Microsoft Word - Christian Jacq - RAMSES3 - Die Schlacht von Kadesch.rtf
Reiter absitzen und die Wagenlenker die Zügel übergeben, während die Fußtruppen, von Spähern eingerahmt und beschützt, sich ausruhten.
«Die Aufklärer sind schon recht lange fort», gab Acha zu bedenken.
«Das finde ich auch», erwiderte Ramses. «Was macht deine Verletzung?»
«Sie ist geheilt. Dieser Setaou ist ein wahrer Zauberkünstler.»
«Was hältst du von dieser Gegend?»
«Ich mag sie nicht. Vor uns haben wir zwar freie Bahn, aber überall sind Sümpfe, und dann wieder Eichenwälder, Büsche, hohes Gras. Unsere Truppen sind nicht dicht genug beisammen.»
«Die Aufklärer kommen nicht mehr zurück», erklärte Ramses. «Entweder wurden sie niedergemacht oder gefangen genommen und in die Festung verschleppt.»
«Das würde bedeuten, daß Megiddo dem Feind in die Hände gefallen ist und nicht die Absicht hat, sich zu ergeben.»
«Dieses Bollwerk hat eine Schlüsselstellung im südlichen Syrien», sagte Ramses.
«Selbst wenn Hethiter sich darin verschanzt haben, ist es unsere Pflicht, es zurückzuerobern.»
«Das bedeutet auch keine Kriegserklärung», befand Acha, «sondern wäre nur die Rückeroberung eines Gebietes, das zu unserem Einflußbereich gehört. Folglich können wir jederzeit angreifen, ohne Vorwarnung. Rechtlich gesehen, bleiben wir damit im Rahmen der Niederschlagung eines Aufstands, die etwas ganz anderes ist als der Zusammenstoß zweier Staaten.»
Die Nachbarländer müßten diese Wertung des jungen Diplomaten als scharfsinnig anerkennen.
«Sag den Generälen, sie sollen den Sturmangriff vorbereiten.»
Acha blieb nicht einmal mehr die Zeit, sein Pferd am Zaum zurückzureißen. Aus dichtem Gehölz zur Linken des Königs schoß in gestrecktem Galopp eine Reiterhorde auf die ruhenden ägyptischen Wagenlenker zu. Mit kurzen Lanzen durchbohrten sie eine ganze Reihe von Männern und schnitten etlichen Pferden die Sprunggelenke oder gar die Kehle durch. Die Überlebenden verteidigten sich mit Speeren und Schwertern.
Einige konnten noch auf ihre Kampfwagen springen und die Stellungen der Fußtruppen erreichen, die hinter ihren Schilden Schutz suchten.
Dieser unerwartete und heftige Überfall schien von Erfolg gekrönt. Am Kopfband, das ihr dichtes Haar umspannte, an ihrem spitzen Kinnbart, an ihrem knöchellangen, fransigen Umhang, an ihrem farbigen Gürtel mit der Schärpe waren die Angreifer mühelos als Syrer zu erkennen.
Ramses verhielt sich merkwürdig ruhig. Acha sorgte sich.
«Sie werden unsere Reihen sprengen!»
«Sie berauschen sich zu Unrecht an ihrer Glanzleistung.»
Der Vorstoß der Syrer kam zum Stillstand. Die ägyptischen Fußsoldaten zwangen sie zum Rückzug, und dort standen die Bogenschützen, die ihnen zum Verhängnis wurden.
Der Löwe knurrte.
«Uns droht eine ganz andere Gefahr», sagte Ramses. «Jetzt wird sich der Ausgang dieser Schlacht entscheiden.»
Zu Hunderten stürzten Syrer aus dem Wald hervor, bewaffnet mit kurzstieligen Äxten. Sie hatten nur ein kurzes Stück zu laufen, um den ägyptischen Bogenschützen in den Rücken zu fallen.
«Vorwärts!» rief der König seinen Pferden zu.
Der Klang der Stimme ihres Herrn feuerte die beiden Schlachtrösser an, nun ihre ganze Kraft zu entfalten. Der Löwe sprang auf, Acha und etwa fünfzig Streitwagen hefteten sich ihm an die Fersen.
Es kam zu einem wüsten Gemetzel. Mit seinen Pranken zerfetzte das wilde Tier Kopf und Brustkorb derer, die so verwegen waren, Ramses’ Streitwagen anzugreifen, während der König selbst - Pfeil um Pfeil - Herz, Kehle und Stirn durchbohrte. Die Wagen überrollten die Verwundeten, und die zur Verstärkung herbeigeeilten Fußsoldaten schlugen die restlichen Syrer in die Flucht.
Da entdeckte Ramses einen merkwürdig anmutenden Krieger, der auf das Wäldchen zulief.
«Pack ihn!» befahl er dem Löwen.
Schlächter beseitigte noch zwei Nachzügler und stürzte sich dann auf den Mann, der zu Boden ging. Obgleich er sich bemüht hatte, seine Kraft zu zähmen, hatte der Löwe seinen Gefangenen tödlich verletzt: sein Rücken war zerfetzt. Ramses betrachtete den Mann: langes Haar und ein schlecht gestutzter Bart. Sein langes, rot und schwarz gestreiftes Gewand war in Fetzen.
«Laßt Setaou holen», befahl der Pharao.
Die Kämpfe versiegten. Die Syrer waren bis zum letzten Mann aufgerieben und hatten der ägyptischen Armee nur geringe Verluste zugefügt.
Atemlos langte Setaou bei Ramses an.
«Rette mir diesen Mann da», verlangte der König. «Das ist kein Syrer, sondern
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