Miese Stimmung: Eine Streitschrift gegen positives Denken (German Edition)
erfolgreiches Bauunternehmen mit 60 Mitarbeitern – weiterführen. Es gab in den letzten Jahren denn auch zwei Anläufe, im elterlichen Unternehmen mitzuarbeiten. Beide scheiterten. Außerdem gründete Angelika eine kleine Immobilienfirma, die aber nach kurzer Zeit in die Insolvenz ging. Die Eltern hatten Angelika bis dahin mit etwa 500000 € unterstützt – eine Summe, von der nie etwas zurückbezahlt wurde.
Die Eltern machen sich Angelikas Schuldvorwürfe zu eigen. Besonders die Mutter fühlt sich für die problematische Entwicklung Angelikas verantwortlich, bedauert die Prügel sehr und hat sich wiederholt bei ihrer Tochter dafür entschuldigt. Aber Angelika nimmt die Entschuldigung nicht an – was der sehnlichste Wunsch der Eltern wäre. Die Mutter ist täglich, besonders aber in der Nacht, mit Angelika, deren Lebensproblemen und vor allem mit der ihr angelasteten Schuld beschäftigt. Ferienreisen bringen keine Erholung. Wie weit die Eltern auch wegfahren, Angelika und ihre Vorwürfe sind ständig anwesend.
Die Situation zwischen den Eltern und Angelika eskaliert, als das Ehepaar Maurer einen gemütlichen Abend mit den Enkelkindern verbringt und Angelika dazukommt. Man spielt zusammen Karten, es ist ein für alle angenehmer und entspannter Abend. Aber als die Enkelkinder nach Hause gegangen sind, fasst Angelika den Abend zusammen: Einen solchen Abend im Familienkreis werde sie, Angelika, nie mit einer eigenen Familie erleben, weil die Mutter ihr Leben zerstört habe. Der Vater weist die Tochter zurecht und verbietet ihr, so mit ihrer Mutter zu sprechen. Angelika wehrt sich gegen die Zurechtweisungen und stößt ihren Vater heftig vor die Brust. Er weicht zurück, strauchelt und fällt gegen den Türpfosten der Wohnzimmertür. Angelika geht auf die Mutter zu, bleibt vor ihr stehen, zögert einen kurzen Moment und schlägt dann der Mutter ins Gesicht. Die Eltern sind vor Schreck erstarrt. Angelika verlässt das elterliche Haus. Trotzdem überlegen die Eltern noch einmal, Angelika einen Brief zu schreiben und, wie schon so oft, um Verzeihung zu bitten. Doch dann entscheidet sich die Mutter, ihre Tochter lieber anzurufen. Angelika verweigert das Gespräch. Sie werde sich melden, wenn es für sie wieder an der Zeit sei, sich zu melden. Die Eltern bleiben ratlos zurück. Frau Maurers Zustand verschlechtert sich weiter. In dieser Situation suchen die Eltern einen Psychotherapeuten auf, in der Hoffnung, dass dieser ihnen helfen möge, mit ihrer Schuld fertig zu werden.
Im Gespräch mit dem Psychotherapeuten wird deutlich, wie sehr die Eltern ihr eigenes Wohlbefinden vom Wohlwollen ihrer Tochter abhängig machen. Wie sehr sie sich verantwortlich fühlen für die Art und Weise, wie ihre Tochter ihr Leben führt. Es wird aber auch deutlich, dass dieses Verhalten der Tochter bisher in keiner Weise geholfen hat. Im Gegenteil: Es scheint nur Verlierer zu geben. Die Tochter hat – in Kooperation mit einem psychotherapeutischen Co-Autor – ein stabiles Drehbuch für ihr Leben entwickelt, nach dem sie konsequent lebt. Den Eltern geht es umso schlechter, je mehr sie sich die Schuldvorwürfe ihrer Tochter zu eigen machen und je mehr sie versuchen, von ihrer Tochter Vergebung zu erlangen. Je mehr sie dies tun, umso mehr bestätigen sie das Drehbuch ihrer Tochter. Je mehr die Tochter sich in ihrem Drehbuch bestätigt fühlt, umso mehr fühlt sie sich berechtigt zu ihren Schuldvorwürfen, und umso weniger kommt Vergebung in Frage.
Herr Bauer: Pläne haben, sich nicht irritieren lassen, erfolgreich und beliebt sein!
Herr Bauer ist 40 Jahre alt und Literaturwissenschaftler. Er stammt aus sehr einfachen Verhältnissen, aus einer Flüchtlingsfamilie, deren Mitglieder über viele Generationen vor dem Zweiten Weltkrieg einfache Landarbeiter waren. Sein Vater arbeitete nach dem Krieg als Tagelöhner auf dem Land und später als Fabrikarbeiter. Er war kaum des Schreibens und Lesens mächtig, da er nur wenige Jahre eine Schule besucht hatte. Auch die Mutter stammt aus einer Flüchtlingsfamilie, hat aber acht Jahre eine Klosterschule besucht. Sie ist es, die ihren Sohn für etwas Besonderes hält. Nicht nur, weil er ihr Erstgeborener ist, sondern weil er auch anders als die anderen Kinder sei. Er hat nur wenige Freunde und wird schon früh von seiner Mutter zum Lesen angehalten.
Hoffnungsvoll betrachtet von der Mutter, skeptisch beobachtet vom Vater, unterstützt durch einen Lehrer, kann Herr Bauer als Stipendiat ein
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