Mia - Vom Schicksal gezeichnet (Buch 1) (German Edition)
Wanne beruhigte meinen Körper und entspannte meine Muskeln. Ich versetzte
mich mit Hilfe von Meditation in leichte Trance um auch meine Gedanken zu
entlasten. Einmal an nichts denken, dachte ich sehnsüchtig, sich keine Sorgen
machen, nur auf einer Welle der Entspannung dahingleiten, wenn auch nur für
kurze Zeit.
Lucien wäre dazu im
Stande, wenn er …
Blitzschnell stieg
ich aus der Wanne und zog mich an. Wollte nicht an ihn denken, wollte an nichts
denken, und beschloss, noch einen kleinen Spaziergang durch den Park zu machen.
Bekanntlich sollte frische Luft ja einen erholsameren Schlaf fördern. Und den
hatte ich wahrlich nötig.
Leise stieg ich die
Treppen hinunter ins Erdgeschoss und verließ das Gebäude durch die Tür im
Gemeinschaftsraum.
Es war Vollmond in
dieser sternenklaren Nacht und das matte Licht tauchte die Umgebung in ein
hübsches Grau, dessen fassettenreiche Schattierungen schon fast an Farben
grenzten.
In dieser Stille,
die keine Stille war, sondern eher ein Flüstern des Friedens, wo die Blätter
der Bäume raschelten, wo das Plätschern des Wassers wie Musik klang und das
Gras sich in der sanften Umarmung des Windes wiegte, wünschte ich die Zeit
anhalten zu können, um der Schönheit der Welt zu lauschen und mich in ihrer
Ruhe zu sonnen.
Berührt von der
Vollkommenheit der Natur, deren Lied nie ein Ende finden würde, ließ ich mich
auf die Verandastufen nieder und beobachtete die makellose Schöpfung, die des
Lebens nie Leid sein würde.
Und wieder einmal
wurde mir bewusst, dass mein Leben kein Leben mehr war.
Es war eine
Kakophonie von aneinandergereihten Katastrophen, dessen Abfolge so rasant
schien, dass mein ganzes Ich nicht mehr schritthalten konnte.
Dieses Tempo schien
mir Kraft zu rauben und manchmal, in Augenblicken der Stille, wurde mir
bewusst, wie müde ich wirklich war, wie abgeschlagen Geist und Körper waren.
Und diese Momente waren schwerer zu ertragen als Schmerz und Leid, denn sie
führten mir vor Augen, dass ich einst ein anderes Leben hatte, einst eine
Andere war.
Wie immer, wenn mich
die Vergangenheit einholte - eine Welt, in der ich gestorben war, in der ich
nicht mehr existierte -, überkam mich Wehmut und Traurigkeit. Und nicht einmal
das friedliche Flüstern der Welt oder der tröstende Versuch des Windes, meine
Tränen zu trockenen, konnte mir das Gefühl von Leben zurückbringen.
Um dem Selbstmitleid
zu entfliehen, lauschte ich dem Ewigen Lied und fokussierte meine Sinne auf die
Umgebung. Mit geschlossenen Augen und zurückgelegtem Kopf spürte ich die kühle
Brise, die mein Gesicht streifte, konnte das Gras, das sich sanft hin und her
bewegte, fast fühlen, hörte die Bäume, die leise ächzten und das Plätschern des
Wassers, im nahegelegenen Bach und vernahm … Lucien.
Es waren kleine
Signale, die mir verrieten, dass er in meiner Nähe war. Ein leichtes Ziehen in
meiner Brust, ein fast unkenntliches außerrhythmisches Pochen meines Herzens.
Möglichst
unauffällig wischte ich meine Tränen weg. Niemand sollte mich weinen sehen und
schon gar nicht Lucien. Selbstmitleid war mir unerwünscht, aber Mitleid war mir
unerträglich.
Während ich bemüht
war, meine Gedanken umzulenken, um den Tränenfluss zu stoppen, spürte ich
seinen Blick auf meinem Rücken, der wie eine Berührung über meinen Körper
strich und eine Spur von Wärme hinterließ, die bis in meine Seele vordrang und meine
Leere füllte.
„Wie lange willst du
da stehen bleiben?“, fragte ich nach geraumer Zeit der Stille. Mein Tonfall
klang gereizt, wie immer, wenn ich Traurigkeit überspielte.
„Bis du mir erlaubst
mich neben dich zu setzten.“, antwortete er mit sanfter Stimme. Keinerlei
Bedrohung oder Zorn schwang darin mit.
„Wie du bereits
unmissverständlich klar gestellt hast, ist dies hier dein Haus. Du kannst dich
also hinsetzten wo immer du möchtest.“, stellte ich anklagend fest.
Meinen Worten folgte
ein fast unmerkliches Seufzen seinerseits, bevor er leisen Schrittes näher kam,
kurz verharrte, und sich schließlich neben mich setzte.
Nun war ich mir
seiner Nähe fast schmerzlich bewusst. Ein angenehmer Schauer zog durch meine
Nerven, und das Mal auf meiner Hand begann zu prickeln, als würden tausend
kleine Ameisen einen Freudentanz, genau auf dieser Stelle vollführen. Aus dem
Augenwinkel sah ich seine imposante Erscheinung. Die enge Jeans, die sich über
seine Oberschenkel spannte und das anliegende T-Shirt, das seinen muskulösen
Körper betonte.
Um meine
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