Microsoft Word - Christian Jacq - RAMSES3 - Die Schlacht von Kadesch.rtf
Kriegsgefangene nach Ägypten mitnehmen und als Mägde auf die großen Güter geben. Sie würden einen anderen Namen bekommen und in die ägyptische Gesellschaft eingegliedert.
Der alte General war betroffen.
«Ich glaubte schon alles zu kennen, aber die da sind ja verrückt!»
Zwei Syrerinnen hievten ein Kohlebecken über den oberen Rand der Mauer und kippten den Inhalt auf die hochkletternden Fußsoldaten. Doch die glühenden Kohlen streiften sie nur, da sie sich an die Sprossen ihrer Leitern preßten. Die Pfeile der Schützen schössen den Frauen in die Augen, und sie stürzten ins Leere. Die nachfolgenden mit weiteren Kohlebecken ereilte das gleiche Schicksal. Ein junges Mädchen, in heller Aufregung, steckte Kohlebrocken in ihre Schleuder, wirbelte sie mehrmals herum und schleuderte sie dann weit von sich.
Eines dieser Wurfgeschosse traf den alten General am Bein. Er brach zusammen, preßte die Hand auf die Brandwunde.
«Nimm die Hand weg», empfahl Setaou. «Halt still und laß mich machen.»
Der Schlangenkundige hob seinen Schurz und urinierte auf die Brandwunde. Der General wußte genausogut wie er, daß Urin - zum Unterschied von Brunnen- oder Flußwasser - ein keimfreies Mittel ist, um eine Wunde zu reinigen, ohne daß sie sich entzündet. Träger brachten den Verwundeten dann ins Feldlazarett.
Die Fußsoldaten erreichten den Wehrgang, den niemand mehr verteidigte.
Kurz danach ging das große Tor zur Festung Megiddo auf.
Im Inneren kauerten nur noch ein paar verschreckte Frauen mit Kindern.
«Die Syrer wollten uns wohl zurückdrängen, indem sie alle Kräfte in eine Schlacht außerhalb der Festung warfen», stellte Acha fest.
«Das hätte ja auch gelingen können», erwiderte Ramses.
«Aber sie kannten dich nicht.»
«Wer darf sich rühmen, mich zu kennen, mein Freund?»
Ein Dutzend Soldaten hatten sich darangemacht, die Schätze der Festung zu plündern: Alabastergeschirr und Silberfigürchen.
Ein Knurren des Löwen ließ sie auseinanderstieben.
«Nehmt diese Männer fest», befahl Ramses, «jetzt werden die Wohnräume gereinigt und ausgeräuchert.»
Der König ernannte einen Kommandanten, der sich Offiziere und Mannschaften aussuchen sollte, die mit ihm in der Festung verbleiben würden. Die Vorratskammern bargen noch Lebensmittel für mehrere Wochen, und es waren ja auch schon Männer ausgeschwärmt, um nach Wild und Viehherden zu suchen.
Ramses, Acha und der neue Kommandant regelten als erstes das wirtschaftliche Leben der Region, denn die Bauern, die nicht mehr gewußt hatten, wer ihr Herr war, hatten die Feldarbeit eingestellt. Doch nach nicht einmal einer Woche empfanden sie die Anwesenheit der Ägypter wieder als Gewähr für Sicherheit und Frieden.
In geringer Entfernung von Megiddo, etwas weiter nördlich, ließ der König mehrere Bollwerke errichten, in die je vier Späher und Pferde einzogen. Drohte ein hethitischer Angriff, blieb der Garnison Zeit, sich zu verschanzen.
Ramses stand hoch oben auf dem Turm und betrachtete diese Landschaft, die ihm so gar nicht behagte. Er sehnte sich nach dem heimatlichen Nil, den Palmengärten, dem grünenden Land und der Wüste. Zu dieser friedvollen Stunde zelebrierte Nefertari die Abendriten. Wie sehr sie ihm fehlte!
Acha unterbrach das Sinnen des Königs.
«Ich habe auf deinen Wunsch hin mit den Offizieren und auch mit den Mannschaften gesprochen.»
«Und wie ist die Stimmung?»
«Sie haben volles Vertrauen zu dir, hegen aber den sehnlichsten Wunsch heimzukehren.»
«Gefällt dir Syrien, Acha?»
«Es ist ein gefährliches Land, voller Fallstricke. Um es wirklich zu kennen, bedarf es langer Aufenthalte.»
«Sieht das Land der Hethiter ähnlich aus?»
«Es ist noch wilder und noch rauher. Im Winter fegt ein eisiger Wind über die Hochebenen.»
«Glaubst du, es könnte mich betören?»
«Du bist Ägypter, Ramses. Kein anderes Land wird in deinem Herzen Platz finden.»
«Die Provinz Amurru ist ganz nah.»
«Der Feind auch.»
«Glaubst du, daß das hethitische Heer in Amurru eingefallen ist?»
«Wir haben keine verläßlichen Auskünfte.»
«Deine Meinung?»
«Vermutlich erwarten sie uns dort.»
NEUNZEHN
ZWISCHEN DEN KÜSTENSTÄDTEN Tyros und Byblos erstreckte sich entlang dem Meer die Provinz Amurru, östlich des Berges Hermon und der Handelsstadt Damaskus. Sie war das letzte ägyptische Schutzgebiet vor der Grenze zum hethitischen Einflußbereich.
Schier unzählige Tagesmärsche von Ägypten entfernt, setzten die Soldaten
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