Milano Criminale: Roman (German Edition)
Sie bitte hier.«
Er und Nina steigen aus.
»Kannst du mir das bitte erklären?«, setzt sie wieder an.
»Ich muss in der Nähe etwas überprüfen.«
»Beeil dich, ich bin müde«, sagt sie und fährt sich über den Bauch.
»Wir sind gleich da, ganz ruhig.«
Sie erreichen die Treppe, die ins Kellergeschoss führt. Vandelli hofft inständig, dass niemand etwas gemerkt hat und er die Beute einfach wieder einsammeln kann, doch die Hoffnung trügt, als er in der Tür zu den Mülltonnen einen Mann mit Geheimratsecken und dicken Brillengläsern entdeckt, der mit offenem Mund Waffen und Geld anstarrt. Im gleichen Moment schaut er in ihre Richtung und sieht sie.
Roberto packt Nina und küsst sie inbrünstig.
»Oh, diese Leidenschaft!«
Doch er wirkt nicht wie einer, der Lust auf Liebesgeflüster hat. Er zieht sie weg.
»Verdammte Kacke! Der hat den Sack gefunden. Elf Millionen in den Wind geschossen. Lass uns abhauen, komm.«
Nina versteht gar nichts mehr und lässt sich von ihm zum Taxi schleifen. Vandelli brütet in düsterem Schweigen vor sich hin. Eine dumpfe Wut schwillt in ihm an. Und am schlimmsten daran ist, dass er nicht weiß, ob es wegen des Geldes ist, das sie verloren haben, oder weil er wieder einmal die kriminelle Doktrin vom Molosser missachtet hat.
9
Die Scheiben des Autos sind eisig, und der Atem der Männer im Wageninnern überzieht sie mit einer undurchsichtigen Kondensschicht. Es ist kurz nach Mitternacht. Antonio denkt, dass er die Blumen für Carla wahrscheinlich in den Müll werfen kann: Das Fest ist vorbei, und er hatte nicht eine Minute Zeit, um nach Hause zu gehen und sie ihr zu überreichen.
Da kommt Pugliesi aus der Telefonzelle gerannt.
»Also?«, fragt Santi.
»Wir haben das Okay.«
»Dann los«, ordnet der Commissario an, und die drei Beamten, die mit ihm im Polizeiauto sitzen, steigen aus.
»Aufmachen, Polizei«, ruft Pugliesi mit fester Stimme in die Sprechanlage.
Nina erstarrt einen Moment.
»Roberto, da sind die Bullen«, wispert sie, während sie mit der Hand die Sprechmuschel zuhält.
»Scheiße!«, entfährt es ihm, während er fieberhaft überlegt, was zu tun ist. Eine Möglichkeit wäre, sich im Aufzugschacht zu verstecken. In dem Schlösschen, das er sich hat bauen lassen, ist der Fahrstuhl so umgewandelt, dass man ihn auf einem Stockwerk blockieren kann. Dann muss man nur auf das Kabinendach steigen und lässt den Aufzug weiterfahren. Die Bullen würden also zur Wohnung hinauffahren, ohne zu merken, dass er gemütlich über ihren Köpfen sitzt. Sein Gehirn arbeitet auf Hochtouren. »Warum sind die schon hier?«, fragt er sich. »Das kann gar nicht wegen der Sache in Monte Rosa sein, wir hatten Sturmhauben auf, keiner hat uns erkannt. Warum also?«
»Roberto, was soll ich ihm sagen?«
»Lass sie hochkommen«, erwidert er schließlich. In der Wohnung ist nichts, das mit den Raubüberfällen in Verbindung gebracht werden könnte.
›Sollen sie doch ruhig herumschnüffeln‹, sagt er sich; er würde sie kühl und erstaunt über ihr Eindringen empfangen. Während sie heraufkommen, schließt er sich aber doch noch schnell ins Bad ein, um ein paar gefälschte Führerscheine und Personalausweise zu zerreißen und im Klo hinunterzuspülen.
Nina empfängt die Polizisten im Hausmantel. Wortlos lässt sie sie herein und zieht sich dann zurück.
Als Erster betritt Commissario Santi die Wohnung und schaut sich verwundert um: ein luxuriöses Haus, handkantendicke Teppiche, wertvolle Bilder, antike Möbel.
»Da kannst du mal sehen, dieser Vandelli lässt es sich gutgehen«, kommentiert Pugliesi.
Antonio erwidert nichts. Der Prunk um ihn herum beeindruckt ihn: jeder Gegenstand, jedes Einrichtungsstück ist geschmackvoll und teuer.
In diesem Moment taucht Vandelli auf der Schwelle vom Schlafzimmer auf, als sei er gerade aufgewacht, auf den Lippen ein kleines Lächeln. Als er Santi sieht, huscht für den Bruchteil einer Sekunde ein Schatten über seine grünen Augen, der dem Bullen nicht entgeht.
»Darf man mal wissen, was zum Teufel ihr hier zu nachtschlafender Zeit sucht? Zieht Leine und lasst mich in Frieden, ich weiß nicht, hinter wem ihr her seid, aber hier seid ihr falsch, ich habe nichts getan!«
»Klar, wie die anderen Male auch«, gibt Santi zurück. »Legt ihm die Handschellen an.«
»Hey, was soll das?«
Vandelli wird laut, er schreit, windet sich und verlangt nach seinem Anwalt, weil er unschuldig sei.
»Das werden wir ja sehen«, meint Santi dazu.
Weitere Kostenlose Bücher