Microsoft Word - Green, Simon R.-Todtsteltzers Ende
ständig durchs Labor
und kommen mir in die Quere. Belästigen mich, obgleich ich Besseres zu tun habe.« Er musterte eine
ganze Weile lang starr eine Stelle, wo nichts war,
und hatte den Kopf dabei auf die Seite gelegt. »Derzeit verhalten sie sich ruhig. Ich denke, dass Ihr ihnen Angst macht. Ich bin ziemlich sicher, dass einige
von ihnen zu Personen gehören, mit denen ich von
Haden zurückgekehrt bin. Erinnert Ihr Euch?«
»Die Besatzung der Jäger und die Wissenschaftler von Haden«, sagte Finn. »Die Leute, die Ihr
vergiftet und in den Wahnsinn getrieben habt.«
»Ich kann nichts dafür, dass sie für die Wunder,
mit denen ich sie speiste, nicht stark genug waren!
Ich hätte Supermenschen aus ihnen gemacht, wären
sie mir nicht alle weggestorben. Die Leute sind heutzutage einfach nicht mehr robust. Ich persönlich gebe
einer verspäteten Stubenreinheit die Schuld daran.
Ihr denkt doch nicht, dass ihre Geister mir die Schuld
an ihrem Tod geben, oder? Wie ausgesprochen unfair! Aber Ihr seid gekommen, um Anne zu sehen,
nicht wahr? Kommt und seht, kommt und seht! Ich
habe seit Eurem letzten Besuch solch wunderbare
Fortschritte gemacht. Ihr werdet das alte Mädchen
gar nicht mehr wiedererkennen.«
»Das sollte lieber zutreffen, Euretwegen«, sagte
Finn, aber Dr. Glücklich war bereits davongewankt
und schlenderte durch das Labor. Er nahm dabei
Kurs auf das Wohnquartier an der Rückwand, wurde
aber immer wieder von diversen chemischen Destillationsvorgängen und Lektronendisplays abgelenkt.
Er versetzte dem Genspleißer im Vorbeigehen einen
ermutigenden Klaps und gab Finn mit gebieterischem Wink zu verstehen, er möge ihm folgen. Finn
seufzte und ging ihm nach. Die Grenze zwischen
Genie und Wahnsinn war schon zu den besten Zeiten
dünn genug, und tot zu sein half wahrscheinlich nicht
gerade. Er folgte Dr. Glücklich auf dessen unstetem
Weg und blieb gelegentlich stehen, wenn der gute
Doktor es auch tat und mit Leuten redete, die gar
nicht da waren. Vermutlich wieder welche von seinen Gespenstern. Finn hielt angestrengt Ausschau
nach ihnen, erblickte aber nichts. Dabei verabscheute
er es, wenn er etwas nicht mitbekam. Auf einmal
wirbelte Dr. Glücklich zu ihm herum.
»Das ist jetzt aber interessant! Dieser verdammte
Geist behauptet, es wäre Eurer, zurückgekehrt aus
der Zukunft, aus der Zeit nach Eurem Tod. Ich würde
ihn wahrscheinlich besser verstehen, wenn er den
Kopf nicht unterm Arm trüge.«
Finn machte sich eine gedankliche Notiz, Dr. Glücklich so viel Arbeit zu entlocken, wie nur möglich war,
solange der Kerl überhaupt noch funktionierte. »Wie
kommt Ihr mit Eurer neuen Version des TodtsteltzerAufwindes klar?«, fragte er laut und deutlich.
»Okay, okay! Kein Grund zu schreien! Ich bin tot,
nicht taub. Die Ohren sind immer noch dran, seht
Ihr? Und dem Aufwind geht es gut, danke. Ich habe
schon einen funktionsfähigen Prototyp produziert
und ihn Anne gegeben.«
»Was habt Ihr?«, fragte Finn scharf. »Ich hatte
Euch angewiesen, ihn erst an mir zu testen!«
Dr. Glücklich musterte ihn aus den eingesunkenen
Augen und zuckte nervös mit den steifen Fingern.
»Ich hatte einfach nicht genug Zeit, nicht genug Zeit!
Anne brauchte den Aufwind, falls sie am Stück bleiben wollte. Ihr dürft nicht vergessen, dass der größte
Teil meiner Maßnahmen an ihr extrem experimenteller Natur war. Niemand sonst hätte sie so lange am
Leben gehalten wie ich. Ich habe alte Hadenmanntech benutzt, Wampyrtech und sogar ein paar neue
Optionen, die mir in der Zeit beim Labyrinth eingefallen sind. Nach den entsetzlichen Verletzungen, die
sie erlitten hatte, blieb mir nichts anderes übrig, als
sie in einen Kyborg zu verwandeln.« Er brach ab und
überlegte. »Ich muss zugeben, dass ich nicht immer
weiß, wie oder auch nur warum manches davon
funktioniert, aber schließlich lernt man durch Praxis.
Immerhin helfen Techimplantate, Wundertränke und
meine liebevolle Fürsorge auch nur begrenzt. Oft liegen genau die Dinge, die sie am Leben halten, in ihrem armen misshandelten Körper miteinander im
Streit. Der Aufwind müsste den entscheidenden Unterschied ausmachen. Ich setze allergrößte Hoffnungen in ihn. Kommt und seht, kommt und seht!«
Er wankte weiter, und Finn folgte ihm zur Rückwand des Labors. Das Wohnquartier war vom Rest
des Labors durch eine schlichte Tür aus massivem
Stahl getrennt. Sie blieb ständig verschlossen, und
das diente nicht weniger dem Zweck, Anne
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