Midnight Breed 02 - Gefangene des Blutes-neu-ok-10.11.11
so
willkommen die Wärme dieser Grüße auch war, Tess war vollständig auf Dante
konzentriert. Darauf, ihn gesund zu machen.
Sie beugte sich über ihn und
drückte einen Kuss auf seinen schlaffen Mund, unerschüttert vom Kratzen seiner
Fangzähne an ihren Lippen. Sie liebte ihn vollständig, so wie er war, und sie
betete für die Chance, ihm das sagen zu können.
Dante war auf dem Wege der Besserung.
Seine UV-Verbrennungen waren schwer gewesen - lebensbedrohlich - , aber die
heilenden Hände seiner Stammesgefährtin hatten sich als wesentlich mächtiger
erwiesen als der Tod, der ihn gejagt hatte. Wie die anderen im Hauptquartier
war Chase sehr erstaunt über Tess’ Fähigkeit und über ihre völlige Hingabe an
Dante. Sie war jeden Augenblick an seiner Seite und pflegte ihn, wie er es für
sie getan hatte, nachdem er sie vor dem Angriff der Rogues gerettet hatte.
Jeder stimmte zu, dass sie ein
gutes Paar sein würden: Beide stark als Individuen, würden sie zusammen
unzerstörbar sein.
Nun, da der schlimmste Teil des
Sturms hinter ihnen lag, breitete sich ein Geist des Friedens und der Ruhe im
Quartier der Krieger aus. In Erwartung der Nacht wanderten auch Chase’
Gedanken zu seinem Heim. Seine
eigene Reise war noch nicht zu Ende, und die Straße vor ihm war düster und
unsicher. Einst war ihm alles so klar erschienen. Was die Zukunft für ihn
bereithielt, wo er hingehörte … und zu wem.
Jetzt war er sich in nichts mehr
sicher.
Er sagte den Kriegern und ihren
Gefährtinnen Lebewohl und ging, hinaus aus der Welt des Ordens, zurück in seine
eigene.
Die Fahrt zurück in die Stadt
war ruhig. Die Räder seines geborgten Wagens drehten sich, die Straße
verschwand hinter ihm in der Dunkelheit, aber wo sollte er hin, nach alledem?
Konnte er einfach wieder seine
Heimat im Dunklen Hafen aufsuchen? Die Sinne geschärft durch die kurze Zeit,
die er in der Gesellschaft von Kriegern verbracht hatte, der Körper beschwert
durch all das Metall, das er unter seinem Mantel trug - die verschiedenen
Klingen, die Neunmillimeter Beretta, die irgendwie ein angenehmer Druck an der
Hüfte geworden war - wie konnte er erwarten, je wieder in das gesetzte Leben
zurückzukehren, das er einst geführt hatte?
Und was war mit Elise?
Er konnte nicht wieder in jene
quälende Existenz eintreten, in der er eine Frau begehrte, die er nie bekommen
würde. Er musste ihr erzählen, was er für sie empfand, musste die Würfel fallen
lassen, was immer sie ihm auch zeigen würden. Sie musste alles erfahren. Chase
machte sich keine Illusionen, er hatte wenig Hoffnung, dass sie seine Zuneigung
willkommen heißen würde. Tatsächlich war er nicht sicher, ob es überhaupt
irgendetwas zu erhoffen gab. Er wusste nur, dass das Halbleben, das er bislang
geführt hatte, nun vorbei war. Er fing ein neues Leben an.
Chase fuhr auf die Torstraße des
Dunklen Hafens zu, überwältigt von einem Gefühl der Freiheit. Die Dinge waren
dabei, sich für ihn zu ändern. Und obwohl er keine Ahnung hatte, wie sich hier
alles entwickeln würde, fühlte er sich befreit von dem Wissen, dass er einen
Wendepunkt seines Lebens erreicht hatte.
Er rollte die Kiespiste hoch und
parkte neben der Residenz.
Das Haus war von innen
erleuchtet. Aus Elises Schlafzimmer und den Wohnräumen schien sanftes Licht.
Sie war wach.
Wahrscheinlich wartete sie
besorgt darauf, dass er mit Nachricht aus dem Hauptquartier zurückkehrte.
Chase stellte den Motor ab und
öffnete die Tür des Fahrzeugs. Sowie seine Stiefel den Boden berührten, spürte
er das prickelnde Gefühl, das ihm verriet: Er war nicht allein. Er steckte die
Schlüssel in die Tasche und richtete sich auf, wobei er unauffällig seinen
Mantel aufknöpfte. Seine Augen tasteten die Schatten der Nacht ab, bohrten in
der Dunkelheit nach einem Zeichen des Feindes, von dem er wusste, dass er da
war. Seine Ohren waren auf die kleinsten Geräusche der Umgebung eingestellt - das
Rascheln der nackten Zweige, wenn der Wind in ihnen rauschte, das gedämpfte
Summen der Stereoanlage im Haus, im Hintergrund lief Elises geliebter Softjazz
…
Und dann, wie ein Kontrapunkt zu
all diesem Frieden, das rasselnde Keuchen eines Atems, nicht weit von da, wo
Chase jetzt stand. Der Kies knirschte hinter ihm. Chase’ Finger schlossen sich
um den Griff der Neunmillimeter, als er sich langsam umwandte, um der Bedrohung
zu begegnen.
Camden.
Das Déjà-vu traf Chase wie ein
Kanonenschuss in die Eingeweide. Aber sein Neffe sah noch
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