Microsoft Word - Christian Jacq - RAMSES3 - Die Schlacht von Kadesch.rtf
König keinen kostbaren Augenblick verlor! Sein Schirmträger hatte Mühe, ihm bei diesem Wirbel zu folgen.
Ramses rief Acha, Setaou und die Generäle zusammen.
«Gleich morgen», verkündete er, indem er auf der auf einem niedrigen Tisch ausgebreiteten Karte einen Weg mit dem Finger nachzeichnete, «gleich morgen werden wir im Eilmarsch geradewegs nach Norden ziehen. Wir halten uns westlich von Jerusalem, ziehen entlang der Küste, nehmen mit unserer ersten Festung Verbindung auf und unterwerfen die Aufständischen in Kanaan. Bevor wir dann weiter vorstoßen, machen wir Rast in Megiddo.»
Die Generäle nickten zustimmend, aber Acha schwieg.
Setaou ging nach draußen, betrachtete den Himmel und kam zu Ramses zurück.
«Was ist los?»
«Dieser Wind gefällt mir nicht. Er ist trügerisch.»
VIERZEHN
VOLLER ZUVERSICHT UND guten Mutes, die Zügel ein wenig gelockert, zog das Heer in Kanaan ein, ein Land, das dem Pharao untergeben und tributpflichtig war.
Niemand hatte den Eindruck, in fremdes Land vorzustoßen und einer Gefahr ausgesetzt zu sein. Hatte Ramses nicht doch den räumlich begrenzten Zwist viel zu ernst genommen?
Würden sie dieser Entfaltung ägyptischer Streitmacht erst einmal ansichtig, dürften die Aufständischen in Windeseile die Waffen niederlegen und den König um Vergebung anflehen. Und dann würde auch dieser Feldzug zum Glück ohne Tote oder Schwerverletzte enden.
Entlang der Küste war den Soldaten allerdings ein kleines zerstörtes Bollwerk aufgefallen, das für gewöhnlich mit drei Männern besetzt war, die die Wanderung der Herden zu überwachen hatten, doch Besorgnis hatte das bei niemandem ausgelöst.
Setaou blickte weiterhin düster drein. Trotz glühender Sonne ohne Kopfbedeckung, lenkte er seinen Wagen selbst und wechselte nicht einmal ein Wort mit Lotos, auf die die Fußtruppen, die das Glück hatten, in der Nähe des Wagens der schönen Nubierin zu marschieren, bewundernde Blicke warfen.
Der von See wehende Wind machte die Hitze erträglicher, der Weg war nicht allzu hart für die Füße, und die Wasserträger spendeten den Soldaten recht häufig das erquickende Naß. Soldat zu sein erforderte zwar eine gute körperliche Verfassung und eine ausgeprägte Lust zu Fußmärschen, aber mit der Hölle, die die Schreiber schilderten, die ja ohnehin alle anderen Berufe schnell abwerteten, hatte dies hier nichts gemein.
Zur Rechten seines Herrn lief der Löwe. Niemand wagte sich ihm zu nähern aus Furcht vor seinen reißenden Krallen, doch jeder war froh über die Anwesenheit der Wildkatze mit der ungebärdigen Kraft, die allein der Pharao in Schach zu halten vermochte. Da Serramanna nicht da war, konnte niemand Ramses besser schützen als der Löwe.
Jetzt geriet die erste Festung im Lande Kanaan in Sicht.
Ein beeindruckendes Bauwerk mit seinen zweifach gewölbten Ziegelmauern, die zwölf Ellen hoch emporragten, mit trutziger Brustwehr und Wehrgängen, überragt von Spähertürmchen und Zinnen.
«Wer befehligt diese Garnison?» fragte Ramses Acha.
«Ein erfahrener Mann aus Jericho. Er wurde in Ägypten erzogen, für den Kommandantenposten ausgebildet und, nachdem er mehrere Inspektionsreisen durch Palästina durchführte, auf diesen Posten berufen. Ich kenne ihn: ein zuverlässiger und gewissenhafter Mann.»
«Von ihm stammte doch die Mehrzahl der Botschaften, die uns von einem Aufstand in Kanaan berichteten, nicht wahr?»
«Das ist richtig, Majestät. In dieser Festung laufen alle in der Gegend eingeholten Nachrichten zusammen, ein Posten von entscheidender strategischer Bedeutung.»
«Würde dieser Festungskommandant einen guten Gouverneur für Kanaan abgeben?»
«Davon bin ich überzeugt.»
«In Zukunft müssen solche Unruhen vermieden werden. Diese Provinz muß besser verwaltet werden. Wir dürfen ihr keinen Anlaß zum Treubruch bieten.»
«Da gibt’s nur eine Möglichkeit», meinte Acha, «den Einfluß der Hethiter auszuschalten.»
«Genau das habe ich vor.»
Ein Aufklärer galoppierte bis zum Eingang der Festung. Von den Zinnen herab winkte ihm ein Bogenschütze freundschaftlich zu.
Der Aufklärer machte kehrt. Ein Fähnrich gab den Männern an der Spitze das Zeichen zum Vormarsch. Sie waren müde, und der Sinn stand ihnen nur noch nach Trinken, Essen und Schlafen.
Ein Hagel von Pfeilen nagelte sie fest.
Dutzende von Bogenschützen waren auf dem Wehrgang aufgetaucht und schössen ohne Unterlaß auf die schutzlosen lebenden Zielscheiben in unmittelbarer Nähe.
Weitere Kostenlose Bücher