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Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron

Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron

Titel: Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Feist
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Chogana sagte:
    »In dir befindet sich eine Kraft. Sie ist in dir gefangen. Was es ist, was es bedeutet, das weiß ich nicht zu sagen.«
    Da Pug die merkwürdige Einstellung der Tsuranis Magiern gegenüber kannte, wurde er von plötzlicher Panik bei dem Gedanken ergriffen, jemand könnte seine ehemalige Berufung erkannt haben. Für die meisten hier im Lager war er einfach irgendein Sklave, für einige wenige auch ein ehemaliger Junker.
    Chogana fuhr mit geschlossenen Augen fort. »Ich habe von dir geträumt, Pug. Ich sah dich auf einem Turm stehen, einem schrecklichen Feind gegenüber.« Er öffnete die Augen. »Ich weiß nicht, was der Traum bedeutet, aber eines mußt du wissen: Ehe du diesen Turm besteigst, um deinem Feind gegenüberzutreten, mußt du dein Wallum finden. Es ist dies der geheime Mittelpunkt deines Seins, der Ort des vollkommenen Friedens in dir selbst. Wenn du erst einmal dort ruhst, so bist du vor allem sicher. Dein Fleisch mag leiden, sogar sterben, aber innerhalb deines Wallums wirst du alles in Frieden ertragen. Suche mit allen Mitteln danach, Pug, denn nur wenige Männer finden ihr Wallum.«
    Chogana stand auf. »Ihr werdet bald abreisen. Komm, wir müssen Laurie wecken.«
    Als sie zum Eingang der Hütte gingen, fragte ihn Pug: »Ich danke dir, Chogana. Aber eines möchte ich doch wissen: Du hast von einem Feind dort oben auf dem Turm gesprochen. Kannst du ihn beschreiben?«
    Chogana lachte und ließ seinen Kopf auf und nieder wippen. »Aber ja, ich habe ihn gesehen.« Er kicherte, während er die Stufen zur Hütte erklomm. »Er ist der Feind, den du unter allen Menschen am meisten zu fürchten hast.« Aus schmalen Augen musterte er Pug. »Er war du.«

     
    Pug und Laurie saßen auf den Stufen zum Tempel. Sechs Wachtposten der Tsuranis befanden sich in ihrer Nähe. Während der ganzen Reise hatten sich die Wachen ziemlich zivilisiert verhalten.
    Die Reise war ermüdend, um nicht zu sagen schwierig gewesen. Da es keine Pferde gab und auch nichts, was sie hätte ersetzen können, war jeder Tsurani, der nicht in einem Needra-Karren fuhr, auf Schusters Rappen angewiesen. Die Vornehmen wurden von keuchenden, schwitzenden Sklaven auf Sänften die weiten Boulevards hinauf- und hinuntergetragen.
    Pug und Laurie hatten die kurzen, einfachen, grauen Röcke der Sklaven erhalten. Ihr Lendenschurz, der im Sumpf angebracht gewesen war, galt als zu unschicklich, um sich damit zwischen Tsurani-Bürgern zu bewegen. Pug schloß daraus, daß die Tsuranis Wert auf Sittsamkeit legten, wenn auch nicht so sehr wie im Königreich.
    Sie waren die Küstenstraße heraufgekommen und an dem großen Wasser entlanggegangen, das man die Schlachtenbucht nannte. Wenn es wirklich eine Bucht war, dann war sie größer als alles, was man in Midkemia so nannte, denn nicht einmal von den hohen Klippen aus konnte man das jenseitige Ufer sehen. Nachdem sie ein paar Tage lang unterwegs gewesen waren, hatten sie bebautes Acker- und Weideland erreicht. Bald darauf konnte Pug sehen, wie das jenseitige Ufer immer näher kam. Noch ein paar Tage auf der Straße, und sie hatten die Stadt Jamar erreicht.
    Pug und Laurie beobachteten den vorbeiziehenden Verkehr, während Hokanu im Tempel sein Opfer darbrachte. Die Tsuranis schienen ganz wild auf Farben zu sein. Selbst der niedrigste Arbeiter kleidete sich hier in ein leuchtendbuntes, kurzes Gewand. Die Reichen dagegen hüllten sich in auffallende, kunstvoll bedruckte Stoffe. Nur Sklaven mußten sich einfach kleiden.
    Überall in der Stadt drängten sich die Menschen: Bauern, Händler, Reisende. Unzählige Needras trotteten vorüber. Sie zogen hoch beladene Wagen. Allein die Anzahl von Menschen überwältigte Pug und Laurie. Ihnen erschienen die Tsuranis wie Ameisen, die selbst in dieser ungewöhnlichen Hitze einherhasteten, so als könnte das Handelswesen des Kaiserreichs seinen Bürgern in ihrer Bequemlichkeit nicht Genüge tun. Viele, die vorüberkamen, blieben stehen, um die Midkemianer anzustarren, die ihnen wie gigantische Barbaren erschienen. Sie selbst waren im Durchschnitt etwa fünfeinhalb Fuß groß, und selbst Pug galt hier als riesig, denn er maß fast sechs Fuß, nachdem er jetzt ausgewachsen war. Ihrerseits wiederum nannten die Midkemianer die Tsuranis ›Knirpse‹.
    Pug und Laurie schauten sich um. Sie warteten dort im Zentrum der Stadt, wo sich die großen Tempel befanden. Zehn Pyramiden von unterschiedlicher Größe, aber alle kunstvoll bearbeitet, standen inmitten einer

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