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Microsoft Word - Pelzer, Dave - Der verlorene Sohn.doc

Microsoft Word - Pelzer, Dave - Der verlorene Sohn.doc

Titel: Microsoft Word - Pelzer, Dave - Der verlorene Sohn.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: jojox
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Wänden des Zimmers standen mit Büchern gefüllte Regale.

    Als mich der Mann hinter seinem Schreibtisch weiterhin nur anstarrte, begann ich, nervös mit meinen 115

    Händen zu spielen. Ich konnte es einfach nicht länger aushalten. »Entschuldigen Sie, Sir, sind Sie der Psychiater? Wollen Sie, dass ich mich da auf die Couch lege, oder soll ich lieber hier sitzen?«, fragte ich mit brüchiger Stimme.
    Ich spürte, wie meine Worte zu ihm hin schwebten, während ich auf irgendeine Reaktion von seiner Seite wartete. Er faltete seine Hände. »Warum hast du mir diese Frage gestellt?«, fragte der Mann mit tonloser Stimme.
    Ich beugte den Kopf vor, damit ich ihn besser verstehen konnte. »Wie bitte, Sir? «
    Der Mann räusperte sich. »Ich sagte, warum hast du mir diese Frage gestellt?« Dabei betonte er jedes einzelne Wort.
    Ich hatte das Gefühl, auf 25 Zentimeter Größe zusammengeschrumpft zu sein. Und ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Es dauerte eine kleine Ewigkeit, ehe ich antwortete: »Weiß ich nicht.«
    Abrupt nahm der Mann einen Bleistift und begann, etwas auf ein Stück Papier zu kritzeln. Einen Augenblick
    später war der Stift schon wieder verschwunden. Er lächelte. Ich lächelte zurück. Ich wusste, dass meine letzte Antwort nicht sehr intelligent gewesen war, also versuchte ich, mir etwas Clevereres auszudenken. Ich wollte, dass der Mann mich gern hatte. Ich wollte nicht, dass er dachte, ich sei ein Vollidiot. Also nickte ich selbstbewusst mit dem Kopf. »Bisschen dunkel hier drin, meinen Sie nicht auch?«
    »Wirklich?« Der Arzt begann sofort wieder hektisch zu schreiben. Ich merkte, dass dieser Mann - der Arzt, 116

    wie ich meinte - was immer ich sagte, schriftlich festhielt.
    »Und warum hast du mir nun diese Frage gestellt?«, fragte der Arzt.
    Ich dachte sehr sorgfältig nach, bevor ich antwortete.
    »Weil ... weil's so dunkel ist«, sagte ich auf der Suche nach Bestätigung.
    »Und du hast Angst vor der Dunkelheit, nicht wahr?«, sagte der Arzt, als müsse er sich die Antwort selbst suchen.
    Verrückt, sagte ich mir, der glaubt wirklich, dass ich verrückt bin. Ich wand mich in meinem Sessel, weil ich nicht wusste, was ich antworten sollte. Ich begann mir die Hände zu reiben und wünschte, Mrs. Catanze würde hereinstürzen und mich wieder mitnehmen.
    Es folgte eine lange Stille. Ich hatte das Gefühl, es sei wohl besser für mich, mein Grab nicht noch tiefer zu schaufeln. Ich beobachtete die Bewegungen meiner Finger. Der Arzt räusperte sich. »Du bist also der Daniel?«
    »David, Sir. Ich heiße David«, sagte ich stolz und streckte dabei den Kopf nach vorn. Wenigstens meinen Namen kannte ich.
    »Und du lebst in einer Pflegefamilie, stimmt das?«
    »Ja ... Sir«, antwortete ich langsam, während ich dar-
    über nachdachte, worauf er mit seinen Fragen wohl hinaus wollte. »Sag mir, warum das so ist«, bat der Arzt.
    Er faltete die Hände hinter seinem Kopf zusammen und sah zur Decke auf.
    Ich war mir nicht sicher, was die Frage sollte. »Wie bitte, Sir?«, fragte ich. Meine Stimme klang hohl.
    Der Arzt neigte seinen Kopf zu mir hin. »David, Junge, sag mir doch, warum lebst du in einer Pflegefamilie?« Seine Stimme klang irritiert.

    117

    Die Frage des Arztes traf mich wie ein Schlag ins Gesicht. Ich war total verunsichert. Ich wollte ihn nicht verärgern, aber ich kam mit seiner Fragetechnik einfach nicht zurecht. »Ich ... äh ... ich weiß es nicht, Sir.«
    Er nahm seinen Bleistift auf und klopfte mit dem Radiergummi daran auf seinen Schreibtisch. »Willst du damit sagen, dass du keine Ahnung hast, warum du in einer Pflegefamilie lebst? Willst mir das wirklich weis-machen?«, fragte er und machte sich weitere Notizen.
    Ich schloss die Augen und versuchte, mir eine Antwort auszudenken. Die richtigen Worte wollten mir einfach nicht einfallen. Stattdessen beugte ich mich weit nach vorn, zum Schreibtisch des Arztes hin. »Was schreiben Sie denn da, Sir?«
    Der Arzt legte schnell den Arm auf den Schreibtisch und bedeckte seine Notizen. Ich wusste, dass ich ihn verärgert hatte. Ich saß steif im hinteren Bereich meines Sessels, während er mich mit seinen Augen fixierte. »Ich sollte dir vielleicht mal die Grundregeln erklären. Hier stelle ich die Fragen. Ich bin der Psychiater. Und du«, sagte er, mit dem Bleistift auf mich zeigend, »bist der Patient. Also, ist das zwischen uns beiden jetzt klar?« Er nickte mit dem Kopf, als wolle er mich zur Zustimmung auffordern.
    Er lächelte, als

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