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Microsoft Word - Pelzer, Dave - Der verlorene Sohn.doc

Microsoft Word - Pelzer, Dave - Der verlorene Sohn.doc

Titel: Microsoft Word - Pelzer, Dave - Der verlorene Sohn.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: jojox
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Versuchen, mich Larry zu entwinden, erschöpft war, hatte ich das Gefühl, dass ich dabei war, Larry langsam, aber sicher niederzuringen. »Nie und nimmer! Du bist nicht mein Onkel! Und jetzt mach, dass du wegkommst! «
    Larry lachte, als er sich zur Seite rollen ließ. Ohne nachzudenken, lachte ich auch. Er klopfte mir auf die Schulter. »Alles klar, Bürschchen?« Ich nickte. »Eins muss ich dir schon lassen, Zwerg: Du hast 'ne Menge Mut. Du gibst niemals auf«, sagte er, immer noch keuchend. »Und doch biste der verrückteste Hurensohn
    ... «
    Plötzlich sprang ich auf und schubste Larry. mit aller Kraft zu Boden. Ich fuchtelte mit dem Finger vor seiner Nase herum, und er schien von meinen Aktionen regelrecht benommen zu sein. »Ich bin nicht verrückt! Und sag das nie wieder zu mir, hörst du, nie wieder! «, schrie ich, in Tränen ausbrechend.
    Ich hörte Mrs. Catanze unten die Haustür schließen.
    Ich fixierte Larry mit meinen Augen, solange ich den Mut dazu hatte, ehe ich mich in mein Zimmer verkroch.
    »Was ist denn hier los?«, fragte Lilian verärgert.
    »Schlagt ihr beiden euch etwa schon wieder? Ich muss schon sagen, meine Geduld mit euch beiden ist ziemlich am Ende! «

    »Mrs. C, ich bin nicht schuld, sondern der Zwerg«, sagte Larry leise. »Der ist nicht ganz richtig im Kopf. Ich sag's ja, der ist übergeschnappt und reif für die Klapse.

    113

    Mensch, ich hab doch nur Spaß gemacht, und er ist gleich auf mich los. «
    Ich wandte mich von der Tür ab und weinte.
    Ich wusste nicht, warum ich so dumm war. Ich hatte mir doch alle Mühe gegeben zu verstehen, was die anderen Pflegekinder sagten, um daraus zu lernen -
    und vor allem, um in der Gruppe der Älteren akzeptiert zu werden. Ich wollte doch so gerne beliebt sein! Aber ich verstand immer noch nicht, was los war. Vielleicht bin ich ja wirklich ein Dummkopf, sagte ich mir.
    Vielleicht bin ich ja wirklich verrückt.
    Als ich ein sanftes Klopfen an der Tür hörte, drehte ich mich um. Schnell wischte ich mir die Nase mit dem Hemdsärmel ab, ehe ich die Tür öffnete. »Kann ich reinkommen?«, fragte Mrs. Catanze mit einem strahlenden Lächeln. Ich nickte zustimmend.
    »Larry und du, ihr seid also wieder aneinander geraten?«, fragte sie.
    Ich nickte erneut, aber langsamer.
    »Nun, was sollen wir denn deiner Meinung nach jetzt tun? «
    Ich schloss meine Augen, während mir die Tränen die Wangen hinabrollten. »Ich weiß einfach selbst nicht, warum ich mich so mies fühle«, sagte ich weinend.
    Mrs. Catanze nahm mich in ihre Arme. »Da mach dir mal keine Sorgen. Das ist was, da müssen wir einfach durch. «
    Ein paar Tage später fuhren mich Rudy und Lilian in eine Arztpraxis. Rudy wartete im blauen Chrysler, während Lilian mit mir zur Rezeption ging. Gemeinsam warteten wir einige Minuten, bis eine etwas ältere Frau Lilian in ein anderes Zimmer führte. Nach ein paar Minuten war Lilian wieder da. Sie kniete sich vor mir hin und sagte, ich würde gleich zu einem besonderen Arzt 114

    gehen, der dafür sorgen werde, dass ich mich »da oben« wieder besser fühlen würde. Und während sie das sagte, zeigte sie auf meinen Kopf.
    Ein paar Augenblicke später folgte ich derselben Dame, die zuvor Lilian eskortiert hatte. Sie öffnete eine große Tür und winkte mit der Hand, als wolle sie mir bedeuten einzutreten. So vorsichtig, wie ich konnte, betrat ich den Raum. Die Dame schloss hinter mir die Tür. Ganz allein stand ich in dem dunklen Raum. Ich suchte nach einem offenen Fenster, aber mir war klar, dass die Jalousien heruntergelassen waren. Es herrschte eine gespenstische Atmosphäre. Ich blieb mehrere Sekunden lang in der Mitte des Raumes stehen, bis mir ein Mann, den ich beim Hereinkommen nicht gesehen hatte, sagte, ich solle mich doch setzen.
    Ich zuckte zusammen, als ich die Stimme dieses Fremden hörte. Der Mann knipste die Lampe an seinem Schreibtisch an. »Na, komm schon, setz dich; nimm bitte Platz!« Ich gehorchte und setzte mich in einen übergroßen Sessel. Da saß ich nun, starrte den Mann an und wartete darauf, dass er etwas sagte -
    irgendetwas. »Bin ich hier wirklich im richtigen Zimmer, in der richtigen Praxis?«, dachte ich. »Und ist das der Arzt? Der kann doch bestimmt kein Psychiater sein!«
    Aus Sekunden wurden Minuten. Obwohl ich es versuchte, konnte ich die Gesichtsumrisse dieses Mannes kaum erkennen. Er rieb sich die Hände, während er mich anscheinend genau beobachtete. Unruhig wanderten meine Augen hin und her. An den

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