Mia
tausend Filmen. Da war das Chaos vorprogrammiert. Ein Happy End gab es nie. Was hatte sie eigentlich von ihrer Lehrerin erwartet? Hatte sie wirklich geglaubt, aus den beiden könnte ein Paar werden? Mia wurde das alles jetzt zuviel. Sie begann zu weinen. Auch das noch, dachte sie.
»Mia, nicht weinen. Bitte hör auf. Ich weiß, wie schlimm das alles ist. Mir ging’s auch mal so wie dir jetzt.« Sie reichte ihr ein Taschentuch.
Mia putzte sich die Nase und fragte: »Wie?«
Ihre Lehrerin begann zu erzählen. »Damals war ich achtzehn, genau wie du. Und ich war total verknallt in meine Gesangslehrerin.« Sie lächelte.
Mia war empört. Verknallt? Was meinte sie damit? »Ich bin nicht verknallt, Frau Vogt. Wenn ich verknallt wäre, dann wäre alles in bester Ordnung«, sagte sie trotzig.
Ihre Lehrerin schaute sie fragend an. »Ich verstehe dich nicht ganz. Ich dachte, dass wir deshalb hier sitzen.«
Sie hatte gar nichts kapiert. »Stand vielleicht in irgendeinem der Briefe, ich sei in Sie verknallt? Nein, stand da nicht. Kann ich noch einen haben?« Sie zeigte auf die Flasche. Frau Vogt schenkte die Gläser voll. Mia trank. Ihr wurde ganz warm. »Verknallt ist, wenn man jemanden toll findet«, erklärte Mia. »Man möchte mit ihm Zeit verbringen, reden, vielleicht auch knutschen oder so was. Aber ich . . . ich liebe Sie, Frau Vogt. Das ist wirklich was ganz anderes«, sagte sie ernst.
Jetzt trank ihre Lehrerin. Sie betrachtete eingehend Mias Gesicht. »Weißt du, was du da sagst?« fragte sie ruhig.
»Natürlich«, antwortete Mia. »Meinen Sie, ich wäre so drauf und würde hier mit Ihnen sitzen, wenn ich schlicht und einfach verknallt wäre?« Sie sah Frau Vogt in die Augen. »Das ist kein Spaß hier.« Ihre Lehrerin erwiderte den Blick. »Warum haben Sie bloß so unglaubliche Augen?« fragte Mia.
Frau Vogt schaute schnell aus dem Fenster. Sie wirkte jetzt ernst und hatte sich versteift. Nach einer Weile begann sie zu sprechen. »Jetzt pass mal auf, Mia. Ich weiß auch, dass das kein Spaß ist. Wenn du so für mich empfindest, dann ist das so. Aber du musst auch so vernünftig sein zu verstehen, dass daraus nichts wird. Ich bin nun mal deine Lehrerin und zwar noch über ein Jahr lang, bis zum Abi. So lange müssen wir miteinander klarkommen. Ich will dich nicht verletzen, aber vielleicht solltest du dich einfach auf jemand anderen konzentrieren . . .«
Mia lachte verächtlich. »Wann haben Sie eigentlich das letzte Mal jemanden geliebt?« fragte sie ungläubig.
»Also, Mia, das ist jetzt aber wirklich . . .«
»Konzentrieren? Was hat denn Liebe mit Konzentration zu tun? Das würde ich echt gern mal wissen. Ich werde vielleicht irgendwie damit klarkommen, dass Sie mich nicht lieben, aber wie ich das hinkriegen soll, weiß ich nicht. Ich habe vorher noch nie jemanden so geliebt«, rief sie außer sich.
»Ich bin mir sicher, dass du das hinkriegst, Mia. Ich hoffe nur, dass deine Gefühle nicht irgendwann umschlagen, weißt du? Ich will nicht, dass du mich irgendwann hasst. Das könnte ich nicht . . . manchmal passiert so was.«
Mia schüttelte den Kopf. »Bestimmt nicht. Ich könnte Sie niemals hassen«, antwortete Mia voller Überzeugung. Eine Minute verging. Mia hatte alles gesagt und beschloss zu gehen.
»Gut«, sagte Frau Vogt. »Ich könnte ein bisschen Zeit brauchen, um das alles zu verarbeiten.«
Mia zog sich an. Sie spürte den Grappa. Vielleicht sollte sie wirklich mehr essen.
»Mach’s gut, Mia. Wir werden das schon irgendwie hinkriegen, oder?«
Mia hätte sich gern an ihr festgehalten, aber sie öffnete tapfer die Tür. »Bis morgen«, sagte sie traurig. Sie warf einen letzten Blick in die Smaragde und ging.
Später kam Kati zu ihr und tröstete sie. Mia konnte kaum aufhören zu weinen. Irgendwann hatte sie keine Tränen mehr und erzählte ihrer Freundin alles haarklein. In der Nacht blieb Kati bei ihr. Eng aneinandergekuschelt schliefen sie ein.
Am nächsten Morgen schleifte Kati sie in die Schule, nachdem sie sie gezwungen hatte, wenigstens ein halbes Brötchen zu essen. Schon vor dem Gebäude begegneten sie Frau Vogt, die vom Lehrerparkplatz herüberkam.
»Morgen, ihr beiden«, sagte sie kraftlos und hielt ihnen die Tür auf. »Alles klar, Mia?« fragte sie noch.
Mia nickte. »Ich komm’ schon klar. Hab’ ja Kati.«
Müde lächelte Frau Vogt und ging in Richtung Lehrerzimmer.
»Mann, die sieht aber ganz schön fertig aus«, bemerkte Kati. »Was hast du bloß mit der
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