Midkemia Saga 05 - Gefährten des Blutes
wenn er etwas zu bestimmen gehabt hätte, dann hätte er Sulis Tod nicht zugelassen.
Ghuda sagte: »Wir können nicht länger verweilen. Hier liegen zwölf Leichen auf dem Boden. Sobald jemand hereinkommt, wird die Hölle los sein. Los jetzt!«
Borric erhob sich. Er wußte, er mußte seinen Bruder oder die Kaiserin innerhalb der nächsten paar Minuten finden. Die Feinde waren im Palast unterwegs, und er konnte niemandem trauen.
Sie eilten den Weg zurück, den sie gekommen waren, bis sie einen Gang mit Wachposten erreichten. Borric machte eine Bewegung mit dem Kopf und schlich sich leise an ihnen vorbei in einen anderen, dunklen Gang. Dann, als sie die Hälfte dieses Ganges hinter sich gebracht hatten, hörte er gedämpfte Stimmen. Wie ein Mann drückten sich Borric und Ghuda in eine Türnische, während zwei Männer an ihnen vorbeieilten.
Der wohlbeleibte Mann, den Borric gerade vor ein paar Minuten gesehen hatte, sagte: »Verdammt. Die Sache ist aufgeflogen. Awari sollte nicht so bald vom Tode seiner Schwester erfahren. Findet heraus, wer ihm die Nachricht geschickt hat, und tötet den Mann oder die Frau umgehend. Er war schon auf halbem Wege zu Aruthas angeblicher Armee, als er die Botschaft bekommen hat.«
Borric riß die Augen auf. Prinzessin Sojiana war tot! Vielleicht war deshalb im Palast der Teufel los, weil man einen Mörder suchte – und nicht, weil sich vier Unbekannte hier herumtrieben. Borric machte Ghuda ein Zeichen, er solle ihm folgen, und die beiden warteten einen Moment lang, ehe sie auf den kreuzenden Gang stürzten und die beiden Männer wieder hören konnten.
»Awari ist ein halsstarriger Dummkopf. Er wird heute noch in die Stadt zurückkommen und gleich ins Zimmer der Kaiserin marschieren und seinen Anspruch erheben, während sie noch außer sich vor Zorn und Trauer über Sojianas Tod sein wird, und dann bekommen wir es vielleicht mit einer Rebellion zu tun. Wir müssen ihn dazu bringen, die Armee in den Norden zu führen. Der Mann von den Inseln muß als der Schuldige erscheinen. Wo habt Ihr ihn untergebracht?«
Eine Stimme, die Borric bekannt war, erwiderte: »In einem Kornspeicher in der Nähe der Wohnungen der Diener in den unteren Ebenen«, sagte Toren Sie.
»Bringt ihn in eins der leerstehenden Gemächer der Dienerschaft, und dann laßt ihn von den Wachen finden. Der Hauptmann soll berichten, er sei angetroffen worden, hätte sich der Verhaftung widersetzt und sei dabei getötet worden. In der Galerie setzt das Gerücht in Umlauf, daß er getötet wurde, um zum Schweigen gebracht zu werden. Dann soll der Hauptmann, der ihn gefunden hat, auf geheimnisvolle Weise ums Leben kommen. Ich werde das Komplott in der Galerie öffentlich anprangern. Wenn wir die ersten sind, die einen Verdacht äußern, wird das die anderen von uns ablenken. Sollte erst jemand anfangen, dumme Fragen zu stellen, ist alles zu spät.«
»Aber werden die Inseln dann nicht von dem Verdacht befreit?«
»Nein«, entgegnete der wohlbeleibte Keshianer, »doch alle werden sich fragen, wer seine Finger im Spiel hatte und bis in welche Ränge hinauf die Verräter zu suchen sind. Jeder in der Galerie wird seine Rivalen verdächtigen, mit den Inseln gemeinsame Sache gemacht zu haben. Alles was ich brauche, sind zwei Tage voller Verwirrung und Unsicherheit. Ich muß die Gewißheit erlangen, daß diejenigen, die Sharana unterstützen, genauso stark sind wie die Fürsprecher von Awari.«
Die beiden Männer erreichten die Tür des Zimmers, das Borric und Ghuda gerade erst verlassen hatten, gingen jedoch daran vorbei und steuerten auf eine Tür am Ende des Gangs zu. »Wo ist eigentlich Miya?« fragte der wohlbeleibte Mann, während er sich der Tür zuwandte und sie öffnen wollte. Dabei mußte er einen Blick auf die beiden Gestalten erhascht haben, die ihnen folgten, denn er rief: »Wer ist da?«
Borric trat aus dem Dunkel und ins Blickfeld der beiden Männer vor der Tür. Der dünnere sagte. »Ihr!!«
Borric lächelte grimmig, während er sein Schwert hob, und sagte: »Ghuda, ich habe die Ehre, dir Lord Toren Sie, den Gesandten Ihrer Majestät, der Kaiserin von Kesh, am Hofe des Prinzen von Krondor vorzustellen.«
Der zweite Mann wollte in das Zimmer stürzen, doch Ghuda schnitt ihm den Weg ab. »Und dieser hier«, fuhr Borric fort, »ist mir unbekannt, doch der Kleidung nach muß er ein Mitglied des kaiserlichen Hauses von Kesh sein.«
Toren Sie sagte: »Wenn ich schreie, wird innerhalb von Sekunden ein Dutzend
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