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Meuterei auf der Elsinore

Meuterei auf der Elsinore

Titel: Meuterei auf der Elsinore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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Schwächlinge zu verprügeln. Charles beharrt immer noch zäh bei seinem Entschluß, nicht sterben zu wollen. Jedenfalls hat es selbst Pike in Erstaunen gesetzt, daß er die furchtbaren Wochen um Kap Hoorn in seinem eisigen und nassen stählernen Käfig ausgehalten hat.
    Pike selbst hat von allen an Bord die beste Laune und befindet sich körperlich am wohlsten. Daß er jetzt die Mannschaft antreiben kann, wie er es will, bekommt ihm besser als Essen und Trinken.
    »Ja, ja«, sagte er zu mir, als wir von der Mannschaft sprachen. »Ich gebe ihnen einen kleinen Begriff von der guten, alten Art zu segeln. Sie werden dieses Schiffchen nie mehr vergessen, falls sie nicht schon während unserer Fahrt mit einem Sack Kohlen an den Füßen über Bord gehen.«
    »Glauben Sie denn, daß wir noch mehr Todesfälle an Bord bekommen werden?« fragte ich.
    Er wandte sich rasch zu mir und sah mir einige Sekunden scharf in die Augen – dann sagte er: »Noch ist die Hölle nicht losgelassen!«
    Und er drehte sich um und ging.
    Er hat übrigens seine Wache als Steuermann beibehalten, obgleich er jetzt das Schiff führt, denn er ist der Ansicht, daß es keinen vor dem Mast gibt, der geeignet wäre, an Stelle des Untersteuermanns zu treten. Er wohnt auch immer noch in seiner alten Kammer. Wahrscheinlich tut er es aus Feingefühl gegen Margaret – ich habe nämlich gehört, daß es sonst feste Regel ist, daß der Steuermann beim Tode des Kapitäns dessen Quartier übernimmt. So schläft Mellaire immer noch mit Nancy zusammen im Mittschiffshaus.

    Mellaire hat recht gehabt, als er mir sagte, die Matrosen würden dies ewige Hetzen nicht länger dulden. Und Pike hat auch recht gehabt; die Hölle war wirklich noch nicht bei uns losgelassen, aber jetzt ist es soweit! Mehrere Männer sind schon über Bord gegangen, sogar ohne daß man sich die Mühe gab, ihnen auch nur einen Sack Kohlen an die Füße zu binden. Und doch sind es nicht die Matrosen, die den Aufruhr angezettelt haben, sondern Mellaire. Oder vielmehr, es war Ditman Olansen, der Norweger mit den verrückten Augen. Oder eigentlich Possum. Jedenfalls war es der reine Zufall, an dem alle Erwähnten einschließlich Possums ihren Anteil gehabt haben.
    Ich will jedoch lieber mit dem Anfang beginnen. Zwei Wochen sind verstrichen, seit wir den fünfzigsten Grad passiert haben, und jetzt sind wir auf dem siebenunddreißigsten. Wir sind also ebenso weit südlich vom Äquator wie San Francisco nördlich davon. Der Aufruhr brach gestern morgen, kurz nach neun, ganz plötzlich los. Possum brachte die Ereignisse ins Rollen. Es war während der Wache des Untersteuermanns, und Mellaire stand gerade auf der Laufbrücke unter dem Mitteltopp und erteilte Sundry Buyers Befehle, der mit Arthur Deacon und dem Malteser-Londoner in der Takelung zu schaffen hatte. Pike kam, das Thermometer in der Hand, über die Laufbrücke, nachdem er die Temperatur der Kohlen im Vorderraum gemessen hatte. Ditman Olansen kletterte gerade auf ein Fußpaard oben im Mittelmast, in den er mit einer Rolle Tau hinauf geentert war. An dem einen Ende des Taus war ein ziemlich großer Block befestigt, der vielleicht zehn Pfund wog. Possum lief vergnügt herum und spielte eifrig auf dem Verdeck des Mittelschiffshauses in der Nähe des Hühnerstalls. Die Persenning, die den Käfig bisher zugedeckt hatte, war bei dem schönen Wetter abgenommen.
    Und jetzt merken Sie sich bitte genau die Situation: Ich stand an der Brüstung der Kampanje und beobachtete Ditman Olansen, der sich mit seiner unbequemen Last auf das Fußpaard hinausschwang. Pike ging soeben an Mellaire vorbei. Possum, der infolge des schlechten Wetters bei Kap Hoorn und auch wegen der Persenning die Hühner lange nicht gesehen hatte, untersuchte sie neugierig mit seiner aufdringlichen Schnauze. Und da geschah es, daß ein Hühnerschnabel, der ebenso aufdringlich war, Possum auf die empfindliche Nase pickte. Der Hund fuhr entsetzt vom Hühnerstall zurück und stieß ein wildes Schreckensgeheul aus. Ditman Olansen, der es hörte, blieb einen Augenblick auf dem Fußpaard stehen und beugte sich vor, um hinunterzugucken – und in diesem Augenblick, als seine Aufmerksamkeit abgelenkt war, glitt der Block mit der Taurolle, die er über der Schulter trug, ab und fiel auf das Deck hinunter. Beide Steuermänner machten einen Sprung zur Seite, um nicht getroffen zu werden. Das Tau, das an dem Block festgemacht war, wurde beim Fallen hin und her geschleudert, und obgleich der Block

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