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Microsoft Word - Green, Simon R.-Todtsteltzers Ende

Microsoft Word - Green, Simon R.-Todtsteltzers Ende

Titel: Microsoft Word - Green, Simon R.-Todtsteltzers Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Todtsteltzers Ende
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drinnen
festzuhalten, als jedem anderen den Zutritt zu verwehren. Dr. Glücklich sprach seinen Namen für das
Stimmschloss aus, und die Tür öffnete sich langsam.
Dahinter wurde ein recht behaglicher Raum sichtbar,
der alle Annehmlichkeiten außer Fenstern bot. Anne
stand wieder vor dem mannsgroßen Spiegel und betrachtete sich. Betrachtete ihr neues Selbst - oder das,
was man im Namen des Überlebens damit angestellt
hatte. Finn hatte ihr angeboten, den Spiegel zu entfernen, weil er sie nur verrückt machte, aber Anne
verwüstete daraufhin den Raum aus Protest und
schlug dabei sogar Beulen in die Stahltür, sodass
Finn das Thema nie wieder zur Sprache brachte.
Anne stand unbeholfen da. Sie lernte in ihrer neuen, veränderten Gestalt erst noch zu gehen und sich
elegant zu bewegen. Sie trug keine Kleidung, damit
sie sich selbst deutlicher sah. Techimplantate wölbten sich rüde aus ihrer rosa Haut und erzeugten
scharfe Kanten und Bögen. Ein Arm war länger als
der andere, und das Stromaggregat im Rücken ließ
sie leicht bucklig erscheinen. Der Körper beulte sich
an den falschen Stellen aus, damit alles Platz fand,
was gebraucht wurde. Lange Grate aus Narbengewebe zogen sich kreuz und quer über die Haut wie
die Karte eines neuen Weges in die Hölle. Anne bewegte sich ruckhaft und ohne Eleganz, und sie zerbrach häufig ganz unabsichtlich Dinge mit den Händen. Manchmal machte sie auch aus Wut und Frustration etwas kaputt. Das Haar war vom Stress grau
geworden, und das Gesicht wirkte abgezehrt und
müde. Die Augen zeigten den goldenen Glanz, wie er
für Hadenmänner typisch war, und wenn sie redete,
ertönte die Stimme als raues, schmerzhaftes Summen. Sie wandte den Blick nicht vom Spiegelbild, als
Finn eintrat, aber als sie sich zu Wort meldete, galt es
ihm.
»Ich war nur so kurze Zeit schön. Ich wünschte,
ich hätte es mehr genossen. Wenigstens passt das
Äußere jetzt zum Inneren.«
»Ihr habt wieder zu viel nachgedacht, nicht
wahr?«, fragte Finn. »Was habe ich Euch empfohlen? Ihr habt Euch nichts vorzuwerfen. Außerdem
liegt Schönheit im Auge des Betrachters.«
Anne probierte so etwas wie ein Lächeln. »Man
braucht schon ein Monster, um ein anderes Monster
würdigen zu können. Ich trage etwas Neues in mir,
nicht wahr?«
»Ja«, sagte Finn. »Eine Variante des alten Todtsteltzer-Aufwinds. Er wird Euch stärker, schneller
und hoffentlich auch ein bisschen stabiler machen.«
Anne drehte sich mit unbeholfener Plötzlichkeit zu
ihm um. »Ja. Ich spüre es wie Blitze in meinen
Adern. Ich fühle mich ... stark. Ich könnte inzwischen wahrscheinlich Eure dumme Tür einschlagen,
falls ich wollte. Aber wohin sollte ich dann gehen?
Ich schlafe nicht mehr, wisst Ihr? Ich brauche es
nicht mehr. Ist im Grunde auch okay so. Ich hatte
schlimme Träume.«
»Ihr seid am Leben«, sagte Finn. »Ich hatte Euch
ja versprochen, ich würde Euch nicht sterben lassen.«
»Mein Aufwind stellt tatsächlich sogar eine Verbesserung des Originals dar«, erklärte Dr. Glücklich,
der im Kreis um Anne herumschwankte und mit den
steifen Fingern über die Techvorsprünge ihres Körpers strich. »Mein Aufwind läuft ständig und stockt
niemals. Ihr werdet niemals auf die Vorzüge verzichten müssen, die er Euch verleiht. Meine Liebe, Ihr
seid praktisch übermenschlich! Natürlich weist mein
Aufwind die beklagenswerte Tendenz auf, den Wirtskörper auszubrennen — daher auch diese neue Röte
der Haut - aber die diversen Techimplantate müssten
das ausbalancieren.«
»Wie lange wird sie durchhalten?«, fragte Finn.
Dr. Glücklich zuckte ruckartig die Achseln. »Wie
viel Zeit hat irgendjemand von uns? Sie hält jedenfalls länger als ich durch. Und auch als Ihr, falls man
diesem Gespenst von eben glauben darf.«
»Warum habt Ihr das alles getan?«, wollte Anne
wissen und starrte Finn mit ihren goldenen Hadenmannaugen an. »Warum ist es so wichtig, dass ich
am Leben bleibe?«
»Um zu beweisen, dass nicht mal Monster ständig
Monster sind«, antwortete Finn.
»Ich vermisse James«, sagte Anne. »Ich möchte
James hierhaben. Stellt einen neuen für mich her!«
Finn runzelte die Stirn. »Ich denke, die Leute würden es diesmal bemerken, dass er ein Klon ist.«
»Nicht für sie. Erschafft einen neuen James für
mich.«
»Ich sehe mal, was ich tun kann«, log Finn. Er war
klug genug, um zu wissen, dass Anne einen Grund
brauchte, um weiterzuleben, aber er war auch egoistisch genug, um selbst dieser

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