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Microsklaven

Microsklaven

Titel: Microsklaven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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erschreckte mich zu Tode. »Mann, für was für'n Weichei hält der mich denn? ... Als ob's mir nicht scheißegal wäre, wie er verdammt noch mal aussieht!« Aber plötzlich wurde sie ganz anders. Eine Sekunde lang war sie richtig lieb: »Er ist ein Er Und es ist ihm wichtig, was ich von ihm denke?«
    »›Kraft-Scheibletten‹, wie du ihn nennst, ist ein Dickkopf. Das müßtest du doch eigentlich wissen.« Sie entspannte sich ein wenig. »Das kannst du laut sagen. Kraft ist ein verdammt dickköpfiges Etwas.«
    Sie kicherte. »Sie.« Pause. »Er...«
    »Du meinst«, plötzlich fiel bei mir der Groschen, »du wußtest nicht, wer er ist ... Was er ist? Ich meine, entschuldige die dumme Frage, aber du wußtest auch nicht Bescheid?«
    »Tu bloß nicht so, als war' ich blöd«. Sie nahm eine leere 7-UP-Dose, quetschte sie auf ihrem Knie platt und wurde dann wieder ganz lieb. »Ist Kraft, ähmmm ... vielleicht... verheiratet oder so?«
    »Nein.«
    Ich merkte, daß sie erleichtert war, und langsam dämmerte mir, daß Michael nicht der einzige war, der sich in ein Etwas verliebt hatte.
    »Willst du ein Bild sehen, StrichCode ... Hast du noch einen anderen Namen?«
    »Amy.«
    »Willst du ein Bild von Michael sehen, Amy?«
    Leise: »Hast du denn eins?«
    »Ja.«
    »Er heißt Michael?«
    »Ja.«
    »Wie heißt du?«
    »Dan.«
    »Kann ich ein Bild von ihm sehen, Dan?«
    »Hier.« Gierig riß sie mir das Gruppenfoto aus der Hand, das vor ein paar Monaten auf einem Grillabend bei Mom und Dad aufgenommen worden war. Auf dem Foto waren neun von uns, aber sie fand Michael sofort. Ich glaube, ich hatte gerade die bizarrste Verkuppelungsaktion in der Geschichte der Liebe vollzogen.
    »Das ist tx... da.«
    »Ja.«
    »Dan, du denkst jetzt bestimmt, ich bin ein Arschloch, aber ich habe von ihm geträumt, und ich wußte, daß er so aussieht. Ich habe wochenlang eine Diskette unter mein Kopfkissen gelegt und auf ein Zeichen gewartet, und dann habe ich eins bekommen, und hier ist er. Ich behalte das Foto.«
    »Es gehört dir.«
    Sie sah das Bild von Michael an. Jetzt wirkte sie unsicher und mädchenhaft. »Wie alt ist er?« Am Ende hob sich ihre Stimme ein wenig.
    Ich war etwas betrunken, und ich lachte und sagte: »Er ist in dich verliebt, wenn es das ist, was du wissen willst.« Da war sie plötzlich wieder ganz tough. Sie packte meine Hand und brüllte: »Armdrücken!«, und nach zweiminütigem erbittertem Ringen (dem Himmel sei Dank für das Fitneßstudio), das nur abgebrochen wurde, weil ein paar betrunkene Techniker auf unseren Tisch zugetorkelt kamen, von denen einer auch noch einen Tisch umriß, fingen wir wieder an zu reden. »Unentschieden«, sagte sie, »aber du mußt bedenken: Ich bin jünger als du, und ich werd' immer noch stärker. So, jetzt erzählt mal von ... Michael.« Sie schwieg einen Moment, um noch mal drüber nachzudenken - über den Namen. »Ja. Erzähl mir von Michael.« Der Kellner brachte uns zwei Bier. Sie stieß so heftig mit mir an, daß ich dachte, meine Flasche würde zerspringen, und sagte: »Sag's mir noch mal, was empfindet Michael? Du weißt schon - für ... mich?«
    »Er ist in dich verliebt.«
    »Sag das noch mal. «
    »Er ist in dich verliebt. Verliebt. L-I-E-B-E. Liebe, er liebt dich. Er dreht durch, wenn du dich nicht mit ihm triffst.« Sie war so glücklich, wie ich es noch nie bei einem Menschen erlebt hatte. Es war ein gutes Gefühl, so etwas mit reinem Herzen sagen zu können. »Weiter«, sagte sie.
    »Es ist ihm egal, wer du bist. Er kennt bisher nur dein Innerstes. Er ist clever. Er ist nett, und er war mir immer ein guter Freund. Es gibt niemanden wie ihn auf der Welt, und er sagt, du bist das einzige, was ihn noch auf diesem Planeten hält.« Und dann erzählte ich ihr von unserer Windeln-mit-Spaghettiträgern-Phantasie. Sie warf sich in ihrem Stuhl zurück.
    »Scheiße, ich explodiere! Dan, ich sag dir eins: Ich bin verliebt, ich bin verliebt wie eine Atombombe, die gerade über dem industrialisierten Ontario detoniert, also: Welt, paß auf. « Mir wurde klar, daß Michael StrichCodes erste Liebe war, und mir wurde klar, daß ich hier etwas ganz Besonderes erlebte, als ob alle Blumen der Welt sich entschieden hätten, nur für mich zu blühen, nur dieses eine Mal, und ich sagte: »Naja, ich glaube, das beruht auf Gegenseitigkeit. Und wenn du dich jetzt vielleicht ein bißchen entspannen könntest, Amy, denn offen gesagt machst du mir eine Heidenangst, und ich glaube nicht, daß mein rechter

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