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Mick Jagger: Rebell und Rockstar

Mick Jagger: Rebell und Rockstar

Titel: Mick Jagger: Rebell und Rockstar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Spitz
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in Kanada mit einer so großen Menge Heroin erwischt hatte, dass ihm sieben Jahre Gefängnis drohten, kriegte er endlich die Kurve. Er sah sich um und verschaffte sich zum ersten Mal seit gut fünf Jahren einen Überblick über die aktuelle Lage. Für Keith war Punk nichts anderes als eine gerade aktuelle Modeerscheinung; es handelte sich ja um nichts anderes als dieselben alten Akkorde, neu eingekleidet in zerrissene T-Shirts, Bondagehosen und Sicherheitsnadeln. »Der Punk ließ bei Mick die Alarmsirenen schrillen, während er Keith inspirierte, der darin lediglich einen weiteren neuen Trend sah, den man mit seinen eigenen Waffen schlagen konnte. Die Punkbands führten ihm vor Augen, wie er selbst fünfzehn Jahre zuvor gewesen war«, so Needs. Allerdings hat Keith niemand gefragt, was er über Punk dachte.
    Alle fragten Mick. Das Gerücht war in Umlauf, dass er im Sex aufgekreuzt war, der berüchtigten Bondage-Boutique von Malcolm McLaren und Vivienne Westwood in der Kings Road, wo er sich mit den neuesten Klamotten ausstaffieren wollte. Dort soll er die Bekanntschaft des Sex-Pistols-Sängers Johnny Rotten gemacht haben, der ihn angeblich aufgefordert haben soll, sich zu »verpissen«.
    »Kompletter Schwachsinn«, so Micks Reaktion, als er ein Jahr später in einem Interview auf diese Geschichte angesprochen wurde. »Niemand in der Kings Road würde mir die Tür vor der Nase zuschlagen. Die wissen alle, dass ich der Einzige bin, der genug Geld hat, um es für ihre beschissenen Klamotten auszugeben – obwohl sogar mir das Geld für zerrissene T-Shirts zu schade wäre.« Hatte er vielleicht das von McLaren, Westwood und Rhodes entworfene Shirt gesehen? Johnny Rotten hatte definitiv keine Geduld mit Leuten wie Mick Jagger. Viele Jahre später erinnerte er sich in seiner Autobiografie No Irish, No Blacks, No Dogs: »Ich habe eine Menge alter Rockstars gesehen, und auch eine ganze Menge eifersüchtiger Rockstars. Einer der Wortführer war Mick Jagger: ›Die Sex Pistols sind schrecklich, und spielen können sie auch nicht!‹ Schäm dich, Mick. Die Stones waren eine der unfähigsten Bands in der ganzen Musikgeschichte, und du alte Koksnase hast mit dem Finger auf uns gezeigt und uns abscheulich genannt. Die Stones gehörten zu der alten Riege, die sich gegenseitig auf die Schultern klopfte und sich selbst genug war. Die Pistols waren eine absolute Bedrohung für die kleine heile Welt, die sie sich aufgebaut hatten.«

    © Michael Putland /Retna
    Backstage im New Yorker Palladium mit Bob Marley und Peter Tosh, 1978.
    Die Medien, die sich die Stones und ihre Possen bis dahin über ein ganzes Jahrzehnt lang haben gefallen lassen, sahen jetzt ihre Chance gekommen, sich zu rächen, und so wurde plötzlich überall verbreitet, Mick Jagger sei out und Punk sei in. Das Entstehen dieser von den Medien angestachelten Kampagne lässt sich im Verlauf des berüchtigten Auftritts der Sex Pistols in der Londoner Lokal-TV-Sendung Today vom 1. Dezember 1976 hervorragend beobachten. Zusammen mit ihrem Gefolge (darunter auch die damals noch unbekannte Siouxsie Sioux) stehen beziehungsweise sitzen die Sex Pistols neben dem angetrunkenen und sichtlich nicht amüsierten Moderator Bill Grundy. Dieser stellt die Band vor und bemerkt dabei: »Das hier sind nicht die netten, sauberen Rolling Stones.« Auf dieses Stichwort hin beginnen die Sex Pistols zu fluchen und und zu toben, was für etliche reißerische Schlagzeilen am nächsten Tag gut war. Kurz nachdem der Journalist Charles M. Young im Sommer 77 in London eingetroffen war, um die Sex Pistols für den Rolling Stone zu interviewen, kam aus den USA die Nachricht, dass Elvis Presley gestorben war. »Elvis Presley ist tot? Das stimmt Sie traurig, nicht wahr?«, frotzelte Pistols-Manager Malcolm McLaren (der sich paradoxerweise den ehemaligen Stones-Manager Andrew Loog Oldham zum Vorbild genommen hatte). »Ist wohl fast so, als wäre ihr Opa gestorben, was? Zu schade, dass es nicht Mick Jagger war.« Nicht wenige sagten, das sei eine hervorragende Loog-Oldham-Imitation gewesen.
    Auch der neue Bassist der Pistols, die ultimative Galeonsfigur des neuen Nihilismus, Sid Vicious, hielt mit seiner Meinung nicht hinterm Berg. »Ich hasse diesen ganzen Scheißhaufen«, erklärte er mit einem höhnischen Grinsen, wobei er mit seiner ätzenden Schmähung die Stones und ihre Generation meinte. »Die Stones hätten 1965 abtreten sollen. Man sieht keinen von diesen Scheißkerlen je auf der Straße. Wenn es

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