Midnight Angel: Dunkle Bedrohung (German Edition)
ungeschützt und ahnungslos auf der Bühne. Ganz allein und blind an einem erhöhten Platz. Kowalski sprang die Stufen hinauf und rannte über die Bühne, als die erste Blendgranate explodierte.
Blend- oder Schockgranaten erzeugen einen grellen Lichtblitz von zwei Millionen Lumen, einen Knall von hundertachtzig Dezibel und außerdem eine Druckwelle. Davon wird das zentrale Nervensystem für einige Zeit lahmgelegt. Man ist minutenlang taub und blind, lässt sich auf den Hintern fallen und bleibt wie betäubt sitzen; man ist nicht mal fähig zu denken.
KowalskientgingdieserWirkung,weilerüberdieBühnerannteunddieSaaltür,wodieGranategezündetwurde,imRückenhatteundweilerintausendTrainingseinheitengelernthatte,schnellüberdieersteBenommenheithinwegzukommen.SchonimRennenplanteerseinweiteresVorgehen,undalsderKnallundderLichtblitzerfolgten,machteerinstinktivweiter,obwohlseinVerstandgeradezukeinemlogischenGedankenfähigwar.
Aus diesem Instinkt heraus hob er Allegra hoch, sprang mit ihr vom hinteren Bühnenrand und drehte sich im Sprung, sodass sie auf ihm lag, als er am Boden aufkam. Während der Saal von der Explosion erleuchtet wurde, rollte Kowalski mit Allegra unter die Bühne.
In der Mitte, ungefähr unter der Stelle, wo Allegra gesessen hatte, stoppte er. Wenn das Licht wieder anginge, würde es den Raum unter der Bühne ringsherum ein Stück weit erhellen, aber nicht bis zur Mitte vordringen. Die würde im Dunkeln liegen.
Allegra wehrte sich verzweifelt, versuchte, ihn mit den Fäusten zu schlagen, ihm ein Knie in die Weichteile zu stoßen. Kowalski hielt ihre Arme mühelos mit einer Hand fest und öffnete ein wenig die Beine, um ihre zwischen die Knie zu nehmen. Er legte sich mit seinem ganzen Gewicht auf sie, sodass sie sich nicht mehr rühren konnte.
Sie zitterte heftig. Er senkte den Kopf an ihr Ohr, schob sanft die Haare weg und flüsterte: »Allegra, halten Sie still. Ich bin’s, Douglas .« Sie wurde sofort still, nur ihr Atem ging noch stoßweise.
Kowalski behielt ein tonloses Flüstern bei, das außer ihnen niemand hören würde. Nicht dass es im Augenblick wichtig war; bei dem Geschrei und den Schüssen im Saal wäre er auch mit normaler Lautstärke nicht zu hören gewesen.
AK -47s, dachte Kowalski finster. Die Kerle waren Profis.
Das Licht ging wieder an, und Kowalski drehte den Kopf, um sich einen Überblick über die Lage zu verschaffen.
Fünf schwer bewaffnete Verbrecher in Skimasken im Saal, wahrscheinlich gab es also noch vier oder fünf weitere, die draußen patrouillierten. Die Wachleute der Ausstellung waren vermutlich tot und ihre Kollegen draußen erst recht.
Die Räuber hatten bereits getötet und den Blutgeruch schon in der Nase. Sie würden sich nicht scheuen, weiter zu morden. Wo war eigentlich John?
Kowalski stockte das Blut in den Adern. Diese gerissenen Arschlöcher hatten gut zehn Frauen zusammengedrängt und als Geiseln genommen. Jetzt brüllten sie die Leute an, ihre Handys wegzuwerfen, sich auf den Boden zu setzen und die Hände über dem Kopf zu verschränken.
Alle gehorchten. Die Handys landeten in den Ecken wie die Spielzeugversionen im Kinderzimmer.
Einer der Räuber bewachte die Geiseln und tat ausgerechnet das Einzige, was John Huntington davon abhalten konnte, einzugreifen. Der Maskierte hatte sofort erkannt, dass eine Bedrohung der Frauen die Männer in Schach halten würde, und hatte sich die Attraktivste als Abschreckungsbeispiel ausgesucht.
Er hielt Suzanne die Mündung seiner Maschinenpistole an den Kopf. Ihre blonden Locken kringelten sich um den Stahl. John saß an der Wand, die Hände auf dem Kopf, die Augen auf den Mann gerichtet, der seine Frau bedrohte. Der Räuber konnte nicht wissen, dass er die Frau des gefährlichsten Menschen auf diesem Planeten erwischt hatte.
Aber John war unbewaffnet, verflucht noch mal.
Bud und Claire waren nirgends zu sehen.
»Douglas .« Allegras Flüsterstimme bebte. Sie zitterte vor Entsetzen. »Was ist los? Was passiert da ?«
Kowalski drehte den Kopf und schaute in ihr Gesicht. Die Situation war sicher schlimm genug für jeden, der sehen konnte. Aber für Allegra musste die Lage noch viel furchterregender sein. Sie hatte zwei Explosionen, Schüsse und Schreie gehört, dann die Befehle der Räuber. Jede andere Frau würde vor Angst wimmern, was auch viele im Saal taten. Doch sie behielt die Nerven. Sowie er sich zu erkennen gegeben hatte, war sie ruhig geworden. Nur an ihrem zitternden Atem war zu merken, wie viel
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