Mich gibt s ubrigens auch fur immer
was in meinem Leben noch alles passieren wird, aber ich weià genau, dass ich es nur mit dir erleben möchte. Also werde meine Frau. Und wenn ich dafür konvertieren und jedes Jahr einen Weihnachtsbaum schmücken muss.« Bei den letzten Worten zwinkerte er mir schelmisch zu. Er dachte vermutlich, ich wirke deshalb so verwirrt, weil ich vor Freude schlicht überwältigt war. Ich hielt die Luft weiter an. Irgendwo tief im Innern war ich das auch, aber das irre Gefühl wurde von etwas Ungutem so sehr überlagert, dass es nicht ganz durchdringen konnte. Ich hatte wirklich schon das eine oder andere Mal darüber fantasiert, das »Ja« schon Dutzende Male in Gedanken gehaucht. Ein läppischer Weihnachtsbaum â das war doch nur die Umgebung in diesem wichtigen Moment. Die sollte doch wirklich keine Rolle spielen bei einer Entscheidung, die das ganze restliche Leben bestimmt.
Ich bin ungeheuer wütend auf mich. SchlieÃlich nimmt man in seinem Leben nur ein einziges Mal einen Heiratsantrag an. Wenn es gut läuft. Und wenn man ihn tatsächlich annimmt. Dies ist also meine Erinnerung für die Ewigkeit ⦠Wenn der Beginn des langen, gemeinsamen Lebens schon doof anfängt ⦠Ich könnte mir in den Hintern treten.
Ich weià gar nicht, wie ich Hrithik wieder unter die Augen treten soll. Er wird zu Recht stocksauer sein. Wer wird schon gerne ohne sinnvolle Erklärung sitzen gelassen, wenn er gerade einen Antrag gemacht hat. Bestimmt denkt er, ich hätte kalte FüÃe bekommen. Verdammt. Ich brauche einen wirklich tollen Plan, wie ich das wiedergutmachen kann. Männer würden in solchen Fällen wohl je nach Gehaltslage zu Blumen, Pralinen oder Juwelen und einer mündlichen Entschuldigung greifen, aber was machen eigentlich Frauen, wenn sie etwas verbockt haben? Falls es da irgendwelche Standards gibt, kenne ich sie nicht. Bis mir etwas Gutes einfällt, schreibe ich erst mal Peter, Juli, Toni und Louisa, meinen vier besten Freunden, per SMS frohe Weihnachtswünsche und versuche, mich vorerst auf meinen Job zu konzentrieren. Immerhin sind dies doch die Dinge, die bleiben, selbst wenn Hrithik nun nie wieder etwas mit mir zu tun haben will.
Was den Job angeht, ist die Aussicht auf eine lange gemeinsame Zukunft, die jede Beziehung überdauert, allerdings eher niederschmetternd. Meine Schichten in der Küche und der Cafeteria im »Drei Rosen« ist eine schlecht bezahlte, wenig fordernde Aufgabe. Obwohl es sich um ein echt teures Nobel-Altersheim handelt. Wirklich beschweren kann ich mich nicht: Ein paar der alten Leutchen habe ich richtiggehend ins Herz geschlossen, so dass ich das ein oder andere Mal schon freiwillig eine Stunde länger geblieben bin. Ich mag es, mit den Bewohnern über ihr Leben zu quatschen, mein Leben und bisweilen auch mal über die politische Weltlage (»Früher war alles besser«). Mit diesem Bonus sollte ich aber auch nicht langfristig planen. SchlieÃlich werden diese Menschen irgendwann demnächst â wohl eher demnächst als irgendwann â abtreten. Ein trauriger Gedanke. Manchmal bin ich ganz erschüttert davon, dass uns jeden Tag unzählige Lebenswelten abhandenkommen und man gar nichts dagegen unternehmen kann. Alles, was die Toten gesehen, gedacht und sich erträumt haben â einfach dahin, bis in alle Ewigkeit. Man müsste ein Denkarium haben, so wie Professor Dumbledore in der Harry-Potter-Serie, in dem man die Gedanken und Bilder von jedem speichern kann, der bereit ist, sie herauszurücken. Das geht ganz einfach, man muss sich nur eine silbrige Flüssigkeit durch Körperöffnungen wie Ohren, Mund oder tiefen Fleischwunden aus dem Gehirn ziehen.
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I ch knipse das Licht in der Cafeteria an. Sie hat vier Stunden täglich geöffnet. Meist stehe ich ohne Verstärkung hinterm Tresen. Bei gerade mal dreiÃig Bewohnern kommen nie sehr viele Gäste zur gleichen Zeit. Wenn die Cafeteria schlieÃt und ich wie heute eine Doppelschicht bekommen habe, ackere ich danach noch drei Stunden in der Küche, damit alle pünktlich ihr Abendessen bekommen. Erschrocken fahre ich zusammen, als ich plötzlich Lothar Turban an einem der Tische sitzen sehe. Im Dunkeln war er ja unsichtbar gewesen. Lothar Turban ist ein echt harter, ungeselliger Brocken. Man sieht ihn nie in Gesellschaft, und selbst die neugierigen älteren Damen haben es aufgegeben, um seine Aufmerksamkeit zu
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