Michelle Obama – Ein amerikanischer Traum
brauche man einfach diesen Anschein von Normalität, heißt es dazu.
Mode aus «Windy City»
Typisch Chicago, das gilt auch für ihre Mode. Man darf sich da vom äußeren Anschein der Kleider bei der Amtseinführung nicht in die Irre führen lassen. Die Inauguration war eine Ausnahmesituation. Tagsüber trug sie eine limonengrasgelbe Kombination aus einem Kleid und einem darübergeworfenen offenen Mantel aus dem Studio der Kubanerin Isabel Toledo. Und abends das von nur einem Schulterträger gehaltene Ballkleid in Creme, entworfen vom 26 Jahre jungen Taiwanesen Jason Wu. Doch im Alltag bevorzugt Michelle bei ihren Auftritten den kühlen Stil Chicagos, nicht das schrille New York. Wegen ihrer Lage an den Großen Seen trägt ihre Heimatstadt den Spitznamen «Windy City». Die Winter sind grau. Sie liegt im Mittleren Westen, wo man eine gewisse Bodenständigkeit schätzt. Die Menschen dort legen schon Wert auf ihr Aussehen und Auftreten. Aber das Ziel ist eher eine unauffällige Eleganz, kein Aufmerksamkeit heischender stummer Schrei «Hier bin ich» durch grelle Farben oder schrägen Schnitt.
Typisch für Michelle ist die praktische und preisbewusste Kombination aus Designerstücken und Ware von der Stange. Die farblich passenden Handschuhe zur limonengrasfarbenen Kombination am Inaugurationstag stammten aus einem Kaufhaus. Chicago sah sich die meiste Zeit seiner Geschichte in Konkurrenz zu New York, als verkannte und unter Wert gehandelte Nummer zwei, ob es um die Einwohnerzahl oder das nationale Bedeutungsranking in Mode, Entertainment oder Sport geht. Dabei hat «Windy City» ebenso viele erstklassige Boutiquen wie Manhattan. Besonders gern kauft Michelle in Maria Pintos Geschäft, 133 North Jefferson Street ein. Gleich nebenan ist das Restaurant «Sepia», wo sie mit Freundinnen speist.
Jede neue First Lady brachte einen neuen Stil mit ins Weiße Haus. Jackie Kennedy stand für aristokratische Eleganz der Ostküstenelite, beeinflusst von Europa, speziell dem Pariser Chique. Nancy Reagan übertrug Hollywoods Glitzer- und Glamourwelt nach Washington und trug mit Vorliebe Kreationen von James Galanos. Laura Bush repräsentierte unverkennbar Texas, auch wenn sie weder Westernhüte noch Cowboyboots trug: Ihre Kostüme und Blusen machten nicht viel Aufhebens, die Botschaft war schlichter Konservatismus. Michelle Obama hat ihre Modemacht bereits im Wahlkampf bewiesen. Auch da wechselte sie bei Siegesfeiern oder Fernsehauftritten munter zwischen teuren Designerstücken und preiswerten Kleidern aus Kettenläden, in denen die Durchschnittsbürger einkaufen. Im Herbst 2007 hatte die «Vogue» eine Fotoserie über ihre Mode geschossen. Im Sommer 2008 machte der «fist bump», das Aufeinanderstoßen der geballten Fäuste mit ihrem Mann Barack, als Siegeszeichen landesweit Furore – und parallel das violette Maria-Pinto-Kleid, das sie an dem Abend trug. Als sie im Juni in der populären Talkshow «The View» erschien, trug sie ein einfaches Sommerkleid von Donna Rico, Preis 148 Dollar. Wenige Tage später war es ausverkauft.
Im Oktober gab sie in Jay Lenos «Tonight Show» freimütig Auskunft über ihr Online-Shopping. Sie sei regelmäßige Kundin bei preiswerten Ketten wie J. Crew, Gap und H&M. Im Winter 2008/09 konnte man auf der Internetseite von J. Crew den Namen Michelle Obama eingeben – und sehen, was sie für sich und ihre Töchter Malia und Sasha gewählt hat. Auch das gehört zu Chicago: Man möchte beim Einkauf einen «good deal» machen. Das bedeutet nicht Schnäppchenjägerei «so billig wie möglich». Sondern einen moderaten Preis für gute Ware. Man zahlt nicht drauf, nur um den Namen eines Modezars deutlich sichtbar auf der Kleidung zu tragen.
Michelle hat keine zierliche Figur wie ein Model. Sie ist über 1,80 Meter groß und hat einen athletischen Körperbau – das Ergebnis von einstündigem Morgentraining im Geräteraum seit vielen Jahren, um sich fit zu halten. Ihre amerikanische Konfektionsgröße ist 12: stämmig, aber ohne Übergewicht. Gern trägt sie Kleider, die ihre braunen Arme und nackten Beine zur Geltung kommen lassen. Im Frühjahr 2009 war das wochenlang ein Thema der bunten Seiten. Ihr Mann beendete die Debatte mit einem Wortspiel beim White House Correspondents Dinner: Michelle habe «the right to bare arms»: das Recht auf nackte Arme. Vom Lautwert her hört sich das im Amerikanischen genauso an wie das in der Verfassung verankerte Recht, Waffen zu tragen – «the right to bear
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