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Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron

Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron

Titel: Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Feist
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nicht daheim war. Bienen sollten schwarzgelb gestreift sein, nicht leuchtendrot. Adler sollten keine gelben Streifen an ihren Schwingen haben und Habichte kein Purpur aufweisen. Diese Wesen hier waren keine Bienen, Adler oder Habichte, aber die Ähnlichkeit war dennoch verblüffend. Pug fand es leichter, die fremden Wesen von Kelewan zu akzeptieren als diese hier. Die sechsbeinige Needra, das gezähmte Lasttier, das aussah wie eine Art Rind mit zwei zusätzlichen Stummelbeinen, oder das Cho-Ja, das insektenähnliche Wesen, das den Tsuranis diente und ihre Sprache sprechen konnte. An diese hatte er sich inzwischen gewöhnt. Aber jedesmal, wenn er aus dem Augenwinkel eine Kreatur erblickte und sich umdrehte, in der Erwartung, etwas aus Midkemia zu finden, und es dann doch nicht der Fall war – dann packte ihn die Verzweiflung.
    Lauries Stimme riß ihn aus seinen Träumen. »Der Aufseher kommt.«
    Pug fluchte. Wenn der Aufseher sich schmutzig machen mußte, weil er durchs Wasser watete, dann würde er in verdammt schlechter Laune sein – und das konnte Schläge bedeuten, oder eine Reduzierung des ohnehin schon spärlichen Essens. Er würde schon wütend sein, weil es eine Verzögerung im Schlagen gab. Eine Familie von Wühltieren, biberähnlichen, sechsbeinigen Kreaturen, hatte es sich in den Wurzeln der großen Bäume gemütlich gemacht. Sie knabberten die zarten Wurzeln an, und die Folge davon war, daß die Bäume krank wurden und starben. Das süße, weiche Holz wurde erst sauer, dann wäßrig, und nach einer Weile brach der Baum von innen heraus zusammen. Man hatte schon mehrere Gänge der Wühltiere vergiftet, aber der Schaden war bereits angerichtet worden.
    Eine rauhe Stimme, die lautstark fluchte, während ihr Inhaber durch den Sümpf planschte, verkündete die Ankunft des Aufsehers Nogamu. Er war selbst ein Sklave, hatte aber den höchsten Rang inne, den ein Unfreier erlangen konnte. Und wenngleich er nicht hoffen durfte, jemals frei zu werden, so hatte er doch viele Privilegien und konnte Soldaten oder freie Männer herumkommandieren, die unter seinen Befehl gestellt worden waren. Ein junger Soldat ging hinter ihm her. Sem Gesicht zeigte nachsichtige Belustigung. Er war wie ein freier Tsurani glattrasiert, und als er zu Pug emporschaute, konnte der Sklave ihn gut sehen. Er hatte die hohen Wangenknochen und nahezu schwarzen Augen, die so viele Tsuranis besaßen. Seine dunklen Augen entdeckten Pug, und er schien leicht zu nicken. Seine blaue Rüstung war Pug unbekannt.
    Aber bei der merkwürdigen militärischen Organisation der Tsuranis war das nicht verwunderlich.
    Jede Familie, Domäne, Kreisstadt, Stadt und Provinz schien ihre eigene Armee zu haben. Es war Pug unbegreiflich, wie sie innerhalb des Kaiserreiches alle zueinander standen.
    Der Aufseher stand am Fuß des Baumes. Seine kurze Robe hielt er über dem Wasser hoch. Er brummte wie der Bär, dem er ähnlich sah, und rief zu Pug hinauf: »Was höre ich da von einem weiteren verfaulten Baum?«
    Pug sprach die Sprache der Tsuranis besser als jeder andere Midkemianer im Lager, denn er war mit Ausnahme von ein paar alten Tsurani-Sklaven länger hier als alle anderen. Jetzt rief er hinab: »Er riecht faulig. Wir sollten einen anderen bestimmen und diesen stehen lassen, Sklavenmeister.«
    Der Aufseher schüttelte die Faust. »Ihr seid alle bloß zu faul. Mit dem Baum ist alles in Ordnung. Du willst bloß nicht arbeiten. Jetzt schlag ihn!«
    Pug seufzte. Es hatte keinen Sinn, mit dem Bären zu streiten, wie alle Midkemianer Nogamu nannten. Er war offensichtlich wütend über irgend etwas, und die Sklaven würden dafür bezahlen müssen. Pug fing an, den oberen Teil abzuhacken, und bald darauf fiel er zu Boden. Der faulige Geruch war stark, und hastig löste Pug seine Seile. Gerade als er das letzte Stück um seine Taille wickelte, hörte er direkt vor sich ein splitterndes Geräusch. »Er stürzt!« rief er den Sklaven zu, die unten im Wasser standen. Ohne zu zögern, hasteten sie alle davon. Der Schrei ›Er fällt!‹ wurde niemals ignoriert.
    Der Stamm des Baumes teilte sich jetzt genau in der Mitte, da die Spitze fehlte. Wenn das auch nicht üblich war, so konnte ein Baum doch unter seinem eigenen Gewicht zusammenbrechen, wenn das Mark seine Kraft verloren hatte. Jedes kleinste Löchlein in der Rinde konnte das dann auslösen.
    Die Äste zerrten dann die Hälften auseinander. Wäre Pug noch an den Stamm gebunden gewesen, dann hätten ihn die Seile in zwei

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