenig Zweck, diese einförmigen, sich ewig wiederholenden Weststürme zu schildern. Wir sind jetzt so lange herumgeschleudert worden, daß schon der Gedanke an einen

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