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Midleifcrisis

Midleifcrisis

Titel: Midleifcrisis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Lasse Andersson
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Wange.
    Nach dem fünften Date, bei dem ich darum gebeten habe, dass sie mit Haarknoten und Brille kommt, verwirkliche ich meine erste Fantasie, löse Hannah beim Alsterspaziergang die Haare, nehme ihr die Brille ab und küsse sie zärtlich.
    Nach dem sechsten Date nimmt sie mich mit nach Hause, und der Sex ist kein Sex, sondern ein zärtliches, scheues und sanftes Versteckspiel zweier schüchterner Seelen.
    Als Hannah wenig später mein Pensionszimmer sieht, sagt sie: »Ach, herrjeh! Pack die paar Sachen ein, wir fahren zu mir.« Ich werde die Höhle für eine Weile nur noch an den Kinderwochenenden sehen.
    Hannah wohnt in einer 3-Zimmer-Altbauwohnung in der Nähe der Uni. Die Wohnung sieht nach Frau aus, sie riecht nach Frau, sie fühlt sich freundlich an, sobald man die Tür auch nur einen Spalt weit geöffnet hat. Überall stehen Kerzen, liegen Muscheln, kleben Postkarten, dies hier ist ein Zuhause, und ich fühle mich vom ersten Augenblick an wohl und geborgen.
    Wenn wir nach dem Sex auf dem Bett liegen, rollt sich Hannah zusammen, während ich ihr stundenlang den Rücken kraule und sie entzückende, wohlig klingende Seufzer von sich gibt. Wir schlafen eng aneinandergekuschelt, und morgens, wenn ich Hannah wach küsse, sieht sie zauberhaft aus, schlingt die Arme um mich, weil sie nicht will, dass ich das Bett verlasse.
    Es ist schön mit Hannah. Wenn ich die Bude verlasse, während sie noch einmal eingeschlafen ist, male ich mit ihrem Lippenstift Herzchen auf den Spiegel oder klebe ihre Wände mit kleinen Notizzetteln zu, auf denen ich mich dafür bedanke, dass es sie gibt. Wenn ich von der Arbeit komme, springt Hannah vom Sofa auf und hüpft durch den Flur, bevor sie mir um den Hals fällt und mich minutenlang abküsst. Es gibt mir einen kleinen Stich, wenn sie das tut. Denn genau dieses Hüpfen und Küssen liegt im Speicher meiner Erinnerungen tief begraben unter L wie Laura.
    Ja, es stimmt, all das ist genauso wie bei Laura, und von Woche zu Woche wächst meine Zuneigung. Und meine Angst.
    Nach acht Wochen treffen wir uns auf einem Spielplatz, sie hat zur Tarnung ihre Nichte Katharina mitgebracht, ich habe Lisa und Lars dabei, und ich merke, dass Hannah genauso wachsam ist wie ich und dass sie gerade dabei ist zu prüfen, ob ihre Gefühle das aushalten.
    Am Ende klettert sie mit Lars und Katharina auf der Rutsche herum, während Lisa mich kritisch fragt: »Wer is ’n die?« Ich zucke mit den Achseln und sage: »Och, die ist nett, so ’ne Art Bekannte«, was Lisa mit einem nachdenklichen Stirnrunzeln quittiert, während sie an ihrer Eistüte nagt. »Papas dürfen nicht lügen«, sagt sie schließlich, meiner Tochter werde ich im Leben nichts vormachen können, sie hat sich zu einem ausgesprochen misstrauischen jungen Fräulein gemausert.
    »Die sind ja süß, deine Kinder«, sagt Hannah abends zu mir und ich entgegne: »Und schlau und hübsch und intelligent. Ich mache nur solche Kinder«, wofür mich Hannah mit einem verliebten Lächeln belohnt, während ich mir wie ein Betrüger vorkomme. Denn da ist noch etwas, und ich will es ums Verrecken nicht wahrhaben. Seit ich Hannah kenne, träume ich nachts wieder von Laura, und wenn ich aufwache, dann fühle ich mich beschissen.
    Wenn ich mit Hannah schlafe, habe ich das Gefühl, Laura zu verraten, obwohl das Blödsinn ist, denn wenn mir jemand Absolution für eine neue Liebe erteilen würde, dann wäre sie es. Wenn ich aber an Laura denke, fühlt es sich an, als ob ich Hannah betrüge, und das hat sie nicht verdient.
    Ich bin glücklich mit Hannah, aber ich bin unglücklich ohne Laura, und diese beiden Dinge wollen in meinem Kopf einfach nicht zusammengehen.
    Mit Joachim kann ich über so etwas nicht reden. Darüber kann ich mit niemandem reden. Außer mit einem einzigen Menschen, und der heißt definitiv nicht Hannah.
    Ich quäle mich mit der Frage herum, ob ich es tun soll. Dann rufe ich Laura an, zum ersten Mal seit 19 Monaten.
    Wir treffen uns in der Mittagspause im Park, auf der Bank von früher.
    Laura sieht entzückend aus mit ihrem Babybauch, und sie weiß über fast alles Bescheid, die Probleme im Projekt, meinen Rauswurf bei Elke, mein Pensionszimmer, der Bürotratsch erreicht sie noch immer, nur von Hannah hat sie nichts gehört.
    Ich erzähle zaghaft, ansonsten reden wir wenig, aber wir sind uns so nah wie jemals zuvor. »Bist du sehr unglücklich?«, fragt Laura, und ich nicke. »Ich auch«, sagt sie, »aber ich muss jetzt an meine kleine Familie

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