Midnight Breed 06 - Gesandte des Zwielichts-neu-ok-16.11.11
hat heute einen Bericht aus Hamburg
reinbekommen. Wie es aussieht, ist da drüben letzte Nacht schon wieder ein Dunkler
Hafen in Flammen aufgegangen. Komplett niedergebrannt.“
„Herr im Himmel“, flüsterte Gabrielle und
ergriff Lucans Hand etwas fester. „Hat jemand überlebt?“
„Nur einer“, sagte Tegan. „Einer der Agenten
des Sicherheitsdienstes hat es geschafft, zu entkommen und den Angriff zu
melden. Er ist einige Stunden später gestorben.“
„Hast du .Angriff gesagt?“ Lucan runzelte die
Stirn, die Sache gefiel ihm überhaupt nicht. „Was genau wissen wir darüber?“
„Noch nicht viel. Gideon versucht immer noch,
an die Informationen ranzukommen, aber die Agentur hält sich sehr bedeckt. Der
Dunkle Hafen, der gestern Nacht zerstört wurde, gehörte einem ihrer Direktoren.
Zivilist der Zweiten Generation namens Wilhelm Roth. Anscheinend waren er und
seine Stammesgefährtin zu der Zeit nicht in der Stadt und haben Glück gehabt.“
Lucan kannte Roth nicht, aber er und der Rest
des Ordens standen auch nicht gerade auf bestem Fuß mit der Agentur, weder hier
in den Staaten noch im Ausland.
Der Orden hielt die Stammesvampire von der
Agentur für aufgeblasene Angeber, denen mehr an ihrem persönlichen Nutzen
gelegen war als an der öffentlichen Sicherheit, und für die Agentur war der
Orden eine eiskalte Killerbande, die sich einen Dreck um Recht und Gesetz
scherte.
Was zum Teil stimmte, wie Lucan zugeben musste.
Weder er noch jeder andere seiner Brüder hatten etwas für die korrupte
Vetternwirtschaft und die Vogel-Strauß-Taktiken übrig, die bei der Agentur als
Recht und Gesetz durchgingen, und setzten sich daher grundsätzlich darüber
hinweg. Sie wurden lieber aktiv und handelten. Wenn das bei Typen wie Wilhelm
Roth und dem Rest der Agentur nicht gut ankam, taten sie gut daran, den Orden
am Arsch zu lecken und sich aus der Schusslinie zu halten.
„Sehen wir mal, was Gideon für uns hat“, sagte
Lucan, schon mit Gabrielle auf dem Weg in Richtung Techniklabor am Ende des
Korridors.
Tegan begleitete sie, und Lucan musste an eine
Zeit zurückzudenken - es war noch gar nicht lange her - , als er und sein
Mitstreiter - beide jahrhundertealte Gen-Eins-Vampire - mehr Zeit damit
verbracht hatten, einander an die Gurgel zu gehen, als ebenbürtig Seite an
Seite zu kämpfen. Als die beiden nun mit Gabrielle das Techniklabor, den
Konferenzraum des Ordens, betraten, wo sich die übrigen Krieger bereits
versammelt hatten, sahen alle auf, als wäre die Luft mit der Ankunft der beiden
ältesten, mächtigsten Mitglieder der Gruppe irgendwie dicker geworden.
Die drei Neuzugänge des Ordens, Kade, Brock und
Chase, trugen die übliche schwarze Patrouillenkleidung, Doc Marten's mit dicken
Gummisohlen und dunkle Jeans, schwarze Hemden, Lederjacken sowie ein Arsenal
von halb automatischen Pistolen und Klingen an den Hüften.
Das Trio der ledigen Krieger hatte eine Menge
der Routinearbeit übernommen, sie hatten die Nacht über in den abgelegenen
Gassen von Boston Rogues gejagt, gefolgt von einer anderen Art von Jagd in den
Clubs der Stadt.
Auch die anderen Krieger, die
Stammesgefährtinnen hatten, leisteten ihren Beitrag für den Orden, aber wenn
man sie so ansah - Rio, der neben seiner Stammesgefährtin Dylan saß, und Dante,
der die Finger nicht vom Bauch seiner im sechsten Monat schwangeren
Stammesgefährtin Tess lassen konnte, während er lässig mit Chase und den
anderen herumflachste - , war offensichtlich, dass die Dinge sich im
Hauptquartier zu ändern begannen. Sich zu entwickeln, dachte Lucan, als
Gabrielle seine Hand losließ und hinüberging, um sich zwischen die kleine Mira
und Savannah, der Gefährtin von Gideon, dem technischen Genie des Ordens, auf
den Boden zu setzen. Lucans Herz krampfte sich ein wenig zusammen, als er
zusah, wie seine Gefährtin lächelte und munter mit dem Kind und Savannah
plauderte.
Die beiden rollten einen quietschenden
Gummiball zwischen sich hin und her, spielten mit dem hässlichen kleinen
Terrier, der Dante und Tess gehörte.
Die ganze Szene war verdammt nervenzermürbend.
Irgendwie fühlte sich das Hauptquartier in den
letzten anderthalb Jahren immer weniger wie eine militärische Festung und immer
mehr wie ein Zuhause an. Was Lucan ziemlich beunruhigte. Orte, wo Familien
wohnten, konnten anfällig sein, besonders in Kriegszeiten. Er dachte an die
beiden stolzen Dunklen Häfen in Deutschland, von denen über Nacht nur noch
rauchende Trümmer übrig
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