Midkemia Saga 06 - Des Königs Freibeuter
der Mönche zurück, als diese ihren Platz in dem gewaltigen Saal einnahmen. Sie stellten sich so auf, daß Nakor genau neben zwei Wachen kam, die vor einer riesigen Marmorsäule standen. Er wandte sich um, lächelte einen Händler, der ihn beobachtete, freundlich an und bot ihm mit einer Geste seinen Platz an, damit er besser sehen könnte. Der Mann lächelte dankbar zurück, und trat an Nakors Stelle. Nakor hingegen stellte sich hinter die Säule, von wo er die Zeremonie beobachten wollte.
Von der gegenüberliegenden Seite des Saals aus kam eine Reihe Männer und Frauen herein und betrat ein hohes Podest. Der letzte Mann hatte eine beeindruckende Gestalt. Er war mindestens einen Meter neunzig groß und hatte kräftige Muskeln. Sein Gesicht war lang und wäre sehr ansehnlich gewesen, wenn es nicht diesen grausamen Zug um die Augen gehabt hätte, der selbst von Nakors entferntem Standpunkt zu erkennen war. Ohne Zweifel war er der Oberherr. Er trug ein einfaches purpurrotes Gewand, das bis zu den Knien reichte und viel von seinem kräftigen Körper freigab. Der Mann hob die behandschuhte Hand und pfiff. Von hoch oben aus dem Gewölbe des Saals ertönte eine ähnlich schrille Antwort, und mit hörbaren Flügelschlägen stieß ein Adler herunter. Nakor sah sich den schwarzen Vogel an; es war ein junger Goldadler. Obwohl er noch nicht ausgewachsen war, war der Vogel groß genug, daß ihn nur der stärkste Mann auf dem Arm halten konnte. Der Oberherr trug das Tier offensichtlich ohne Anstrengung.
Als nächstes traten zwei Frauen ein, die beide sehr offenherzig gekleidet waren. Die eine war blond und trug ein enges Oberteil aus Seide, welches mit Goldfäden und Rubinen gesäumt war. Sonst trug sie nur einen reinweißen Wickelrock, der durch eine Goldbrosche mit einem riesigen Rubin gehalten wurde. Ihr Haar hatte sie im Nacken mit einer goldenen Klammer zusammengesteckt. Sie hatte bleiche Haut und, wie Nakor annahm, blaue Augen. Nach allen Maßstäben war sie eine atemberaubend schöne Frau, nur Nakor war sie ein wenig zu jung. Sie stellte sich zu dem großen Mann, blieb jedoch einen Schritt hinter ihm zurück.
Die andere Frau war ähnlich schön, aber älter. Sie hatte schwarzes Haar, doch ihre Haut war beinahe so hell wie die der ersten. Sie trug eine rote Weste, die vorn teilweise offen war und viel von ihrem großen Busen freigab. Ihr Rock war ähnlich geschnitten wie der der anderen, doch schwarz, und die Brosche, die den Rock hielt, war mit einem Smaragd besetzt. Sie trat ebenfalls zu dem großen Mann, der nun die Kapuze seines Mantels zurückstrich. Er war kahlköpfig und trug einen goldenen Ring durch die Nase. Die Frau nahm den Arm des Mannes.
Ein Herold verkündete: »Versammelt euch und höret. O heilige Männer und Frauen. Unser gnädigster Oberherr braucht euren Beistand, denn es wird ein Fest geben. Er nimmt die Randschana von Kilbar zur Frau und möchte die Zeremonie während des kommenden Sommerendsfestes abhalten.«
Der Gesichtsausdruck der blonden jungen Frau zeigte, wie wenig ihr diese Ankündigung gefiel, doch sie blieb still hinter dem Oberherrn stehen.
Der Herold verkündete: »Es spricht die Lady Clovis.«
Alle Augen wandten sich der dunkelhaarigen Frau zu. »Mein Lord Dahakon bat mich, ihr alle solltet diese Verbindung segnen und die Feierlichkeiten so vorbereiten, wie es sich für eine solche Zeremonie ziemt.« Ein Mann, den Nakor für Dahakon hielt, stand bewegungslos neben ihr und schwieg.
Der Oberherr begann zu sprechen, und Nakor hörte aufmerksam zu. Langsam schlich sich der kleine Mann hinter der Reihe von Säulen, die die Galerie trugen, weiter nach vorn. Dort drückte er sich in den Schatten und schlich sich langsam bis zu dem Podest, von wo aus er besser sehen konnte.
Harry und Brisa betraten die Herberge. Sie drängten sich durch den gefüllten Raum, und Harry machte Nicholas ein Zeichen, er solle mit ihnen in eins der Zimmer kommen. Nicholas machte seinerseits den anderen ein Zeichen, sie sollten am Tisch warten, und folgte Harry in den Flur.
Sie gingen in das Zimmer von Nicholas, und Brisa flüsterte: »Wir haben herausgefunden, wohin sie die Gefangenen gebracht haben.«
»Und wohin?« fragte Nicholas leise.
Harry sagte: »Zu diesem Anwesen, das wir vom Fluß aus gesehen haben.«
»Seid ihr sicher?«
Harry grinste. »Brisa hat den größten Teil des Tages damit verbracht, aber schließlich haben wir einen aus der Bruderschaft der Zerlumpten gefunden
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