Midkemia Saga 06 - Des Königs Freibeuter
auf dem Schiff in der Kabine neben ihnen gewohnt hatte.
Die Mädchen waren vom Schiff auf ein großes Boot verfrachtet worden und von Männern in schwarzen Hemden und Hosen und roter Kopfbedeckung ans Ufer gerudert worden. Sie waren nicht, wie Margaret erwartet hatte, auf den Sklavenmarkt gebracht, sondern auf einen Wagen gesetzt und aus der Stadt zu einem großen, von einer Mauer umgebenen Anwesen gebracht worden. Dort hatte man sie in die Zimmer gesperrt, in denen sie sich jetzt aufhielten. Arjuna Svadjian fragte sie weiterhin aus. Margaret war mittlerweile überzeugt, daß hinter seinen zufälligen Fragen ein Muster steckte, doch sie konnte nicht herausfinden, welches. Vieles, was Arjuna wissen wollte, verschleierte nur, wonach er eigentlich fragte. Die geheimnisvolle Frau, die den Tod des Mädchens befohlen hatte, bekamen sie nicht wieder zu Gesicht. Einmal fragte Margaret Arjuna nach ihr, doch er gab ihr keine Antwort.
Sie hatte Abigail gebeten, ihr zu helfen, den Zweck der Fragen herauszubekommen, und das hatte das Mädchen ein wenig aus der tiefen Verzweiflung gerissen. Nun war sie wütend, und sie schien bereit, Margaret beim Fluchtversuch zu helfen; Margaret hatte darauf beharrt, so bald als möglich von hier zu verschwinden.
Die Tagesabläufe wurden vorhersehbar. Sie wurden alleingelassen, außer wenn Arjuna kam und sie verhörte. Beim Frühstück, Mittagessen und Abendbrot wurden sie von Dienern versorgt, die nicht mit ihnen sprachen. Und nachmittags durften sie ein paar Stunden im Garten unter einer dünnen Markise verbringen, die das grelle Sonnenlicht milderte.
Dann war alles anders geworden. An diesem Morgen waren statt Arjuna die beiden Kreaturen hereingekommen. Abigail hatte sich in die entfernteste Ecke verkrochen, während Margaret mit einem Stuhl zur Verteidigung bereit dastand. Die beiden Kreaturen hatten sich hingehockt, und jede hatte eines der Mädchen beobachtet.
Abigail war schließlich aus der Ecke herausgekommen und hatte sich auf das Bett gesetzt. Die eine der Kreaturen hatte sie eine Stunde lang angestarrt und daraufhin versucht, sie zu berühren.
Margaret sagte: »Hast du schon von so etwas gehört?«
»Nein«, sagte Abigail. »Sie müssen Dämonen sein.« Margaret betrachtete die Kreatur, die sie anstarrte. »Ich glaube nicht. An ihnen scheint nichts Magisches zu sein. Doch ihre Haut gleicht der von dieser Hand, die ich gesehen habe, als ich auf dem Schiff aus dem Fenster geschaut habe.«
Die Tür ging auf, und die Diener brachten das Frühstück. Den Mädchen war nicht nach Essen, doch sie wußten, wenn sie es nicht freiwillig hinunterbrachten, wurden sie gezwungen. Während sie aßen, schien das Interesse der beiden Kreaturen an ihnen zu wachsen, und sie kamen näher. Abigail vertrieb die eine, indem sie ihren Teller nach ihr warf, derweil Margaret die andere einfach nicht beachtete.
Nach dem Essen trat Arjuna ein, und ehe er noch ein Wort sagen konnte, schrie Margaret: »Was sind das für Kreaturen?«
Wie immer ganz ruhig sagte er: »Die? Sie sind harmlos. Es sind Gefährten für Euch.«
»Wir wollen sie hier nicht haben!« schrie Abigail. »Bringt sie fort.«
Doch Arjuna sagte nur: »Sie werden Euch nichts tun. Sie bleiben.« Er zog sich einen Stuhl heran und sagte: »Nun, was wißt Ihr über die Legende von Sethanon?«
Margaret betrachtete die Kreatur, die sie anstarrte, und einen Moment lang glaubte sie, in den toten Augen hätte es geflackert. Ihr lief ein Schauer den Rücken hinunter, und sie wandte sich ab.
Die Flußschiffe trieben träge den Fluß hinab. Nicholas saß vorn im ersten, einem schwerfälligen Ding mit hohen Wänden, dessen Mast abgebaut an der Seite lag, da sie die Strömung des Schlangenflusses nutzten. Zwei Männer paddelten halbherzig, damit sie etwas schneller als der Fluß waren und das Boot steuern konnten.
Seit einer Woche waren sie jetzt auf dem Wasser unterwegs, und bald würden sie die Stadt am Schlangenfluß erreichen.
Nicholas dachte über ihre Lage nach. Mit dem, was sie in Shingazis Keller gefunden hatten, allem voran den Schatz, war Nicholas’ Truppe, wie sie sich jetzt nannten, gut ausgerüstet und verhältnismäßig wohlhabend. Sie waren mit den Wagen zu dem Dorf gefahren, welches Praji erwähnt hatte, und dort hatten sie sich ausgeruht.
Zuerst waren die Dorfbewohner vor Schreck geflüchtet, da sie die Leute aus dem Königreich für Räuber gehalten hatten, doch Nicholas hatte einen Tag ruhig bei den Wagen gewartet, bis
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