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Mieses Karma

Titel: Mieses Karma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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drehte ich mich um – meine erste 18 0-Grad -Drehung auf sechs Beinen, deren Koordination deutlich schwieriger war, als einen Lkw rückwärts einzuparken mit führerscheingefährdendem
     Alkoholpegel.
    Als ich meine Hinterbeine wieder entknotet hatte, erkannte ich ein bisschen mehr, wo ich mich befand: Ich war nahe der Erdoberfläche,
     in einem Erdtunnel, der offensichtlich von Ameisen ausgescharrt worden war. Und in diesem Tunnel stand eine Ameise. Eine außerordentlich
     dicke Ameise. Sie lächelte mich sanft an. Wie der Weihnachtsmann. Wenn er Haschkekse gefuttert hat.
    «Wie geht’s?»
    Es war eindeutig die Ameise, die da sprach. Jetzt war es amtlich: Mein Gehirn hat winke, winke gemacht.
    «Du bist sicherlich etwas verwirrt, Kim.»
    «Du   … du kennst meinen Namen?», fragte ich.
    «Natürlich», lächelte die dicke Ameise, «ich kenne alle Namen.»
    Eine Antwort, die mehr Fragen aufwarf, als sie beantwortete.
    «Du willst sicherlich wissen, wer ich bin», sagte die Ameise.
    «Das und wie ich aus diesem Albtraum rauskomme.»
    «Dies ist kein Albtraum.»
    «Ist es eine Halluzination?»
    |39| «Es ist auch keine Halluzination.»
    «Was ist es dann?», fragte ich und ahnte schon, dass mir die Antwort nicht gefallen würde.
    «Es ist dein neues Leben.»
    Und bei diesem Satz begannen meine dünnen Beinchen zu zittern, und meine Fühler schlackerten entsetzt hin und her.

[ Navigation ]
    8.   KAPITEL
    «Siddhartha Gautama», sagte die dicke Ameise gütig.
    «Wie bitte, was?», fragte ich völlig überfordert.
    «Das ist mein Name.»
    Diese Aussage lenkte mich von meinem zitternden Körper ab. Siddhartha – war das nicht ein Film mit Keanu Reeves? Alex hatte
     mich da reingeschleppt. Er hatte einen Faible für Art-House-Filme, bei denen man vor lauter Langweile nach zwanzig Minuten
     aufs Klo geht und dort lieber alle Sprüche an Türen und Wänden liest. In diesem «Siddhartha»-Film ging es um   …
    «Buddha», sagte die dicke Ameise, «Buddha ist der Name, unter dem du mich sicherlich besser kennst.»
    Ich hatte von Buddha keine allzu große Ahnung, vielleicht hätte ich bei dem Film besser aufpassen sollen, anstatt darüber
     nachzudenken, dass Keanu Reeves mit nacktem Oberkörper zum Anknabbern aussieht. Aber eins wusste ich ziemlich genau:
    «Buddha ist keine Ameise.»
    «Ich erscheine in der Form, in dem die Seele des Menschen wiedergeboren wird. Du bist als Ameise wiedergeboren worden. Also
     erscheine ich dir als Ameise.»
    «Wiedergeboren?», stammelte ich.
    |40| «Wiedergeboren», bestätigte Buddha. 3
    «Okay, okay, okay», sagte ich kurz vorm Durchdrehen, «jetzt nehmen wir mal an, dass ich das Ganze glaube, was ich natürlich
     nicht tue, weil das alles so absurd ist, dass man es unmöglich glauben kann und ich es dementsprechend wirklich nicht glaube,
     auch wenn   …»
    «Worauf willst du hinaus?», unterbrach mich Buddha, und ich versuchte, meinen Wortschwall in geordnete Bahnen zu lenken: «Wenn   … wenn du Buddha bist und ich wiedergeboren wurde   … warum als eine Ameise?»
    «Weil du es nicht anders verdient hast.»
    «Was soll das heißen? Etwa, dass ich ein schlechter Mensch war?», sagte ich empört. Ich konnte es noch nie ausstehen, wenn
     man mich beleidigt.
    Buddha schaute mich nur stumm lächelnd an.
    «Diktatoren sind schlechte Menschen», protestierte ich, «Politiker, meinetwegen auch noch die Programmplaner beim Fernsehen,
     aber doch nicht ich!»
    «Diktatoren werden auch als etwas anderes wiedergeboren», entgegnete Buddha.
    «Und als was?»
    «Als Darmbakterien.»
    Während ich mir noch ausmalte, wie Hitler und Stalin sich in Enddärmen tummelten, sah mir Buddha tief in meine drei Stirnaugen:
     «Aber Menschen, die zu anderen nicht gut waren, kommen als Insekten neu auf die Welt.»
    «Nicht gut?»
    «Nicht gut», bestätigte Buddha.
    |41| «Ich war nicht gut zu anderen?»
    «Genau.»
    «Okay, okay, ich bin vielleicht nicht immer perfekt gewesen. Aber wer zum Teufel ist das schon?», fragte ich sauer.
    «Mehr Menschen, als du denkst.» Dann fügte er noch hinzu: «Mach das Beste aus deinem neuen Leben.»
    Darauf drehte er sich um und ging fröhlich pfeifend Richtung Tunnelausgang.
    Ich konnte es einfach nicht fassen: Nicht gut? Ich soll nicht gut zu den anderen gewesen sein?
    «Warte», schrie ich und rannte ihm hinterher. «Wir sind noch nicht fertig!»
    Er drehte sich nicht um, ging einfach weiter.
    «Ich war gut zu den anderen, sogar sehr gut, geradezu supergut  

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