Midnight Breed 06 - Gesandte des Zwielichts-neu-ok-16.11.11
einen Gegner von solcher Bosheit, wie man ihn sich kaum
vorstellen konnte. Einen Gegner, der es auf offenen Krieg anlegte.
Immerhin hatte dieses Böse jetzt einen Namen:
Dragos. In den letzten Monaten hatte der Orden eine Menge über den Vampir
Zweiter Generation und die Operation herausgefunden, die er seit Jahrzehnten
betrieb - seit Jahrhunderten, um genau zu sein, während er sich hinter
zahlreichen falschen Identitäten und heimlichen Bündnissen mit der
Vampirbevölkerung versteckte. Aber es gab immer noch viel, was sie nicht
wussten. Verdachtsmomente, die zu ernst waren, um ihnen nicht nachzugehen. Es
war die aktuelle Mission des Ordens, Dragos' Verbündete aufzudecken, seine Zentrale
zu lokalisieren und seine Bemühungen zu vereiteln, bevor er noch mehr an Boden
gewann.
In der letzten Zeit hatten sie einige Erfolge
zu verzeichnen, der letzte war die Störung einer Versammlung vor Montreal, wo
Dragos und eine Gruppe seiner Verbündeten im Sommer zusammengekommen waren. Es
war dem Orden noch nicht gelungen, den Zweck der Versammlung zu ergründen, doch
die unerwartete Ankunft von einigen Kriegern an dem Ort, wo die Gruppe
zusammengekommen war, hatte Dragos und seine Mitverschwörer gezwungen, sich zu
zerstreuen.
Die Störung dieser Versammlung hatte dem Orden
auch einen sehr unerwarteten Verbündeten eingebracht - zwei sogar, wenn dem
Gen-Eins-Killer zu trauen war, den man gezüchtet und ausgebildet hatte, um
Dragos zu dienen, und der sich seither dem Orden angeschlossen hatte. Lucan war
immer noch nicht ganz von dem Vampir überzeugt, der sich Hunter, Jäger, nannte.
Der Mann war kalt wie eine Maschine, verschlossen und distanziert. So, wie er
aufgewachsen war - in einem primitiven Keller in völliger Abgeschiedenheit von
jeder lebenden Seele außer dem Lakaien, den man ihm von Geburt an als Wärter
zugeteilt hatte - , konnte man kaum von ihm erwarten, dass er sich schnell an
Teamarbeit gewöhnte. Hunter hatte ihm bisher keinen Anlass gegeben, ihm zu misstrauen,
aber für Lucan war er immer noch ein einsamer Wolf von zweifelhafter Herkunft,
dessen Loyalität noch nicht auf die Probe gestellt worden war.
Aber die andere neue Verbündete, die sie den
Entwicklungen in Montreal zu verdanken hatten, war ohne Frage ein Bonus für den
Orden. Ihr Name war Renata, und sie war als Stammesgefährtin von Nikolai zum
Orden gestoßen. Als Lucan und Gabrielle auf ihrem Weg zum Techniklabor am
anderen Ende des labyrinthartig verzweigten Hauptquartiers an der Waffenkammer
vorbeikamen, sah er dort Niko und Renata, die gerade miteinander wetteiferten,
zwei Zielscheiben am Ende des Schießstandes zu vernichten. Der Waffennarr Niko
hatte sich mit einer Frau zusammengetan, die sich mit automatischen Waffen
bestens auskannte, doch die gemeinsamen Interessen des Paares beschränkten sich
nicht nur auf Metall und Sprengstoff. Sie waren auch die Zieheltern einer
verwaisten kleinen Stammesgefährtin namens Mira, die sie aus einer gefährlichen
Situation in Montreal gerettet und an Kindes statt angenommen hatten.
Mit Niko und Renata im Schießstand waren Tegan,
einer der ältesten Mitglieder des Ordens, und seine Stammesgefährtin Elise. Als
Tegan Lucan und Gabrielle vorbeigehen sah, sagte er etwas nah an Elises Ohr,
küsste sie und trat auf den Gang hinaus.
Er nickte Gabrielle grüßend zu, aber als seine
smaragdgrünen Augen wieder auf Lucan fielen, blickten sie grimmig, er war ganz
beim Geschäft.
„Hast du heute Nacht schon mit Gideon geredet?“
Lucan schüttelte den Kopf. „Wir waren gerade
unterwegs zu ihm ins Techniklabor. Warum werde ich nur das Gefühl nicht los,
dass das keine gute Nacht wird?“
„Schlechte Neuigkeiten aus Deutschland“, sagte
Tegan und fuhr sich mit der Hand durch das lohfarbene Haar. „Du erinnerst dich
doch an die Explosion, die Andreas Reichens Dunklen Hafen ausgelöscht hat?“
„Klar.“ Und wie Lucan sich erinnerte. In der
Nacht, als Reichen und seine Familie bei einem Großbrand umkamen, der sein
Anwesen dem Erdboden gleichgemacht hatte, hatte der Orden einen seiner besten
zivilen Verbündeten verloren - einen wahren Freund. Sein Verlust hatte die
Krieger schwer getroffen, und nicht nur, weil Reichen ihnen ein wichtiger
Partner bei ihren aktuellen Bemühungen gewesen war, Dragos auszuschalten. Er
war ein guter, ehrenhafter Mann gewesen und hätte den Frieden noch erleben
sollen, den er mit seiner Arbeit mit aufgebaut hatte.
Tegans Ton war so ernst wie sein
Gesichtsausdruck.
„Gideon
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