Midkemia Saga 06 - Des Königs Freibeuter
Lady Kal betritt.«
Nicholas’ Leute hatten sich inzwischen im Raum verteilt und zum Kampf bereit gemacht. Amos brüllte: »Wenn mir hier jetzt einer eine Dummheit anstellt, sind die meisten von uns tot, ehe irgendwer weiß, was zum Teufel hier eigentlich los ist!«
Der alte Mann blickte Nicholas an. »Seid Ihr sicher, daß nicht er der Hauptmann ist?«
Nicholas sagte: »Das ist der Kapitän meines Schiffes.«
Der alte Mann fragte: »Ein Schiff? Ihr habt ein Schiff?«
Nicholas beachtete die Frage nicht. »Also, wenn Ihr mir jetzt vielleicht sagen würdet, warum Ihr hier reinplatzt, meine Männer in Aufruhr versetzt und mich sprechen wollt?«
Der alte Mann schob die Klinge an seinem Hals langsam mit der behandschuhten Hand beiseite. »Ich wollte wissen, wer die Männer sind, die meine Söhne getötet haben.«
Nicholas betrachtete den Mann von oben bis unten; er war groß und hatte breite Schultern. Er trug das lange Haar wie ein Krieger als Zopf zusammengebunden und den Narben auf seinem Gesicht nach nicht aus Eitelkeit. Das Schwert an seinem Gürtel sah wohlgepflegt aus. »Großväterchen, ich habe noch nicht so viele Leute umgebracht, daß ich mich nicht an alle erinnern würde. Wer waren Eure Söhne, und warum denkt Ihr, ich wäre der Mann, der für ihren Tod verantwortlich ist?«
Der alte Mann sagte: »Ich bin Vaslaw Nacoyen, der Hauptmann der Löwenclans. Meine Söhne hießen Pytur und Anatol. Ich glaube, Ihr wißt über ihren Tod Bescheid, weil einer meiner Männer gesehen hat, wie Ihr in die Stadt kamt. Bei Euch war ein Mädchen aus Kilbar.«
Nicholas warf Ghuda und Amos einen Blick zu, dann steckte er sein Schwert ein. »Hier kann man nicht besonders gut reden«, sagte er. »Wir können uns draußen unterhalten«, sagte der alte Mann.
Nicholas machte Amos und Ghuda ein Zeichen, sie sollten ihn begleiten. Die beiden Männer erhoben sich. Als Nicholas die Tür erreichte, sagte er: »Niemand soll den Raum verlassen, bis wir wieder da sind.«
Vaslaw gab seinen Bogenschützen Befehl, niemanden durch die Tür zu lassen, und trat nach draußen. Dort wartete ein Dutzend Reiter, und hinter ihnen noch einmal ein Dutzend Krieger zu Fuß.
Nicholas sagte: »Sieht so aus, als wärt Ihr auf jede Antwort vorbereitet.«
Der alte Mann grunzte. In der Kälte konnte man seinen Atem vorm Gesicht sehen. Er machte Nicholas und den anderen ein Zeichen, sie sollten ihm folgen, und sie begaben sich in die Mitte der bewaffneten Truppe. »Hier kann uns niemand hören, der nicht von meinem Blut ist. Wißt Ihr etwas über meine Söhne?«
Nicholas sagte: »Wenn sie in einen sehr dummen Überfall bei Shingazis Anlegestelle verwickelt waren, ja, dann weiß ich etwas über sie.«
»Sind sie tot?«
»Wenn sie zu dieser Truppe gehörten, sind sie tot.«
»Habt Ihr sie getötet?«
Nicholas redete um den heißen Brei herum. »Ich glaube kaum. Wir haben einige Clanmänner getötet, die eine Wagenkarawane überfallen haben, doch wir haben nur die Zeichen von Wölfen und Bären gefunden.« Er verschwieg wohlwissend das Zeichen der Schlange. »Die anderen waren unerfahrene Söldner, die nicht einmal daran gedacht haben, eine Wache aufzustellen.« Nicholas erzählte ihm die ganze Geschichte.
Der alte Mann fragte: »Ihr seid nur zufällig vorbeigekommen?«
Nicholas wollte seine Herkunft nicht verraten. »Wir sind nur zufällig vorbeigekommen.«
Vaslaw war noch nicht zufrieden. »Warum sollte ich Euch glauben?«
»Weil Ihr keinen Grund habt, es nicht zu tun«, erwiderte Nicholas.
»Weshalb sollte ich diese Wagenkarawane überfallen?«
»Wegen des Goldes«, sagte der Mann unvermittelt.
Nicholas seufzte. Wenn man der Prinz von Krondor war, dachte man als letztes an Habgier. »Sagen wir mal, daß Gold ganz unten auf meiner Liste steht. Ich habe andere Sorgen.«
Amos sagte: »Seht, Ihr habt gehört, wie er sagte, ich sei der Kapitän seines Schiffes. Sein Vater besitzt eine ganze Flotte.«
»Wer ist Euer Vater?« fragte Vaslaw Ghuda antwortete: »Er herrscht in einer fernen Stadt. Der hier ist sein dritter Sohn.«
Der alte Mann nickte. »Ach, Ihr beweist Eure Männlichkeit im Krieg. Jetzt verstehe ich den Grund.«
»So in etwa«, sagte Nicholas. »Vielleicht solltet Ihr Euch die Frage stellen, wer vom Tod Eurer Söhne einen Vorteil hat.«
Der alte Mann sagte: »Niemand. Das ist das Verfluchte daran. Der Überfall war Teil eines Komplotts gegen den Oberherrn, das sich meine Söhne und einige Hitzköpfe der anderen Clans
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