Meuterei auf hoher See
Ordnung«, keuchte er. »Ich versuch’s jetzt. Aber lasst das Seil bloß nicht los!«
»Jetzt, Bob! Schubs ihn rein und wirf das Seil gleich hinterher!«, sagte Justus und lachte.
»Genau!«, rief Bob. »Nachdem der Anschlag vorletzte Nacht nicht geklappt hat, ist dies die Gelegenheit, Peter endgültig loszuwerden. Hähä!«
»Das ist nicht witzig!«, fauchte Peter und funkelte die beiden böse an. Dann griff er mit einer Hand nach oben und tastete die Wand des Schiffes ab, bis er einen kleinen Vorsprung fand, an dem er sich festhalten konnte. Er zog sich hoch. Nun stand er mit den Füßen im Bullauge und sah empor. Es war noch gut ein Meter bis zur Reling. Vorsichtig stellte er den rechten Fuß auf das nach außen geklappte Fenster und drückte sich hoch. Damit waren vierzig Zentimeter gewonnen. Peter musste sich wie ein Steilwandkletterer von Vorsprung zu Vorsprung, von Haken zu Haken hangeln. Er achtete immer darauf, dass er an drei Punkten einen festen Halt hatte, während er mit dem Fuß oder Arm nach einem neuen Punkt suchte. Das Klettern kostete kaum Kraft. Viel wichtiger war das genaue Taxieren des eigenen Gewichts und der Balance. Wenn er nichts überstürzte und nirgendwo abrutschte, bestand eigentlich keine Gefahr. Das versuchte Peter sich zumindest einzureden, während das Wasser mit fünfundzwanzig Knoten Geschwindigkeit unter ihm vorbeirauschte. Einen Moment lang hing er fest: Es ging nicht mehr vorwärts. Er musste ein Stück abwärts klettern und einen anderen Weg probieren, doch schließlich erreichte er mit der rechten Hand die Reling und zog sich daran hoch. Niemand befand sich an Deck und er kletterte hinauf. Glücklicherweise landete er hinter dem Heckaufbau, sodass er von der Brücke aus nicht gesehen werden konnte. Peter beugte sich über die Reling. Bob hatte seinen Kopf aus dem Bullauge gesteckt und sah zu ihm hinauf. Der Zweite Detektiv grinste ihn an und hielt den Daumen in die Höhe. Dann schlich er zur Treppe, die wieder unter Deck führte.
Während er hinunterging, dachte er darüber nach, wie blöd diese Situation war: Erst unternahm er alle Anstrengungen, um nach oben zu kommen, und jetzt hatte er nichts Eiligeres zu tun, als wieder hinunterzugehen. Als er den Gang erreichte, sah er seine schlimmsten Befürchtungen bestätigt: An allen Türen, hinter denen sich die gefangenen Besatzungsmitglieder befanden, waren Vorhängeschlösser angebracht worden. Leise klopfte er an die Tür, hinter der seine Freunde waren. »Fehlanzeige!«, flüsterte er. »Hier sind Schlösser! Ich kann euch nicht rausholen!«
Eine Weile antworteten Justus und Bob nicht. Dann drang die Stimme des Ersten Detektivs durch die Tür: »Das ist Pech. Dann versuch alleine, etwas herauszufinden. Ist die Kabine des Professors auch verschlossen?«
Peter sah zur Tür am anderen Ende des Ganges. »Nein.«
»Sieh dich dort um! Vielleicht findest du etwas!«
»In Ordnung! Bis später!« Peter ging zurück, legte sein Ohr an die Tür und drehte schließlich den Knauf, als er nichts hörte. Mit einem leisen Quietschen schwang die Stahltür nach innen auf. Niemand war in der Kabine. Schnell schlüpfte er hinein und schloss die Tür hinter sich.
In der Kabine herrschte Chaos: Auf den drei unbelegten Betten türmten sich Papierberge. Peter fragte sich im ersten Moment, wie der Professor es geschafft hatte, so viel Zeug an Bord zu bringen. Auch der Tisch war überfüllt mit Papieren. Er warf einen flüchtigen Blick darauf: Es waren kaum leserliche handschriftliche Notizen, Seekarten und aufgeschlagene Bücher. Peter war fast sicher, dass er hier ein paar Antworten auf ihre Fragen finden würde. Nur wo sollte er anfangen zu suchen? Seekarten waren Seekarten und es war nichts Ungewöhnliches, sie in einer Schiffskabine zu finden. Er suchte nach Notizen oder anderen Hinweisen auf das Ziel ihrer Reise, doch Professor Clark hatte sich nicht die Mühe gemacht, es irgendwo zu kennzeichnen. Was würde Justus jetzt tun? Wonach würde er suchen? Vielleicht nach Dingen, die man nicht sofort mit einer Schiffsreise in Verbindung bringen würde. Peter studierte die Titel der Bücher, die überall verstreut herumlagen. Auch daran war nichts Außergewöhnliches: Es waren wissenschaftliche Bände über Meeresbiologie, Tiefseefische und Plattentektonik. Dr. Helprin schien unrecht gehabt zu haben, als er Clarks akademischen Titel anzweifelte. Dieses Durcheinander sah ganz nach einem Professor aus. Peter bemerkte ein Buch mit dem Titel
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