Michael - der Beschützer
sie. “Und morgen früh muss ich wieder zeitig aufstehen. Aber ich unterhalte mich gern ohne Zuhörer.”
Ohne Michael. Der Name fiel nicht, doch beide dachten an ihn.
Sie wählten eine Bar mit frischem Sägemehl auf dem Fußboden, sauberen Gläsern und coolem Jazz.
Shayne wartete, bis sie ihren Eistee bekam und er sein Bier. “Ich habe ein Haus gekauft”, eröffnete er Lorelei.
“Gratuliere.”
“Es ist nicht sonderlich groß, aber es bietet genug Platz für Kinder. Und Bliss kann wunderbar einrichten.”
“Dann lebt ihr also zusammen?”
“Ja, seit zwei Monaten.” Er strich mit dem Finger über sein beschlagenes Bierglas. “Ich habe ihr auch einen Heiratsantrag gemacht, den sie angenommen hat.”
“Sehr gut”, bestätigte Lorelei und wartete auf das eigentliche Problem.
“Sie ist schwanger.”
“Ach.” Da er von geplanten Kindern gesprochen hatte, nahm sie an, dass Bliss welche wollte. “Ist der Zeitpunkt falsch?” fragte sie vorsichtig.
“Genau!” Shayne schlug mit der Faust auf den Tisch. “Ich möchte sofort heiraten und … na ja, du weißt schon … eine ehrbare Frau aus ihr machen.”
Lorelei musste bei dem altmodischen Ausdruck ein Lächeln unterdrücken. Michael war offenbar nicht der einzige machohaft denkende O’Malley-Bruder. “Sie will noch warten?”
“Das behauptet sie wenigstens”, bestätigte er.
“Vielleicht fürchtet sie, dass du sie nur wegen des Kindes heiraten willst.”
“Ich sagte doch, dass ich ihr schon früher einen Heiratsantrag gemacht habe, den sie auch angenommen hat.”
“Stimmt. Vielleicht will sie keine schwangere Braut sein. Die meisten Frauen malen sich schon als kleines Mädchen ihre Hochzeit aus. Möglicherweise will sie sich nicht dick und rund fühlen, wenn sie vor den Altar tritt.”
“Man sieht ihr noch gar nichts an”, entgegnete Shayne. “Abgesehen von ihren Brüsten, die wirklich großartig … na ja, das musst du nicht unbedingt hören.” Seufzend strich er sich durch das Haar. “Wenn wir sofort heiraten, wie ich das möchte, könnte sie alles anziehen, was sie will. Die Leute zählen heute nicht mehr die Monate bis zur Geburt nach. Und wenn es doch jemand tut, ist er kein wahrer Freund, richtig?”
“Richtig.” Lorelei lehnte sich zurück. “Ich fürchte, ich verstehe es auch nicht. Hast du ihr deine Gefühle erklärt? Hast du gesagt, warum du sie jetzt heiraten willst?”
“Natürlich.”
“Und?”
“Sie will mich auf keinen Fall vor dem Labor Day heiraten.”
“Bis dahin dauert es nicht mehr lange.”
“Mir dauert es zu lange. Außerdem verstehe ich ihre Denkweise nicht.”
“Ich weiß nicht, wovon du sprichst.”
“Sie behauptet, dass sie Roarke und Daria nicht die Schau stehlen will.”
“Roarke heiratet?”
“Ja, am Labor Day. Er heiratet Daria Shea, eine Staatsanwältin. Er hat vor einigen Wochen beim Fernsehen gekündigt und lebt jetzt mit ihr in ihrem Haus am Irish Channel. Er schreibt ein Buch über seine Abenteuer als Kriegsberichterstatter.”
Erstaunlich. Zwei von drei O’Malley-Brüdern waren schlagartig häuslich geworden. Ob es an der Luft lag? Oder am Wasser?
“Was soll ich denn nun machen?” fragte Shayne.
“Kannst du Bliss nicht die Entscheidung überlassen?”
“Sie ist schwanger”, erwiderte er. “Ihre Hormone machen Kapriolen. Sie kann ganz eindeutig nicht mehr klar entscheiden.”
Lorelei bezweifelte das zwar, doch sie kannte Bliss nicht und wollte Shayne auch nicht verärgern. “Dann wird dir nichts anderes übrig bleiben, als sie behutsam zu überzeugen.”
“Ja, das dachte ich auch”. Er beugte sich lächelnd zu ihr und küsste sie auf die Wange. “Danke, Lorelei, du bist ein Schatz.”
Michael stand auf, als Lorelei aus dem Schlafzimmer der Hotelsuite kam. Sie sah sagenhaft aus. Das bestickte Corsagenkleid aus silberfarbener Seide umschmeichelte ihre schlanke Figur, An den Ohren glitzerten keine Diamanten, sondern Modeschmuck, der fast bis auf die nackten Schultern reichte.
“Wenn du deinen Verfolger aus seinem Versteck locken willst, könnte ich mir keinen besseren Köder vorstellen”, sagte er.
“Heute Abend möchte ich nicht an ihn denken.” Michael sah in seinem dunkelblauen Anzug, dem weißen Hemd und der roten Krawatte umwerfend aus. Sie hielt ihm ein Armband hin. “Und ich werde mich nicht in Sack und Asche kleiden, nur weil er sich irgendwo da draußen herumtreibt.”
“Er treibt sich garantiert da draußen herum.” Michael befestigte das
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