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Midleifcrisis

Midleifcrisis

Titel: Midleifcrisis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Lasse Andersson
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Füßen und zwischen Lehmann und mir auf dem Tisch des Konferenzraumes.
    »Lehmann, mal ganz im Ernst, das ist so einfach, da ist doch ein Haken dran?«, frage ich.
    Lehmann verliert sich in einer undurchschaubaren Erklärung über datenbankbasierten Content, datenbankbasierte Werbung, unerklärliche Schnittstellen und gigantische Datenmengen, für die kein Mensch bezahlbare Serverkapazitäten habe und die die Übertragungsgeschwindigkeiten des Internets um Längen überfordern würden. Da ich das nur im Ansatz begreife, bohre ich an anderer Stelle nach. »Ist das legal mit diesem Cookie oder wie das heißt?«
    Lehmann nickt.
    »Aber warum macht das noch keiner?«
    »Machen alle, um die Reload-Prozesse zu optimieren, die Inhalte werden dann nicht aus dem Internet, sondern dem lokalen Arbeitsspeicher abgerufen. Benutzt aber noch keiner für Werbung, soweit ich weiß!«
    »Aha«, denke ich mir, »das werde ich in 100 Jahren nicht begreifen.«
    Lehmann fängt an, Zahlen auf seinem Notizblock zu kritzeln, und ich frage: »Teuer?«
    Er kaut nickend auf seinem Kuli und gibt zu bedenken: »Wir sind kein Internetprovider, kein Nachrichtenportal und kein Fernsehsender, das können wir doch gar nicht, vielleicht ist das auch nichts als eine gute Idee beim falschen Kunden. Vielleicht müssen die sich einfach jemand anderen suchen.«
    Ich grübele ein wenig herum und sage: »Aber Werbung verkaufen, das können wir, oder? Werbekonzepte verkaufen vermutlich auch.«
    Lehmann sieht mich fragend an und es ist an der Zeit, ein wenig Führungsstärke zu demonstrieren.
    »Wie viel?«, will ich wissen. »Was kostet das, mit all diesem Datenbankscheiß und so? Könnten wir so was stemmen? In einer Woche will ich einen Entwurf, in vier Wochen ein Konzept, in zwei Monaten die Leute, die so was bauen können. Und ich will diesen Pixelpunk hier haben. Gleich morgen.«
    Lehmann trollt sich zweifelnd. Aber am nächsten Morgen kommt der Pixelpunk und bringt Laura mit.
    Wenn ich ganz ehrlich bin, war das zunächst alles, was ich wollte. Diesmal lasse ich die Schuhe an und rede mit dem Pixelpunk über das Kaufmännische, davon habe ich wenigstens Ahnung. Er offenbar nicht. Er hat gerade sein Diplom in Informatik gebaut, und für ihn sind Summen mit fünf Nullen bereits eine unvorstellbare Menge Geld. Ich ahne: Für 100 Riesen und eine kleine Beteiligung kann ich seinen Laden kaufen, wenn ich will.
    Laura verkriecht sich nicht mehr ganz so tief in ihren Pullover, es ist der gleiche wie vorgestern, etwas anderes scheint sie nicht zu tragen. Sie mustert mich verstohlen, zum Abschied lächelt sie mir schüchtern zu, und als Lehmann, der Pixelpunk und die anderen schon zur Tür eilen, schiebe ich ihr einen Zettel über den Tisch, auf dem ich herumgekritzelt habe. Ich habe eine Raupe daraufgemalt, sonst nichts. Sie läuft rot an, aber den Zettel, den faltet sie und verstaut ihn sorgfältig in der hinteren Jeanstasche, und ihr Arsch ist fantastisch, aber irgendwie registriere ich das kaum.
    Nach vier Wochen sitze ich bei den Partnern und stelle ihnen das Konzept des neben mir zappelnden Lehmann vor. Er hat rund 16 Stunden pro Tag daran gearbeitet, ich habe es von etwa 100 komplett unverständlichen Seiten auf fünf Seiten gekürzt, die sich dafür aber fantastisch lesen und mit »Weil wir wissen, was sie kaufen wollen!« überschrieben sind. Müller-Mannhagen habe ich seit Tagen bearbeitet, er müsste eigentlich auf meiner Seite sein. Hedegard, der Finanzvorstand, zeigt eine grimmige Miene, aber dazu ist er da. Paulsen, der Techniker, beschwert sich, dass ich ohne einen Funken Ahnung in seinen Gewässern fische, aber der ist egal, der gehört nicht mal zum Vorstand. Eigentlich sind die Jungs sowieso nicht wichtig. Wenn der ergraute Vorstandschef Nottbohm nickt, steigt die Sache, und mit dem war ich letztes Wochenende Golf spielen, wobei ich jeden seiner krummen Schläge gelobt und hinterher seine Bälle im Gebüsch aufgespürt habe. Er weiß, dass ich ein großer Sportler war, denn bei Wein und Zigarre danach habe ich versucht, ihm meine Nichts-ist-mutiger-als-Mut-Thesen nahezubringen. Er lächelte und brummte: »Ihr Kölner, immer laut und immer drauflos.« Er war überrascht, als ich ihm meine Abstammung aus der Hamburger Randgemeinde Pinneberg beichtete, denn da kommt auch er her und vor ihm sein Vater, und eigentlich gehört der Familie Nottbohm das halbe Nest, und er meinte sogar, sich an meinen Papa erinnern zu können, Gott hab ihn selig, der ein

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