Midleifcrisis
zurecht, sieht mir in die Augen und rügt: »Herr Andersson, so etwas darf man doch nicht unterschreiben, warum sind Sie nicht gleich zu uns gekommen, diese Vereinbarung ist wirklich sehr nachteilig für Sie, das müssen wir aufkündigen.«
Danach erklärt sie mir, dass Elke durchaus verpflichtet sei, sich wieder um einen Job zu bemühen, und dass ihr Verdienst gegen meinen gerechnet werden müsse. Ich sage, dass Elke sich von zehn Elefanten nicht zurück in die Bank schubsen lässt, so gut kenne ich sie nun doch. Doch dann erfahre ich, dass sich Elke in diesem Fall einen fiktiven Verdienst zurechnen lassen müsse, nach einem kurzen Intermezzo am Taschenrechner erscheinen der Anwältin jeweils rund 600 Euro Unterhalt für die Kinder sowie maximal 1000 Euro für Elke angemessen.
»Na, das ist ja ein Ding«, denke ich und beschließe: »Scheiß auf den grauhaarigen Chef, bei der Frau bin ich richtig!«
Die Erstberatung dauert statt der ausgemachten Stunde satte zweieinhalb, zwischendurch verschwindet Frau Anwältin mal für kleine Mädchen und ich starre ihr erstaunt auf den Arsch, der mir bisher entgangen ist. Nach ihrer Rückkehr frage ich doch nach ihrem Alter. Die Antwort, nämlich 30, löst zwiespältige Gefühle in mir aus. Wie alt sind Juristen nach Studium und zwei Examen? 28 Jahre? 29 Jahre? Ich lege mein Schicksal gerade in die Hände einer blutigen Anfängerin, andererseits lese ich in ihrem Gesicht ehrliche Anteilnahme, Verständnis und vielleicht sogar ein bisschen Mitleid, und wenn der Kleine sich im Moment nach irgendetwas sehnt, dann ist es das, da kann ihn auch keine Hornbrille schrecken. Zudem versichert sie mir eilig, dass sie – wann immer schwierige Fragen auftauchen sollten – jederzeit auf den Seniorpartner der Kanzlei zurückgreifen könne, der obendrein ihr Vater sei. Und wenn mir das lieber wäre, würde Papa auch die Gerichtsverhandlung führen. Mir scheint, ich bin einer ihrer ersten Klienten und sie will mich auf keinen Fall verlieren, ich nehme an, dass sie sich schon reinknien wird in meinen Fall. Also unterschreibe ich ihr Mandat und wir verabreden uns für übernächsten Montag, weil ich noch Unterlagen nachreichen muss. Ich verlasse die Kanzlei seltsam froh gestimmt, denn während mir Hannah zum Abschied freundlich die Hand reicht, komme ich mir ein bisschen weniger allein vor.
Irgendwie interessiert sie mich, meine junge Frau Anwältin, doch ich bin mit Mandy und Luisa ausgelastet, und so unterlasse ich bei unseren regelmäßigen Sitzungen jeden Versuch, sie anzubaggern. Obwohl da etwas ist, das ich nicht definieren kann. Hannah strahlt, wenn sie die Hornbrille abnimmt und sich die Geschichte mit Elke, Laura und den Kindern anhört, eine Wärme aus, die sich in mir zu einem wohligen Gefühl verdichtet, und mehr als einmal sehe ich ihr versonnen zu, wenn sie in ihren Gesetzbüchern blättert oder auf dem Taschenrechner tippt. Dann stelle ich mir vor, wie es wäre, ihren Haarknoten zu lösen und sie aus dem mausgrauen Kostüm zu schälen.
Ich glaube, das wäre ziemlich schön.
Ein Luder
Mein so erfreuliches Arrangement mit Luisa endet nach zwei Monaten mit erschreckender Plötzlichkeit, als ihr Mann eine SMS von mir in ihrem Handy entdeckt. Ich bin sehr betrübt und sie offenbar auch, aber ich bin nicht bereit, an unserem letzten gemeinsamen Donnerstag auf die Signale zu reagieren, die ich empfange. »Was denkst denn du darüber?«, fragt Luisa, doch das sage ich besser nicht. Denn ich argwöhne, dass ich diesen Satz zunächst auf verdeckte weibliche Nebenwirkungen überprüfen sollte und dass das Ganze im Klartext ungefähr so heißen wird: »Würdest du mich wollen, so richtig wollen? Wirst du mich lieben und mir ein schönes Leben garantieren, wenn ich meinen Mann verlasse?«
Aber bei allem Arschgeweih und trotz des geilen Fahrradschlauchvögelns ist Luisa eine kapriziöse Person, und ich habe die Worte meines Vaters im Ohr, die er mal meiner großen Schwester Birgitta gesagt hat, als diese eine Affäre mit einem verheirateten Mann begann: »Mach dich nicht unglücklich, Mädchen, wer fremd kommt, geht fremd, und das ist immer so, es gibt keine Ausnahmen.«
Zudem studiert Luisa noch. Und wie soll das gehen? Eine Frau ohne Geld und ein Kerl, der so restlos pleite ist wie ich, das endet spätestens dann im Desaster, wenn wir beide abwechselnd kalte Tomatenspaghetti aus der Dose löffeln. Und so trennen sich unsere Wege. Zunächst zu meinem allerhöchsten Bedauern, doch als
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