Midnight Breed 03 - Geschöpf der Finsternis-neu-ok-13.11.11
Mal
so gut gegessen und getrunken habe. Quentin und ich sind gerne zusammen essen
gegangen, aber seit seinem Tod hatte ich keinen Grund mehr, mir die Mühe zu
machen.“
Reichen sah sie mit gespieltem
Unmut an, als hätte er nie etwas Absurderes gehört. „Es gibt immer einen Grund,
die Freuden des Lebens zu genießen, Elise. Ich persönlich glaube nicht an
Enthaltsamkeit und Verzicht. In keiner Form und Hinsicht.“
Elise lächelte, sie wusste, dass
er jetzt absichtlich seinen Charme spielen ließ. „Ich nehme an, mit dieser
Lebensphilosophie müssen Sie eine Menge Herzen gebrochen haben.“
„Nur ein paar“, gab er grinsend
zu.
Er lehnte sich in seinem Stuhl
zurück, einen Arm über die Stuhllehne gelegt, sein aristokratisches Profil kam
im warmen Schein der flackernden Kerze auf dem Tisch gut zur Geltung.
Mit seinem dunklen Haar, das
sich aus seinem Pferdeschwanz löste, dem maßgeschneiderten weißen Hemd, das
einen Knopf weiter geöffnet war als angemessen, wirkte Andreas Reichen wie ein
zügelloser Monarch, der von seinem Schlossturm auf seine Untertanen
hinabblickte.
Aber unter seiner geübten
Nonchalance lag eine rastlose Unterströmung, vielleicht eine Spur Langeweile,
und in seinen Augen eine zynische Weisheit, die darauf schließen ließ, dass
dieser Mann bei all seinem leichten Charme mehr Dunkelheit gesehen hatte, als
er sich anmerken ließ.
Elise fragte sich, ob er trotz
seiner privilegierten Stellung und seiner offen libertinären Lebensweise nicht auch
ein wenig von einem Krieger in sich hatte.
„Was ist mit Helene?“ Elise
konnte nicht widerstehen, ihn nach der umwerfenden Frau zu fragen, die keine
Stammesgefährtin war und doch offenbar durch ihre Beziehung mit Reichen so viel
über das Vampirvolk zu wissen schien. „Kennen Sie
… einander schon lange?“
„Einige Jahre. Helene ist eine
Freundin. Sie ist gelegentlich meine Blutwirtin und wir fühlen uns wohl
miteinander, aber unser Arrangement ist in erster Linie körperlicher Natur.“
„Sie sind nicht in sie verliebt?“
Er lachte leise in sich hinein.
„Helene würde vermutlich sagen, dass ich niemanden mehr liebe als mich selbst.
Nicht ganz unbegründet, wie ich fürchte. Ich habe einfach noch nie eine Frau
getroffen, die mich in Versuchung führen konnte, mir etwas Dauerhaftes zu
wünschen. Aber wer wäre auch verrückt genug, sich auf einen wie mich
einzulassen?“, fragte er und warf ihr ein strahlendes Lächeln zu, bei dem
allein jede andere sofort herbeigeeilt wäre, um sich freiwillig zu melden.
Elise nahm einen Schluck aus
ihrem Weinglas. „Ich halte Sie für einen sehr gefährlichen Mann, Andreas
Reichen. Eine Frau ist gut beraten, in Ihrer Gegenwart auf ihr Herz
aufzupassen.“
Er hob eine Augenbraue, was
gleichzeitig verwegen und ernst aussah. „Ihnen würde ich nie das Herz brechen
wollen, Elise.“
„Ach“, sagte sie und prostete
ihm spöttisch mit dem Glas zu.
„Sehen Sie, genau das habe ich
eben gemeint.“
Tegan kam mit extrem schlechter
Laune zu Reichens Anwesen zurück. Der Lakai, der Elise fast getötet hatte, war
tot, und das waren gute Neuigkeiten. Aber ehe er dem Menschen den letzten Atem
herausgepresst hatte, hatte er zwei heikle Informationen von ihm erhalten.
Die erste war, dass Marek an
etliche seiner Lakaien in und um Berlin den Befehl ausgegeben hatte, Elise zu
töten. Was bedeutete, dass Tegan sie schleunigst aus der Stadt herausbekommen
musste.
Er war schon dabei, diesen Plan
in die Tat umzusetzen. Gerade hatte er mit Gideon telefoniert, der sich darum
kümmern würde, dass der Privatjet des Ordens in einer Stunde aufgetankt und
abflugbereit auf dem Flughafen Tegel bereitstand.
Die zweite Sache, die er heute
Abend erfahren hatte, war, dass, wie er es auch drehte und wendete, Elise ihm
etwas bedeutete. Sie bedeutete ihm etwas, auf eine Art, die er kaum erfassen
konnte. Sie war ihm so wichtig, als sei sie sein Fleisch und Blut - noch
wichtiger als Mitglieder seiner Familie. Das war ihm wieder einmal klar
geworden, als sie nach dem Lakaienangriff blutüberströmt zurückgekommen war. Er
respektierte sie, nicht nur ihres Mutes wegen, sondern auch wegen ihrer Stärke.
Sie war eine außergewöhnliche Frau, so viel besser, als er je hoffen konnte, es
zu verdienen.
Er würde nicht einmal versuchen,
so zu tun, als könne er ihr widerstehen. Mit ihr in Helenes Club zu gehen hatte
ihm fast den Rest gegeben. Alles, woran er denken konnte, war, was er mit Elise
tun wollte. Er hatte ihren
Weitere Kostenlose Bücher