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Midnight Breed 06 - Gesandte des Zwielichts-neu-ok-16.11.11

Midnight Breed 06 - Gesandte des Zwielichts-neu-ok-16.11.11

Titel: Midnight Breed 06 - Gesandte des Zwielichts-neu-ok-16.11.11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian
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Blick auf
das Feuer, das so plötzlich den hohen Fichtenstamm hinaufkletterte. Von der
Feuersbrunst schlug ihr ein Hitzeschwall ins Gesicht, als wäre sie in einem
Hochofen gefangen.
    War das als Warnung oder Drohung gemeint?
    Hatte er diesen Teil seines Selbst überhaupt
noch unter Kontrolle?
    Sie war sich nicht sicher, ob er dazu noch in
der Lage war.
    Claire wich langsam vor den Flammen zurück,
ihre Augen weiter fest auf Andreas gerichtet, der ihr mit einem sengenden Blick
aus schmalen Augen folgte.
    Sie suchte nach Vernunft in diesen Augen - nach
einem kleinen Rest von Verstand - , aber was zu ihr zurückkam, war die reine
Wut. Und Schmerz. Lieber Gott, so viel Schmerz lag in diesen Augen.
    „Sag mir, wo er ist, Claire.“
    Sie schüttelte schwach den Kopf. „Ich weiß es
nicht.“
    „Sag's mir.“
    Wieder schüttelte sie den Kopf, und ihre Füße
trugen sie ein paar Schritte weiter fort von dieser Kreatur, die einst ihr
Freund... ihr Geliebter gewesen war. Es hatte eine Zeit gegeben, in der Andreas
Reichen alles für sie gewesen war. Nun war sie sicher, dass sie ihrem Tod ins
Auge blickte. Ihrem - und Wilhelms. „Ich habe Wilhelm schon eine Weile nicht
gesehen. Er hält mich nicht über seine Geschäfte oder seine Reisen auf dem
Laufenden. Aber er ist nicht hier, und ich weiß nicht, wo er ist. Das ist die
Wahrheit, Andre.“
    Wieder brüllte er auf, als sie ihn mit diesem
Namen ansprach. Ein weiterer Baum in der Nähe ging in Flammen auf wie
Feuerwerkskörper. Dann wieder einer und noch einer. Hitze explodierte auf
beiden Seiten neben ihr, Feuer loderte hoch in den Nachthimmel auf. Claire
konnte ihren Aufschrei nicht unterdrücken, genauso wenig wie ihren
Überlebensinstinkt. Sie rannte los, als um sie herum der Wald in Flammen
aufging.
    Sie rannte in die einzig mögliche Richtung, weg
von Andreas. Im Chaos und in ihrem Entsetzen hatte sie völlig die Orientierung
verloren. Aber eigentlich rechnete sie schon gar nicht mehr damit, zu
entkommen. Sie rannte und erwartete schon, zu spüren, wie das höllische Feuer
ihr die Haut versengte. Sie würde Andreas' Wut nicht überleben. Aber sie rannte
weiter.
    Völlig außer Atem und zitternd erreichte sie
den Waldrand, ihre Füße stolperten über Gras und unebenes Gelände. Sie hob den
Kopf und wäre vor Erleichterung fast in Tränen ausgebrochen, als sie das
Herrenhaus vor sich aufragen sah. Hinter ihr lagen Dunkelheit und der ferne
Feuerschein. Ein Adrenalinstoß schoss in ihren Blutstrom, und Claire rannte
über den offenen Rasen zum Haupteingang des festungsartigen Anwesens.
    Die Haustür war nicht abgeschlossen, die Wachen
hatten sie vorhin in ihrer Eile, das Haus zu evakuieren, offen gelassen. Claire
rannte hinein und schlug die Tür hinter sich zu, warf alle Riegel vor und
schloss ab.
    Sie lief nach oben, schnappte sich unterwegs
ein schnurloses Telefon und floh die Treppe hinauf in den dritten Stock. Sie
betete, dass der Zufluchtsort, den sie eben gefunden hatte, nicht ihr Grab
werden würde. Schon hatte sie die Hälfte der Nummer von Wilhelms Sekretär
gewählt, als ihr klar wurde, dass sie kein Freizeichen hörte. Die Leitung war
tot, sie hörte nichts als statisches Rauschen.
    „Verdammt!“
    Claire warf das Telefon hin und ging langsam zu
den hohen Fenstern an der gegenüberliegenden Wand hinüber. Sie hatte eine
Ahnung, was sie auf der anderen Seite der Scheiben sehen würde, als sie die
Fensterläden öffnete und über das ausgedehnte Grundstück des Anwesens
hinausspähte. Aber der Anblick nahm ihr trotzdem den Atem.
    Schwarze Rauchschwaden drangen von der langen
Auffahrt und aus dem Wald. Orangefarbenes Feuer zuckte über die Baumwipfel,
züngelte am sternenklaren Himmel. Und mitten in den Wäldern schien ein helleres
Licht - pulsierende weiße Hitze von blendender Intensität.
    Andreas. Er war die Quelle all dieses
geisterhaften Lichtes.
    Würde er sie jetzt verfolgen? Wenn er es tat,
war alles aus.
    Aber das Licht aus seinem Körper bewegte sich
nicht. Und auch Claire rührte sich nicht vom Fleck.
    Ihre Füße blieben wie angewurzelt auf dem Boden
am Fenster stehen, während sie dieses gespenstische Pulsieren beobachtete,
unfähig, den Blick abzuwenden.
    Sie sah hinaus, noch Stunden später, als die
Feuer auf der Straße und im Wald nach und nach herunterbrannten.
    Sie sah hinaus... bis die Nacht unaufhaltsam
auf die Morgendämmerung zukroch. Und der Schein von Andreas' Wut brannte immer
noch.

4
     
    Sie wusste nicht, was sie geweckt

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