Midleifcrisis
denken.«
Wir sitzen fast drei Stunden hier, bis Laura schließlich aufsteht. »Du sollst Hannah lieben, und wenn du es schaffst, dann gibt es niemanden, den das glücklicher machen wird als mich.«
Zum Abschied küsst mich Laura auf die Stirn. »Im nächsten Leben«, sagt sie, »da passiert uns diese Scheiße nicht noch mal, da finde ich dich eher, und dann lass ich dich nie wieder weg.«
Laura geht, sie hat beide Hände über ihren Bauch gelegt und ich vermute, dass sie weint. Sie dreht sich nicht mehr um, ich sehe ihr kummervoll nach, bis sie zwischen den Bäumen verschwunden ist.
Ich weiß nicht, wie ich Hannah unter die Augen treten soll.
Im Büro setze ich mich mit dem Kleinen hin und mache eine Bestandsaufnahme.
Hannah +
– Hammergeile Frau (und das in echt)
– Schöner Sex (aber das ist es nicht)
– Geiler Arsch (na ja, ich steh halt drauf)
– Endlich wieder zu Hause (was für ein Gefühl)
– Verdient genauso viel wie ich, will never ever nur meine Kohle (gute Sache!)
– Intelligente Frau (und wie)
– Warmherzige Frau (wie sie Lisa und Lars angesehen hat)
– Frau fürs Leben (absolut und ohne jede Einschränkung)
Hannah –
– Sie ist nicht Laura
Ich quäle mich mit dieser Erkenntnis herum.
Aber Hannah hat Antennen, sie ist ein sehr vernünftiges Mädchen und sie ist ähnlich analytisch veranlagt wie ich. Nach einer Weile fragt sie mich: »Du vermisst Laura, oder?«
Ich nicke stumm, und sie streichelt mein Gesicht. Aber ich will bei ihr bleiben, ums Verrecken, ich will nicht wieder raus aus Hannahs Leben und schon gar nicht wieder raus in diese elendige, kalte Welt voller dämlicher Singleweiber, aber ich habe keine Ahnung, wie ich es formulieren soll, denn ich weiß genau, dass es die falschen Motive sind. Also schweige ich, und Hannah fragt nicht mehr, und zum ersten Mal fängt die Stille an, zwischen uns zu lasten.
Nach zwei weiteren Wochen zu dritt macht Hannah Schluss.
»In deinem Herzen«, sagt sie, »ist zu wenig Platz für Laura und mich.« Hannah weint ein bisschen, und ich fühle mich beschissen.
An der Tür frage ich: »Krieg ich eine zweite Chance, in einem halben Jahr oder so?«
Doch jetzt schüttelt Hannah stumm den Kopf.
Ihrem Papa kann ich nicht mehr unter die Augen treten, Hannah erst recht nicht, und so suche ich gerade wieder nach einem Anwalt, aber diesmal möchte ich einen Mann. Und von Frauen, in die ich mich verlieben könnte, halte ich mich fern. Herzschmerz habe ich in den letzten Jahren genug gehabt.
Cowboy
Ja, Jungs, langsam fürchte ich doch, dass ich die Sache mit Laura erklären muss. Aber Laura kann ich nicht erklären, wenn ich nicht erzähle, wie es mit Elke war. Und Elke kann ich nicht erklären, ohne über den kleinen Leif zu schreiben und über seinen großen Bruder Holger, der ihm den Cowboy schickte, damit der kleine Bursche überleben konnte, als seine Welt eine einsame und feindliche wurde.
Und während ich darüber nachdenke, wächst in mir die Befürchtung, dass ich am Ende noch meine ganze verschissene Lebensgeschichte aufschreiben muss, insofern warne ich euch jetzt ganz offiziell: Wenn’s euch nur um die Fickgeschichten geht, packt das Buch lieber weg, denn in den nächsten Kapiteln wird wenig gevögelt. Mir macht das nichts, bezahlt habt ihr ja eh schon.
Um zu Leif und dem Cowboy zu kommen, müssen wir gut 30 Jahre zurückgehen, und das ist auch für mein Gedächtnis eine verdammt lange Zeit. Manchmal weiß ich nicht mehr ganz genau, was Erinnerung ist und was der empfindsame Knabe noch hinzugeträumt haben mag, aber wenn ich zweifle, dann sehe ich meinen alten, winzig wirkenden Kinderbaseballschläger an, der in meinem Kleiderschrank wohnt, und dieser legt ein stummes Zeugnis ab, genau wie die alten Fotos, auf denen ein blondes Kerlchen bewundernd zu einem großen, lachenden Soldaten in Fallschirmjägeruniform aufschaut, während dieser mit seiner Hand liebevoll durch das weißblonde Haar des Kleinen wuschelt.
Stellt euch Leif als schmächtigen Jungen vor, der es nicht einfach hat in seinem Leben, aber dafür seinen großen Bruder Holger anbetet. Anbetet, ja. Es gibt kein anderes Wort dafür.
Papa Andersson ist Papa Andersson, den findet Leif auch gut, aber der ist nie da. Er ist Prokurist bei einem Holzimporteur im Hamburger Hafen, ein schweigsamer, verschlossener, großer, blonder Schwede, der immer noch Heimweh hat und eine Frau, die ihn seit Jahren nicht mehr liebt.
Am Wochenende packt Papa Andersson seine Kinder ein
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