Microsoft Word - Christian Jacq - RAMSES3 - Die Schlacht von Kadesch.rtf
Gewiß, wir haben die Garnisonen unserer kanaanäischen Festungen neu gefügt und Truppen zurückgelassen in der Provinz Amurru, die einem brutalen Racheakt des Feindes als erste ausgesetzt ist. Aber wir müssen unsere Bemühungen zur Verteidigung all unserer Schutzgebiete aufeinander abstimmen, damit es nicht zu einer neuen Belagerung kommt. Diese Aufgabe übertrage ich Acha. Von nun an wird die Sicherheit Ägyptens zum Großteil auf seinen Schultern ruhen.»
Acha verneigte sich, und Ramses legte ihm drei goldene Ketten um den Hals. Damit erhob er den jungen Gesandten in den Rang eines «Großen» Ägyptens.
Groll war allen Generälen gemeinsam: einem unerfahrenen Würdenträger kommt eine so heikle Aufgabe nicht zu! Da hatte der König einen schweren Fehler begangen!
Daß er so wenig Vertrauen in die militärischen Ränge bewies, war unverzeihlich!
Chenar verlor zwar seinen zweiten Mann im Amt für die Beziehungen zu den Fremdländern, gewann aber einen mit weitreichenden Befugnissen ausgestatteten wertvollen Verbündeten. Indem er seinen Freund auf diesen Posten berief, steuerte Ramses seinem Untergang entgegen. Der vielsagende Blick, den Acha ihm zuwarf, war für Chenar der schönste Augenblick der ganzen Festlichkeit.
In Begleitung seines Hundes und seines Löwen, die sich königlich freuten, wieder beisammenzusein und miteinander zu spielen, hatte Ramses den Tempel verlassen und seinen Wagen bestiegen, um ein Versprechen einzulösen.
Homer saß unter seinem Zitronenbaum und entsteinte Datteln, für die Hektor, die schwarzweiße Katze, die ausschließlich frisches Fleisch fraß, nur mißbilligende Blicke übrig hatte.
«Tut mir leid, daß ich bei den Feierlichkeiten nicht anwesend war, Majestät. Meine alten Beine sind schwach geworden, ich kann nicht mehr stundenlang stehen. Aber ich bin glücklich, dich wohlbehalten wiederzusehen.»
«Spendierst du mir jetzt dieses Bier aus Dattelsaft, das du selber zubereitet hast?»
Im Abendfrieden kosteten die beiden Männer das schmackhafte Gebräu.
«Du verhilfst mir zu einem seltenen Vergnügen, Homer: einen Augenblick lang glauben zu dürfen, daß ich ein Mann bin wie jeder andere, fähig, ein bißchen Ruhe zu genießen, ohne an das Morgen zu denken. Bist du mit deiner Ilias weitergekommen?»
«Wie meine Erinnerung ist auch sie durchsetzt mit Bildern des Todes, von Leichen, von entschwundenen Freundschaften und göttlichen Fügungen. Aber haben die Menschen eine andere Bestimmung als ihren eigenen Wahn?»
«Der große Krieg, den mein Volk so fürchtet, konnte vermieden werden. Ägyptens Schutzgebiete haben sich uns wieder unterstellt, und ich hoffe, einen unüberwindbaren Wall zwischen uns und den Hethitern errichten zu können.»
«Das bezeugt viel Weisheit bei einem jungen und von einem so heftigen Feuer beseelten Herrscher! Sollten sich in dir etwa Priamos’ Vorsicht und Achills Tapferkeit wundersam verbunden haben?»
«Ich bin überzeugt, daß mein Sieg den Hethitern schwer im Magen liegt. Dieser Friede ist nur ein Aufschub… Morgen wird sich bei Kadesch das Schicksal der Welt entscheiden.»
«Warum kündet ein so milder Abend bereits vom Morgen? Die Götter sind wirklich grausam.»
«Wirst du mein Gast sein beim Festmahl heute nacht?»
«Wenn ich früh heimgehen darf. In meinem Alter ist Schlaf die höchste Tugend.»
«Hat dir schon mal geträumt, daß es den Krieg gar nicht gibt?»
«Ziel meiner Ilias ist, ihn in so schrecklichen Farben zu schildern, daß die Menschen vor ihrer Zerstörungswut zurückschrecken. Aber werden Generäle auf die Stimme eines Dichters hören?»
DREIUNDZWANZIG
TUJAS GROSSE MANDELFÖRMIGE Augen, die so streng und bohrend blicken konnten, waren voller Zärtlichkeit, als sie Ramses ansah. Erhaben und betörend schön in dem vollendet geschnittenen Leinenkleid mit Gürtel, dessen gestreifte Zipfel fast bis auf die Knöchel herabfielen, betrachtete sie den Pharao unablässig.
«Hast du wirklich keine Verletzungen erlitten?»
«Glaubst du, ich könnte sie vor dir verbergen? Du siehst prachtvoll aus!»
«Die Falten sind tiefer geworden auf Stirn und Hals, auch die besten Schminkkünstlerinnen können keine Wunder bewirken.»
«Du strahlst immer noch Jugend aus.»
«Die Kraft von Sethos, wer weiß… Die Jugend ist ein fremdes Land, das nur du bewohnst. Aber warum der Wehmut Raum geben an einem so freudigen Tag? Sei unbesorgt, ich werde beim Festbankett meinen Platz behaupten.»
Der König schloß seine Mutter in
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