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Midleifcrisis

Midleifcrisis

Titel: Midleifcrisis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Lasse Andersson
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erhaschen.
    Inzwischen scheint sich allerdings herumgesprochen zu haben, dass der große LeiLa Andersson auf Abschuss steht. Wenn ich jetzt einen Fahrstuhl betrete, verstummen alle Gespräche, und wenn mir menschliches Interesse entgegengebracht wird, dann ausschließlich von den älteren Sekretärinnen, die einen Hauch von mütterlichem Kummer verstrahlen, wenn sie mir einen Aktenordner oder einen Kaffee bringen.
    Zudem scheint auch die Trennung von Elke wirklich jedermann in der Firma bekannt zu sein, ich höre mehr als eine gemurmelte Bemerkung, die auf meine offensichtliche Verwahrlosung abzielt, und das, obwohl ich mich darum bemühe, trotz Pensionszimmer mit Bad auf dem Flur nicht allzu verlottert auszusehen. In der Tat haben vorerst nur drei Anzüge den schnellen Umzug nach St. Pauli mitgemacht, und dass ich diese im Wechsel trage, scheint den aufmerksamen Beobachtern der Szenerie einige Freude zu bereiten.
    Tatsächlich scheine ich jegliche Anziehungskraft auf das weibliche Geschlecht verloren zu haben, ich flüchte mich in teilnahmslose Brummigkeit, mit der ich all den Scheißweibern zu verstehen gebe, dass mir ihr Interesse ohnehin piepegal wäre.
    Dabei sehne ich mich gerade jetzt nach Zuwendung, aber dafür bleibt mir nur das Internet, denn da weiß niemand etwas über meine missliche Lage. In analytischen Momenten ertappe ich mich bei der Erkenntnis, dass ich zwar nach Sex suche, aber Liebe weit dringender bedürfte, doch mir ist irgendwie unklar, wie man so etwas finden kann.
    Da mir das Ludererlebnis mit Tanja noch in den Knochen steckt, setze ich meine Recherchen zunächst bei den Neuzugängen der diversen Singlebörsen fort, die müssten noch ein bisschen unverdorbener sein. Erstaunt bleibe ich auf einer Seite hängen, auf der ein Foto bei mir ein vages Gefühl von »Kenn ich die?« auslöst.
    Es zeigt eine junge, schlanke Frau, ihre offenen Haare wehen irgendwo am Strand im Wind und verdecken große Teile ihres Gesichtes. Unter einer riesigen Sonnenbrille leuchtet ein knallgeil geschminkter Mund. Irgendwo in den Tiefen dieses Profils steht der Satz: »Manchmal komme ich sehr müde aus der Kanzlei und sehne mich nach einer Schulter.«
    Na so was, das ist Hannah, meine Anwältin!
    Ich schreibe sie an, sehr sittsam formuliert natürlich, und ich frage, ob es etwas Neues von Elkes Anwältin gibt.
    Die Antwort lautet: »Herr Andersson?«
    Als ich in meiner zweiten Mail bejahe, schreibt sie, dass das nun leider gar nicht ginge, sie dürfe Berufliches und Privates nicht vermischen, da gebe es glasklare Standesregeln. In meiner dritten und vorläufig letzten Nachricht entschuldige ich mich aufrichtig: Das habe ich natürlich nicht gewusst.
    Doch irgendwie reizt mich die Sache, also erschaffe ich einen Tag später ein neues, anonymes Profil und versende im vierten Versuch folgende Frage: »Verehrte Mitsuchende, Ihren Worten entnehme ich, dass Sie Anwältin sind. Kurioserweise zerbreche ich mir den Kopf gerade über ein juristisches Problem: Ich bin Mandant, fühle mich kompetent betreut und frage mich, ob ich meiner Anwältin sagen darf, dass ich sie für äußerst warmherzig und darüber hinaus für eine sehr, sehr schöne Frau halte?«
    Immerhin, ich bekomme eine Antwort, allerdings besteht die nur aus vier Buchstaben und einem Ausrufezeichen, obendrein noch in Versalien getippt. Sie lautet: »NEIN!«
    Beim nächsten Termin in der Kanzlei liest mir Hannah richtig die Leviten, und ich muss sagen, mit vor Entrüstung roten Wangen und funkelnden Augen sieht sie gar nicht mehr farblos, sondern ausgesprochen attraktiv aus. Sie erläutert mir noch einmal die Standesregeln, nestelt dabei pausenlos an ihrer Brille herum, was mich ablenkt und neuerlich träumen lässt. Ein Satz rüttelt mich wieder auf: »Wenn Sie mich noch einmal im Internet anschreiben, Herr Andersson, muss ich das Mandat niederlegen.«
    Ich antworte: »Es tut mir wirklich leid, dass ich Ihnen diese drei Mails geschrieben habe, aber ich habe mich bereits entschuldigt!«
    Sie stutzt und sieht mich mit hochgezogenen Augenbrauen an: »Waren das nicht eher vier Mails?«
    Ich lächele sie an und sage: »Ich finde dieses Internetdating ja auch spannend, aber sollten wir uns jetzt nicht doch wieder mit meinem Fall beschäftigen?«
    Sie nimmt die Akte und wir machen komplizierte Zugewinnausgleichs-Berechnungen, Versorgungsausgleichs-Berechnungen und setzen das Schreiben zur Kündigung der Unterhaltsvereinbarung auf. Es gibt im Scheidungsfall Andersson

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