Midnight Angel: Dunkle Bedrohung (German Edition)
Es ist so weit .«
Der andere Spruch war: »Baby, ich werde einen Star aus dir machen .«
Allegra Ennis lächelte ihn an. Es war ein warmes, echtes Lächeln. »Senior Chief Kowalski, ich kann das Kompliment sogleich zurückgeben. Sie haben selbst eine wundervolle Stimme .« Das Lächeln wurde breiter. »Einen echten basso profondo . Das ist sehr selten. Sie sollten Falstaff singen .«
Er forschte in ihrer Miene und entdeckte nichts außer Freundlichkeit und umwerfender Schönheit.
»Falstaff ist eine gute Rolle für einen Bass « , sagte er. »Oder Boris Godunow. Falchinetti hat mir darin besonders gut gefallen. Ich habe ihn voriges Jahr in New York gehört .«
Sie strahlte. »Ja, Sie haben recht. So eine kraftvolle Stimme. Sie können sich glücklich schätzen, ihn live erlebt zu haben .« Sie neigte den Kopf zur Seite, die blinden Augen auf sein Gesicht geheftet. Er begriff, dass sie auf seine Stimme hörte, als wäre es ein Kunstgenuss. »Sie haben genau die richtige Stimme für Hagen. Ich habe eine Aufnahme mit Schumacher. Und ich wette, Sie singen › Ol ’ Man River ‹ wie Paul Robeson .«
Ihre Hand war warm und seidenweich. Er fühlte die langen schmalen Finger, dieses raffinierte Gebilde von Knochen und Sehnen, das der Harfe so schöne Töne abschmeichelte. Sie hatte die Hand bislang nicht zurückgezogen, darum hielt er sie noch ein bisschen länger fest.
»Die Schumacher-Aufnahme habe ich auch, aber ich singe nicht mit .« Er schnaubte bei der Vorstellung. »Ich würde zu gern › Ol ’ Man River ‹ schmettern, wenn ich singen könnte. Aber ich kann’s nicht. Sie würden es nicht hören wollen. Ich brumme unter der Dusche, und zum Glück sind die Wände nicht aus Glas, sonst würden sie wahrscheinlich zerspringen .«
Sie kicherte – ein glockenheller Klang. »Na, na, Senior Chief Kowalski. Das passiert nur beim hohen C. Sie kämen niemals so hoch .« Sie zog sanft ihre Hand aus seiner, und es war wie eine langsame Liebkosung. »Und überhaupt ist das ein Ammenmärchen. Es ist noch nie etwas zersprungen, wenn ich das hohe C gesungen habe .«
»Douglas « , hörte er sich überrascht sagen. Kein Mensch nannte ihn so, außer Suzanne. Aber er wollte nicht, dass Allegra ihn mit Senior Chief oder Mister oder auch nur mit Kowalski anredete. Aus ihrem Mund klang das … sonderbar. Von allen anderen Leuten ließ er sich gern so nennen, aber nicht von dieser Frau. »Bitte sagen Sie Douglas .«
»Gern, Douglas. Dann bin ich für Sie Allegra. Also, Sie können beruhigt weiter beim Duschen singen. Egal wie falsch, Scherben wird es nicht geben .«
Kowalski sah aus den Augenwinkeln, dass John ihn staunend beobachtete. Entweder wegen der Anrede mit dem Vornamen oder weil er sich mit Opern auskannte. John hatte davon nämlich nichts gewusst. Niemand wusste das.
John machte gerade den Mund auf, wahrscheinlich, um ihn damit aufzuziehen – das würde Kowalski ewig zu hören kriegen – , als ein paar Leute, die sich lachend unterhielten, auf Suzanne zukamen, sie umringten und wegführten. John wurde sofort angespannt und folgte ihr auf den Fersen.
Kowalski war allein mit Allegra.
Sie sah lächelnd zu ihm auf und wartete darauf, dass er etwas sagte.
Er konnte sie anstarren, so viel er wollte, wurde ihm gerade klar. Das konnte er sich bei anderen nicht erlauben, schon gar nicht bei schönen Frauen. Wenn jemand wie er starrte, wurde das als Belästigung empfunden, oder gar als Bedrohung. Man fand ihn unheimlich, hielt ihn für einen üblen Typen.
Doch jetzt durfte er sich sattsehen, ihre Gesichtszüge studieren, in denen sich jede ihrer Empfindungen abzeichnete. Das Zusammenspiel ihrer Haut- und Haarfarbe war fantastisch. Oh Mann, er hätte sie noch ewig anstarren können, aber das wagte er nicht. Besser, er konzentrierte sich auf die Unterhaltung.
»Ihre Lieder waren wirklich schön. Wer hat sie geschrieben ?«
Entzückend, diese leichte Rötung, die ihre Wangen überzog. »Vielen Dank. Nun ja … Ich habe sie geschrieben. Die meisten jedenfalls .«
»Sie ?« Kowalski sah sie verblüfft an. Zuerst diese Stimme und das brillante Harfenspiel, und jetzt konnte sie auch noch komponieren … »Gibt es CD s von Ihnen? Geben Sie Konzerte ?«
»Habe ich früher « , sagte sie leise, und ihr Lächeln war verschwunden. »Aber nach … dieser Sache « , sie fasste sich unwillkürlich an die Augen, »gebe ich keine mehr. Ich singe heute nur Suzanne und Claire zuliebe. Es ist mein erster öffentlicher Auftritt seit
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