Mia - Gefangene des Schicksals (Buch 2) (German Edition)
überlegen
sprang ich aus dem Bett und rannte nach unten, um in der Tür zur Bibliothek innezuhalten,
denn ich brauchte einen Moment, um zu realisieren was ich sah.
Lucien hatte Natalie
an der Kehle gepackt und hielt sie an die Wand gepresst. Natalies Augen waren
geweitet, Schrecken und Reue standen darin. Der ganze Raum schien vor Macht zu
pulsieren.
Einst musste ich
zusehen, wie er mit Nicolai das Gleiche tat. Doch Nicolai war ein Krieger von
derselben mächtigen Statur wie Lucien. Natalie war eine zierliche Frau und in
dieser Position wirkte sie wie eine kleine Stoffpuppe in den Händen eines Giganten.
"Lucien, nicht
... sie liebt dich." Meine Worte waren nicht mehr als ein Flüstern, denn
sie auszusprechen schmerzte.
Ich sah, wie sich
Lucien kurz versteifte, spürte, dass er um diesen Umstand nicht gewusst hatte.
"Das gibt ihr
noch lange nicht das Recht, dich zu verletzten!", knurrte er, bevor er sie
abrupt losließ.
Natalie fiel unsanft
zu Boden, rieb sich die Kehle, wo augenscheinlich keine Würgemale zu erkennen
waren, und ließ sich schließlich auf ein Knie nieder.
"Du scheinst
vergessen zu haben, welchen Rang du einnimmst!", stellte Lucien mit
gebieterischer Stimme fest. "Du scheinst vergessen zu haben, welchen Rang ich einnehme!"
"Me kinja, i
dar untjalar!", flüsterte
Natalie.
"Bist du dir
sicher, Natalie!"
Sie nickte, senkte
ihren Kopf, bis ihr Kinn ihre Brust berührte, und strich ihr Haar zur Seite,
damit ihr Nacken frei lag. "Me kinja, i dar untjalar!"
Mein Herz schlug
schnell, denn ich verstand weder was das hier bedeutete, noch verstand ich die
Worte die sie sprach. Doch diese Geste, diese unterwürfige absolut demütigende
Haltung verriet mir, dass es hier um mehr ging, als nur eine Ex-Freundin zu
schimpfen.
Mein Blick ging von
Natalies dargebotenem Hals zu Lucien und wieder zurück. Alle möglichen Gedanken
schossen mir durch den Kopf.
Doch nach einer
scheinbaren Ewigkeit, sagte Lucien: "Ich warne dich hiermit! Nicht noch
einmal will ich dich daran erinnern müssen!"
"Tries, me
kinja!", flüsterte Natalie ohne sich zu bewegen.
Noch immer starrte
ich auf die Frau zu Luciens Füßen. Wusste nicht, was ich empfinden sollte,
wusste nicht, ob dies Gerechtigkeit oder Tyrannei war. Doch ich wusste, dass
unter Vampiren kein Unterschied zwischen Mann und Frau gemacht wurde. Es
herrschte Gleichberechtigung, denn mit der Verwandlung zum Vampir gab es kein
starkes oder schwaches Geschlecht mehr.
Was würde ich also
denken, wenn hier ein Mann knien würde, der Lucien seinen Nacken darbot, als
Zeichen für ... Unterwürfigkeit, Reue?
Doch ich hatte keine
Zeit mehr, mir Gedanken darüber zu machen, denn in dem Moment packte Lucien
meine Hand. "Und jetzt reden wir!", knurrte er und zog mich in die
Halle, wo wir auf Iljas stießen, dem er beim Vorbeigehen sagte: "Ich will,
dass du Natalie hier wegbringst. Unaufgefordert hat sie hier nicht mehr zu
erscheinen!", bevor er mich die Treppe hochzerrte.
Die Tür knallte
hinter uns ins Schloss und schien wie der Gong zur Ersten Runde. Sein Körper
war immer noch angespannt, als er sich gegen die Kommode lehnte und die Arme
vor der Brust verschränkte.
"Zurück zu
unserem Gespräch!", begann er. "Du glaubtest also tatsächlich, dass
es eine Vorliebe von mir sei, eine hilflose Frau unter mir zu begraben!"
Jetzt, wo er es so
formulierte, jetzt, wo ich nicht mehr wütend war, jetzt fühlte ich mich äußerst
... naiv.
"Ich ... es ...
du warst erregt.", stammelte ich vor mich hin und suchte einen Punkt am
Boden, den ich fixieren konnte, damit ich ihm nicht ins Gesicht sehen musste.
"Falls es dir
noch nicht aufgefallen ist, was ich mir kaum vorstellen kann, ich bin immer
erregt, wenn du bei mir bist!" Ich spürte seinen Blick auf mir, der mir
ungewollt einen Schauer bereitete. "Wo wir doch schon beim nächsten Thema
wären: Die Befriedigung die du mir verschaffst!" Ich konnte spüren, wie
allein der Gedanke daran ihn erregte, doch noch war seine Wut stärker.
"Und jetzt sag mir, wo du doch diejenige bist, die meine Gefühle spürt:
Hast du mich denn schon jemals unbefriedigt gelassen?"
Dieses Gefühl von
naiv, wandelte sich in blöd, bevor ich leicht den Kopf schüttelte und flüsterte:
"Aber ich spüre deine Zurückhaltung, wenn wir ... zusammen sind."
Einen Moment lang
war es still, bevor er sich mit einem Seufzen von der Kommode abstieß und den
Raum durchquerte, bis er vor mir stand, genau auf dem doofen Punkt, den ich
immer noch versuchte
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