Microsoft Word - Christian Jacq - RAMSES3 - Die Schlacht von Kadesch.rtf
beunruhigend gewesen wäre», fuhr Ramses fort, «so hätte er mich davon in Kenntnis gesetzt.»
«Und hat Ameni ihn nicht festgenommen, um gerade das zu verhindern?» gab Acha zu bedenken.
«Unwahrscheinlich», entschied Setaou. «Wir reden ins Leere. Sobald wir wieder in Pi-Ramses sind, werden wir der Sache nachgehen.»
«Der Weg der Weisheit», befand Acha.
«Dieser Wind gefällt mir nicht», sagte Setaou, «das ist nicht der Wind, den wir aus normalen Sommern kennen. Er bringt Krankheit und Zerstörung, als sollte das Jahr verfrüht enden. Sei wachsam, Ramses, dieses trügerische Wehen verheißt nichts Gutes.»
«Die Schnelligkeit unseres Handelns ist unser Erfolgsgeheimnis. Kein Wind wird unseren Vormarsch aufhalten.»
Die entlang der Nordostgrenze Ägyptens verlaufenden Festungen der Königsmauer verständigten sich mit Lichtsignalen und sandten regelmäßig ihre Berichte an den Königshof. In friedlichen Zeiten hatten sie den Auftrag, die Einwanderung zu überwachen. Nun waren sie alle in Alarmbereitschaft, auf allen Wehrgängen hoch oben suchten Späher den Horizont ab und hielten sich Bogenschützen bereit. Sesostris I. hatte einst diesen großen Schutzwall errichten lassen, damit die Beduinen nicht das Vieh im Delta raubten und jeder Überfall von außen abgewehrt werden konnte.
«Wer diese Grenze überschreitet, wird zu einem der Söhne des Pharaos», bezeugte eine Gesetzesstele in jeder dieser Festungen, die sorgfältig instand gehalten wurden und mit gut bewaffneten Soldaten besetzt waren. Soldaten und Zöllner arbeiteten Hand in Hand, denn wenn Händler Waren nach Ägypten einführen wollten, hatten sie Zoll zu entrichten.
Die im Laufe der Zeiten immer wieder verstärkte Königsmauer verlieh der Bevölkerung Ägyptens ein Gefühl von Sicherheit. Diese Verteidigungslinie hatte sich bewährt, und so fürchtete das Land weder einen Überraschungsangriff noch eine Flut von Barbaren, angelockt von den ertragreichen Ländereien im Delta.
Seelenruhig rückte das Heer vor. Auch Altgediente glaubten schon fast an eine dieser Inspektionsreisen, die jeder Pharao von Zeit zu Zeit unternehmen mußte, um seine Streitmacht vorzuführen.
Als sie auf den Zinnen der ersten Festung schußbereite Bogenschützen gewahrten, war ihre Zuversicht schon nicht mehr ganz so groß.
Doch das mächtige Doppeltor ging auf, um Ramses einzulassen. Kaum kam sein Wagen in der Mitte des großen sandbestreuten Hofes zum Halt, stürzte ein beleibter Mann, begleitet von einem Diener mit Sonnenschirm, auf den Herrscher zu:
«Ruhm gebührt dir, Majestät! Deine Anwesenheit ist ein Geschenk der Götter.»
Acha hatte Ramses haarklein Bericht erstattet über diesen Oberbefehlshaber der Königsmauer. Er war ein wohlhabender Grundbesitzer, in Memphis als Schreiber ausgebildet, ein großer Esser, Vater von vier Kindern, haßte alles Militärische und wartete nur darauf, von diesem begehrten, aber langweiligen Amt entbunden und als hoher Beamter in Pi-Ramses zum Oberaufseher der Kasernen ernannt zu werden. Niemals hatte der Oberbefehlshaber der Königsmauer eine Waffe geführt, und Gewalt war ihm zuwider. Aber seine Abrechnungen waren stets tadellos.
Der König stieg vom Wagen und tätschelte erst einmal seine beiden Pferde, die es ihm mit einem freundschaftlichen Blick dankten.
«Ich habe ein Festmahl vorbereiten lassen, Majestät. An nichts wird es dir hier fehlen. Dein Schlafraum wird zwar nicht so bequem sein wie im Palast, aber ich hoffe doch, daß er dir gefällt und du dich ausruhen wirst.»
«Ich bin nicht gekommen, um mich auszuruhen, sondern um einen Aufstand niederzuschlagen.»
«Gewiß, Majestät, gewiß! Das wird nur ein paar Tage in Anspruch nehmen.»
«Woher diese Gewißheit?»
«Die Berichte aus unseren Festungen in Kanaan sind nicht besorgniserregend. Die Aufständischen sind unfähig, sich zu sammeln, sie reiben sich gegenseitig auf.»
«Wurden unsere Stellungen angegriffen?»
«Keineswegs, Majestät! Hier der letzte Bericht, den eine Brieftaube heute morgen überbrachte.»
Ramses las das Schriftstück, das mit ruhiger Hand geschrieben war. In der Tat, Kanaan wieder zur Vernunft zu bringen schien eine leichte Aufgabe zu werden.
«Man pflege meine Pferde mit größter Sorgfalt», befahl der Herrscher.
«Sie werden ihren Aufenthalt bei uns und ihr Futter zu schätzen wissen», versprach der Befehlshaber.
«Wo hast du die Landkarten?»
«Ich zeige sie dir sogleich, Majestät.»
Wie er rennen mußte, damit der
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