Midkemia Saga 06 - Des Königs Freibeuter
kommen?«
»Encosi?«
»Ich meine, hat der Oberherr eine Wache am Tor, oder müssen wir uns bei irgendeinem Beamten in der Stadt anmelden?«
Tuka lächelte. »Ihr solltet einen Ausrufer beauftragen, alle Eure großen Taten zu verkünden, damit Euch gute und lohnende Aufträge angeboten werden, Encosi. Was den Oberherrn betrifft, interessiert es ihn wenig, was in der Stadt passiert, solange der Frieden nicht gestört wird.«
Ghuda sagte: »Ich bin schon an ähnlichen Orten gewesen.
Betrachtet es einfach als ein bewaffnetes Lager, dann liegt Ihr ganz richtig.«
Amos wandte ein: »Ehe wir uns über die Stadt Gedanken machen, haben wir noch ein anderes kleines Problem vor uns.«
Nicholas nickte. »Shingazis Anlegestelle.«
Marcus fragte: »Glaubst du, die Banditen in den Booten werden dort warten?«
»Wir müssen davon ausgehen, ansonsten könnte unsere Reise vorzeitig ein Ende finden.« Er fragte Amos: »Sind jetzt alle unsere Leute bewaffnet?«
»Nicht so gut, wie ich es mir wünschen würde. Wir haben ein halbes Dutzend Kurzbögen, und jeder Mann hat in irgendeiner Form ein Schwert. Doch wir haben keine Schilde, und die der Jeshandi sind sowieso nur aus Leder. Niemand hat einen Harnisch. Für eine Söldnertruppe sind wir somit ziemlich ärmlich ausgestattet.«
Nicholas sagte: »Aber wir haben einen Vorteil.«
»Und der wäre?« fragte Harry »Sie wissen nicht, daß wir kommen.«
Eine Stunde, nachdem Nicholas die Randschana besucht hatte, wollte eins ihrer Dienstmädchen den Wagen verlassen, doch die Wache hinderte sie daran. Das führte zu einer lautstarken Auseinandersetzung zwischen zwei der Mädchen und der Wache, und Nicholas mußte eingreifen. Er war am Ende seiner Geduld, schob die beiden Mädchen einfach wieder hinein und schloß die Tür.
Daraufhin ließ er sie versperren.
Beim Weggehen bemerkte er Brisa, und auf ihrem Gesicht zeigte sich ein Ausdruck, den man nur mit uneingeschränkter Befriedigung beschreiben konnte. Da er wußte, die Sache war noch nicht ausgestanden, stand ihm nicht der Sinn nach Brisas Selbstgefälligkeit. »Gib mir nur den kleinsten Grund, und ich sperre dich zu ihnen.«
Brisa zog ihren Dolch und prüfte mit großer Geste dessen Schärfe.
»Oh, bitte, Hauptmann, bitte.«
Nicholas winkte angewidert ab. Oben im Lager der Jeshandi ertönte ein Ruf, und plötzlich befand sich dort alles in Bewegung.
Amos kam zu Nicholas und meinte: »Sie brechen ihr Lager ab.«
Nicholas nickte. »Wir sollten uns besser auch aufmachen. Tuka meinte, wenn wir den ganzen Tag bis in die Dunkelheit fahren, würden wir diese Anlegestelle bei Sonnenuntergang erreichen.«
Amos strich sich übers Kinn. »Besprich das mit Ghuda, aber ich denke, es wäre vielleicht besser, wir würden es ruhiger angehen lassen und erst in der Dämmerung des folgenden Tages ankommen.«
Nicholas dachte nach. In der Morgendämmerung waren die gegnerischen Soldaten entweder noch am Schlafen, oder sie waren von einer langen, durchwachten Nacht müde und erschöpft. »Ich werde mit Ghuda darüber sprechen.«
Nur wenige Minuten, nachdem der Marschbefehl gegeben worden war, hatten die Jeshandi ihre Zelte abgebaut und zogen weiter.
Nicholas war beeindruckt. Denn ehe seine eigene kleine Karawane fertig war, waren die Jeshandi längst außer Sichtweite.
Am Fluß war die Hitze wesentlich erträglicher, doch dafür wurden sie von Stechmücken geplagt. Nicholas saß auf dem zweiten Wagen, dem der Randschana. Neben ihm saß Ghuda, der seine große Erfahrung als Wagenführer zeigte. Als die vier Wagen anrollten, hörte Nicholas von hinten die Beschwerden der Randschana. Gestern war das Mädchen noch in der Hand von Räubern gewesen, doch dieser Tatsache schien sie sehr gleichgültig gegenüberzustehen.
Nach wenigen Minuten erschrak Nicholas, als ihn etwas an der Schulter berührte. Fast wäre er vom Wagen gefallen. Es war eines der Mädchen. »Meine Herrin möchte sich über die Hitze beschweren.«
»Gut«, sagte Nicholas. Etwas an dieser Randschana verwirrte ihn.
Sie war fast so nervenraubend wie seine Schwester Elena, die für den kleinen Jungen eine richtiggehende Plage gewesen war. Doch selbst Elena hatte sich irgendwann in ein vernünftiges menschliches Wesen verwandelt, nachdem ihr Nicholas nicht mehr seine Dumme-Jungen-Streiche gespielt hatte.
Einen Augenblick später wurde die Beschwerde wiederholt.
Nicholas drehte sich um und entdeckte ein anderes Mädchen am Fenster. »Wenn deine Herrin mich persönlich
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