Mia - Gefangene des Schicksals (Buch 2) (German Edition)
Doch ich hatte meine
Instinkte unter Kontrolle, mein Gegenüber nicht. Und deshalb musste er sterben.
"He, mach mal
ne Pause!", sagte ich nun etwas lauter und ging auf die Beiden zu.
Der Blick der Frau
war glasig. Ihre blauen Augen mit Tränen gefüllt und ihr Hautton bereits
beängstigend fahl. Normalerweise verabscheute ich es, einen Gegner dermaßen
leicht zu beseitigen. Ich kämpfte lieber und redete mir dann ein, dass ich mich
auf faire Weise eines bösen Buben entledigt hatte. Aber diese Situation ließ
keine Verzögerung zu. Also zog ich einen Wurfstern, der gleich darauf, in einer
präzisen Flugbahn, auf den Kerl zusteuerte und sich in seinen Hals bohrte.
Nun hatte ich seine
Aufmerksamkeit. Mit einem wütenden Brüllen ließ er von der Frau ab, die leblos
zu Boden sackte, und drehte sich kampfbereit in meine Richtung. "Du
verdammtes Miststück!"
Blut troff von
seinen voll ausgefahrenen Fängen, während er mich aus schwarzen, toten Augen
anstierte, sich den Wurfstern aus dem Hals zog und sich prompt auf mich
stürzte.
"Na also, geht
doch!", sagte ich in ruhigem Tonfall, zog mein Messer aus meinem Stiefel
und bohrte es ihm mitten ins Herz.
Leider wurde mir in
dem Moment bewusst, dass ich seine Geschwindigkeit unterschätzt hatte, und so
landete sein Körper auf mir und ließ mich nach hinten kippen, bevor der
Deadwalker zu Staub zerfiel.
"Scheiße!",
zischte ich, während ich mich mit einer geschmeidigen Bewegung abrollte. Doch
bevor ich wieder auf den Beinen stand, wurde ich auch schon vom ersten Niesen geschüttelt.
"Scheiße!", fluchte ich erneut, nießte abermals und versuchte die
staubigen Überreste von meiner Kleidung zu klopfen.
Ich hasste es, wenn
ich dieses Zeug abbekam. Abgesehen davon, dass es äußerst ekelerregend war, vom
Tod bestäubt zu werden, schien es, als würden meine Schleimhäute anschwellen
und mich mit einem ständigen Niesreiz quälen, als wäre ich dagegen allergisch.
Immer noch den Staub
abklopfend und mit juckender Nase, ging ich zu der Frau, die nun röchelnd auf
der Seite lag. Ihr Puls war schwach, ihre Atmung flach, aber sie würde es
überleben. Wieder einmal hatte ich vor Augen, warum ich diese Kreaturen jagte.
Nicht nur, weil ich ihnen einst hilflos ausgeliefert war, sondern auch wegen
dieser Frau, diesem Opfer, das mich aus glasigen Augen anstarrte, in denen sich
Schrecken, Schmerz und nackte Angst wiederspiegelten. Ich befeuchtete meinen
Daumen mit meinem Speichel und verschloss damit die Bisspuren auf ihrem Hals.
Dann löschte ich ihre Erinnerungen, und wünschte mir fast, mit mir würde jemand
das gleiche tun. Sich an nichts mehr erinnern müssen. Die schmerzhafte
Vergangenheit endlich hinter sich lassen, sich nicht mehr nach einen Mann
sehnen, den man nie haben würde, den man nie wieder sehen würde...
Energisch schüttelte
ich meine Gedanken ab und zog mein Handy aus der Tasche. Wie immer rief ich
anonym die Polizei und meldete eine bewusstlose Frau. Ohne auf die Fragen der
Polizistin am Telefon zu achten, gab ich den Standort an und forderte einen
Krankenwagen, bevor ich die monotone Stimme abwürgte und das Handy zurück in
meinen Mantel steckte.
Wehmütig verließ ich
die Gasse und hoffte, dass der Krankenwagen, bei dem New Yorker Verkehr,
schnell genug hier sein würde.
Die Nacht war noch
jung, doch wie ich so durch die Straßen schlenderte, musste ich mir
eingestehen, dass heute kein guter Tag war. Meine Erinnerungen ließen sich
heute nicht einfach abschalten, sondern quälten mich, machten mich
unaufmerksam, und verlangten meine ganze Konzentration, um nicht an die
Oberfläche zu geraten.
Mir meiner Schwäche
bewusst, machte ich mich auf den Weg zu meinem Motorrad. An einer Imbissbude
holte ich mir noch eine Tüte Pommes, um meinen Frust ein wenig wegzuessen.
Im Grunde hasste ich
es, Blut zu trinken. Doch hier, in meinem neuen Leben, wusste niemand von
meiner seltsamen Herkunft. Alle glaubten, dass ich eine vollwertige junge
Vampirin sei. Und ich ließ sie in diesem Glauben. Denn das Wissen um meine
wahre Natur, meine Abstammung, würde unweigerlich zu Komplikationen führen und
wieder einmal alle in Gefahr bringen.
Deshalb aß ich nur
selten, wenn ich in der Stadt war und mich versichert hatte, dass kein Vampir
in der Nähe war.
Ich warf die leere
Pommes Tüte auf den Müllberg hinter dem mein Motorrad parkte und schwang mich
auf meine Maschine und machte mich auf den Weg zu Elias Anwesen, das ich nie
als Zuhause bezeichnen würde.
2
Als ich
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