Midkemia Saga 05 - Gefährten des Blutes
Borric blickte einen Augenblick über die Schulter und sah, wie der Isalani den Deckel eines flachen Glases aufmachte.
»Was …?« setzte er an, dann mußte er den Preis für diesen Moment der Unaufmerksamkeit bezahlen, denn einer der Männer hätte ihm beinahe den linken Arm abgeschlagen. Er duckte sich und konterte mit einem Hieb, und der zweite Angreifer war außer Gefecht gesetzt.
Nakor schüttete ein kleines Häuflein weißes Pulver in seine linke Hand, dann setzte er den Deckel wieder auf das Glas. Er kniete sich vor dem Schloß hin und blies das Pulver darauf. Anstatt sich zu verteilen, verließ das Pulver seine Hand in einer dünnen Linie, die genau ins Schlüsselloch zog. Als das Puder im Schloß war, konnte man es deutlich klicken hören. Nakor stand mit einem zufriedenen Lächeln auf, steckte das Glas ein und öffnete die Tür. »Wir können gehen«, verkündete er leise.
Augenblicklich schob sich Ghuda durch die Tür und folgte dem Isalani, während Borric die Diebe noch mit ein paar heftigen Hieben zurücktrieb, damit auch Suli durch die Tür konnte. Dann war auch Borric hindurch, und Ghuda warf die Tür zu. Nakor nahm einen großen Stuhl, und drückte ihn unter den Türgriff, um die Tür für einen Moment zu verbarrikadieren.
Borric drehte sich um und wurde sich plötzlich zweier Dinge bewußt: Das erste war ein nacktes Mädchen, das ihn aus Augen ansah, die älter waren als der Rest der jungen Frau. Sie saß vor einer weiteren, offenstehenden Tür und erwartete offensichtlich von irgend jemandem einen Befehl. Das zweite war der süße Geruch, der in der Luft hing, unverkennbar, wenn man ihn auch nur ein einziges Mal gerochen hatte. Es war Opium, gemischt mit anderen Düften wie Haschisch und süßriechenden Ölen. Sie waren durch die Hintertür in ein Freudenhaus eingedrungen.
Wie Borric erwartet hatte, tauchten kurz nach ihrem Eindringen drei riesige Kerle auf – die Wächter dieses Hauses –, und jeder hatte einen Knüppel in der Hand und Messer und ein Schwert im Gürtel.
»Was geht hier vor?« schrie der erste, der vor Erwartung auf ein bißchen Blutvergießen große Augen bekommen hatte. Borric war sofort überzeugt, egal was dieser Mann sagen würde, er würde auf jeden Fall Blut sehen wollen.
Borric drängte sich an Ghuda vorbei und drückte die Dolchspitze des Söldners nach unten, womit er ihm deutlich zu verstehen gab, er solle keinen Ärger anfangen. Mit einem Blick über die Schulter sagte Borric: »Die Stadtwache! Sie versuchen, die Tür aufzubrechen.«
Er glitt an dem ersten Mann vorbei, gerade als es den Dieben draußen gelang, die Tür einen Spalt aufzuschieben.
»Diese habgierigen Halunken!« sagte der erste Kerl. »Wir haben für diesen Monat schon bezahlt.«
Borric gab dem Mann einen freundlichen Schubs zur Tür und meinte: »Diese schmierigen Schweine wollen eben noch mehr aus dir herauspressen.« Der zweite Wächter wollte Borric aufhalten, der Prinz ergriff allerdings einfach den Ellbogen des Mannes und drehte den Kerl zum ersten hin um. »Da draußen sind zehn Mann, und zwar bewaffnet! Sie behaupten, ihr hättet das Extrageld für den Geburtstag der Kaiserin nicht bezahlt.«
Jetzt kamen auch die ersten Kunden aus den geöffneten Türen und spähten in den Flur, um zu erfahren, was los war. Beim Anblick der bewaffneten Männer wurden einige Türen wieder zugeschlagen, dann kreischte ein Mädchen, und plötzlich herrschte wildes Durcheinander.
Der dritte Kerl sagte: »Wart mal, du« zu Borric und holte mit dem Knüppel aus.
Borric konnte gerade noch seinen linken Arm heben und den Schlag mit dem breiten Lederarmband abfangen, doch der Hieb betäubte seinen Arm bis zum Ellbogen. Da ihm nichts anderes einfiel, rief der Prinz aus Leibeskräften: »Überfall!«, und alle Türen im Gang wurden aufgerissen. Der dritte Kerl versuchte noch einmal, Borric zu schlagen, doch Ghuda versetzte ihm mit dem Heft eines Dolchs einen Hieb hinter das Ohr.
Borric stieß den dritten Schläger hart gegen einen fetten Händler, der mit seinen Kleidern in der Hand zu entkommen suchte. »Es ist der Vater des Mädchens! Er will dich umbringen, Mann!«
Der Händler riß vor Schreck die Augen weit auf und stürmte durch die Vordertür nach draußen, wobei er immer noch nackt war und seine Kleider zusammengeknäult im Arm hielt. Eine verschlafen aussehende Frau, die vielleicht in den Vierzigern sein mochte, fragte:
»Mein Vater?«
In diesem Moment schrie Suli so laut er konnte: »Die
Weitere Kostenlose Bücher