Milchgeld: Kluftingers erster Fall
gehe.
»Paps« – Kluftinger grinste über den Kosenamen – »die beiden Herren meinten, sie hätten es bei unserer Firma mit irgendeiner kleinen Provinzklitsche zu tun und das musste ich dann doch richtig stellen.«
Karl Schönmanger entschuldigte sich für seinen Sohn, der eben manchmal ein Hitzkopf sei, der sich die Hörner erst noch abstoßen müsse. Sie könnten ja nun in sein eigenes Büro gehen, er könne den Beamten sicher mehr helfen als sein Sohn, dessen Aufgabenbereich in der Firma eher speziell sei. Das wiederum stieß Peter Schönmanger sehr sauer auf und er begab sich mit den drei anderen Herren im Schlepptau in das traditionellere Büro seines Vaters und Firmenchefs.
***
Der alte Schönmanger und die Polizisten nahmen auf der Sitzgruppe Platz, während der Sohn des Hauses im Raum stehen blieb und etwas unsicher und verloren wirkte, obwohl er gerne das Wort geführt hätte, das sah man ihm an.
Kluftinger überließ es diesmal Strobl, die erste Frage zu stellen.
Er fragte erneut nach Wachters Vergangenheit.
»Meine Herren, Sie werden früher oder später sowieso herausfinden, was damals vorgefallen ist, und für unseren Betrieb ist das keineswegs ehrenrührig«, fing Karl Schönmanger viel versprechend an, bevor ihm sein Sohn rüde ins Wort fiel:
»Paps, warum willst du denn Sachen erzählen, die erstens lange zurückliegen und zweitens uns eigentlich gar nichts angehen. Du wirst ja nicht verhört, du musst hier überhaupt nichts sagen.«
Der Vater wurde zusehends aggressiver gegenüber seinem Sohn. »Ich werde wohl selber wissen, was ich sage und was nicht. Pass du lieber auf, wie du dich gegenüber unseren Kunden verhältst, ich habe mich gerade sehr geärgert, darüber reden wir noch, aber reiß dich jetzt zusammen, Junge! Herr Kluftinger, ohne Umschweife, Herr Wachter war, wie Sie wissen, ein gefragter Mann in der Branche, bis es zu einem Skandal kam, der seinem Ansehen so radikal geschadet hatte, dass er eigentlich nirgends mehr untergekommen wäre …«
»Paps, ich sag es dir noch ein einziges Mal: Denke an die Firma, wir haben einen Ruf zu verlieren! Jetzt, wo es endlich wieder läuft und Gras über die Sache gewachsen ist, holst du die alten Sachen wieder ans Licht! Sag jetzt nichts. Sollen die uns doch vorladen, wir haben doch nichts angestellt!«
Kluftinger wurde jetzt hellhörig. So viel Antipathie war ihm schon lange nicht mehr entgegengeschwappt, zumal von einem Gesprächspartner, der in keiner Weise irgendeiner Tat verdächtig, geschweige denn beschuldigt war. Er konnte dieses Verhalten nicht recht nachvollziehen. Hatte dieser junge Mann, den man in den neunziger Jahren einen Yuppie genannt hätte, etwas zu verbergen? Vielleicht würde das Gespräch mehr ergeben als er dachte.
»Herr Kluftinger, Herr Strobl, denken Sie sich nichts, er macht sich immer gern ein bisschen wichtig, mein Sohn. Aber dennoch bin noch immer ich der Herr im Hause.«
Karl Schönmanger war ein Mann nach Kluftingers Geschmack. Ihm hörte man seine Herkunft an, ihm merkte man an, dass mit seiner Firma groß geworden war, dass er auch Ideale hatte, die er für Geld nicht verkaufen würde. Er mochte ein harter Geschäftsmann sein, das war auch das, was man sich im Ort erzählte. Aber er hatte immer für gute Zwecke gespendet, das war ebenfalls Gesprächsthema in der Gemeinde. Selbst wenn er sich am regen Vereinsleben in Altusried nicht beteiligte: Er war ein angesehener Bürger und dieses Prädikat erwarb man sich in einem Allgäuer Dorf nicht unberechtigt. Der Sohn dagegen hatte keinen allzu guten Stand, im Wirtshaus hörte man und an den Festen im Ort sah man, dass er sich für etwas Besseres hielt.
Sicher, so glaubte man, hatte er auch dafür gesorgt, dass die Firma Schönmanger für Spendenanfragen aller Art immer weniger aufgeschlossen war. Der Polizist merkte aber, dass die Situation, wie sie sich hier entwickelte, perfekt für sein Anliegen war, mehr über Wachter zu erfahren. Der Junior mauerte und sein Vater würde, schon aus reiner Opposition zu seinem Sohn, alles sagen, nur um ihm zu demonstrieren, dass er noch immer der Chef war. Der Sohn hätte ihm am liebsten das Wort verboten, hätte ihn auch sicher lieber heute als morgen an der Spitze des Milchwerks abgelöst, um seine hochfliegenden Pläne ohne Rücksichten in die Tat umsetzen zu können. Aber noch ließ sich Karl Schönmanger das Heft nicht gänzlich aus der Hand nehmen, obwohl er merkte, dass sein Sohn schon auf dem besten Wege war,
Weitere Kostenlose Bücher