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Meuterei auf der Elsinore

Meuterei auf der Elsinore

Titel: Meuterei auf der Elsinore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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abgespannt er aussah.
    Er wandte sich zum Steuermann. »Steuermann, gehen Sie mal hin und reden Sie mit dem Teufel. Ergreifen Sie ihn und binden Sie ihn gehörig, dann werde ich ihn mir morgen früh ansehen.«
    »Jawoll, Käpt’n«, sagte Pike.
    Und als ich Pike und Mellaire durch die Mauer der Dunkelheit vor uns folgte und wir über die schwanke, vereiste, von Seen umspülte Laufbrücke gingen, wagte kein einziger von den Matrosen, uns zu begleiten.
    Und ich sah wie in einer großen, leuchtenden Vision Herrn Pike vor mir, den getreuen Knappen, den tüchtigen Seemann, verwittert und ergraut, gebrandmarkt und verbittert, den Knecht des Kühnen, der sich die Meere eroberte. Ich kenne ihn jetzt. Er kann mich nie wieder beleidigen. Ich verzeihe ihm alles, den Whiskydunst seines Atems, als ich in Baltimore an Bord kam, seine Gereiztheit, wenn See und Wind widrig wehen, seine Brutalität zu der Mannschaft, sein Fluchen und Lästern.
    Auf der Decke des Mittschiffshauses bekamen wir eine Sturzsee, die mich schaudern läßt, sooft ich daran denke. Ich hatte mich zu sehr mit dem Ankleiden beeilt, so daß ich mein Ölzeug nicht am Halse zugeknöpft hatte, und wurde deshalb bis auf die Haut naß. Das nächste Stück der Brücke passierten wir durch fliegenden Gischt und waren endlich glücklich auf der Decke der Back angelangt, als irgend etwas mit einem mächtigen Krachen gegen die Wand des Mannschaftslogis prallte.
    »Was es auch sein mag, es spielt offenbar die Rolle des Teufels«, brüllte mir Pike ins Ohr, während er versuchte, den Gegenstand mit Hilfe einer elektrischen Handlampe zu erkennen. Der dünne Lichtstreifen tanzte über das schwarze Wasser, das mit weißen Schaumkämmen über das Deck zischte.
    »Da ist es!« rief Pike, als die Elsinore sich nach vorn neigte und das ganze Wasser vorausströmte.
    Das Licht erlosch, während wir drei uns festhielten und unter der Sintflut, die sich über die Schiffsseite wälzte, zusammenkrochen. Wir hörten ein furchtbares Hämmern und Klopfen an dem Galion. Als der Bug sich wieder hob, sah ich eine Sekunde lang einen schwarzen Gegenstand, der jetzt das schrägstehende Deck hinabkollerte.
    Pike stieg auf das Deck hinab, und Mellaire folgte ihm. Als die Elsinore dann wieder den Bug in die See tauchte und eine Woge von Seewasser nach vorn fegte, sah ich den schwarzen Gegenstand gerade auf die beiden Seemänner losstürzen. Es gelang ihnen, beiseite zu springen und sich in Sicherheit zu bringen, aber das Licht ging wieder aus, während eine neue Sturzsee über das Schiff hereinbrach.
    Einen Augenblick sah ich nichts von den beiden Männern. Als das Licht aber wieder aufblitzte, hatte Pike das Ding gegen die Reling gepreßt und ein Tauende darum geworfen. Der Untersteuermann sprang hinzu, um Pike zu helfen, und endlich gelang es den beiden mit Hilfe verschiedener Tauenden, das Ding zu bewältigen.
    Ich kletterte zu ihnen hinunter. Es war ein großes Faß mit einer dicken Kruste von Muscheln.
    »Es muß mindestens vierzig Jahre im Wasser gelegen haben«, meinte Pike.
    »Und es ist etwas drin«, sagte Mellaire. »Wollen hoffen, daß es nicht nur Wasser ist.«
    »Es ist Schnaps drin«, sagte der Steuermann. »Aber wir wollen das Ding erst morgen öffnen.«
    »Wo kommt es nur her?« fragte ich.
    »Es kann nur über die Schiffsseite gekommen sein«, antwortete Pike und ließ das Licht darauf spielen. »Gucken Sie mal, es liegt seit Jahr und Tag im Wasser.«
    »Der Schnaps scheint gut gelagert zu sein«, meinte Mellaire.
    Ich überließ es ihnen, das Faß ordentlich festzuzurren, und ging in meine Kabine.
    Kaum hatte ich mich gründlich getrocknet und mich mit einem Buch in die Koje gelegt, als das Gestampfe vieler Füße über meinem Kopf wieder begann. Ich wartete auf das zweite Getrappel – und es kam. Da zog ich mich wieder an.
    Der Auftritt, dessen Zeuge ich auf der Kampanje wurde, war eine getreue Wiederholung der vorigen Szene, nur waren die Matrosen diesmal noch aufgeregter und ängstlicher. Sie zitterten, schnatterten und redeten alle durcheinander.
    »Haltet jetzt das Maul!« brüllte Pike, als ich zu der Gruppe trat. »Immer einer auf einmal! Und dann gebt dem Kapitän Antwort.«
    »Diesmal ist es bestimmt kein Faß, Käpt’n«, sagte Tom Spink. »Es ist lebendig. Und wenn’s nicht der Deibel ist, dann ist’s ein toter Mann. Ich hab’ ihn ganz deutlich gesehen. Es ist ein Mann oder war mal einer.«
    »Es waren zwei, Käpt’n«, fügte Richard Giller hinzu.
    »Nein, drei,

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